Schörzingen

Ein Kandidat, der keiner sein darf: Jochen Hermann kann nicht Ortsvorsteher von Schörzingen werden

12.06.2019

Von Daniel Seeburger

Ein Kandidat, der keiner sein darf: Jochen Hermann kann nicht Ortsvorsteher von Schörzingen werden

© Daniel Seeburger

Wer wird das Büro des Ortsvorstehers im Bürgerhaus Schörzingen beziehen? Die Ortschaftsräte werden in der nächsten Woche einen Nachfolger für Birgit Kienzler suchen.

Die Frage nach dem nächsten Schörzinger Ortsvorsteher steht nach wie vor im Raum. Jetzt hat sich der Wellendinger Jochen Hermann (65) positioniert. Daraus wird aber nichts werden. Er darf nämlich gar nicht kandidieren.

Schörzingens Noch-Ortsvorsteherin Birigt Kienzler war ziemlich erstaunt, als sie am Dienstag eine Nachricht von Jochen Hermann erhielt. Der Wellendinger teilte der Ortsvorsteherin mit, dass er gelesen habe, dass die Schörzinger einen Ortsvorsteher suchen.

„Sollten Sie keinen Schörzinger Bewerber finden, wäre ich als Externer zu einer Kandidatur bereit“, führte Hermann aus. Der Rentner hat allerdings die Rechnung ohne die Gemeindeordnung gemacht.

Wer darf eigentlich Ortsvorsteher werden?

Denn dort wird eindeutig aufgeführt, wer für eine Kandidatur in Frage kommt. Der Ortsvorsteher muss nämlich bei der Ortsvorsteherwahl seit mindestens drei Monaten seinen Hauptwohnsitz in der Ortschaft haben, in der er antritt. Geregelt ist diese temporäre Einschränkung im Paragrafen 12 der Gemeindeordnung für das Land Baden-Württemberg.

Aus dem Kreis der zum Ortschaftsrat wählbaren Bürger

Der Schömberger Hauptamtsleiter Joachim Heppler verweist zudem auf den Paragrafen 71, in dem die Grundlagen für die Wahl eines Ortsvorstehers aufgeführt sind. Darin heißt es, dass der Ortsvorsteher auf Vorschlag des Ortschaftsrats vom Gemeinderat gewählt wird. Der Ortschaftsrat muss aus dem Kreis der zum Ortschaftsrat wählbaren Bürger kommen.

Im Paragrafen 69 wird dargelegt, wer zum Kreis der zum Ortschaftsrat wählbaren Bürgern zählt. Wörtlich heißt es: „Wahlberechtigt sind die in der Ortschaft wohnenden Bürger. Wählbar sind in der Ortschaft wohnende Bürger, die das 18. Lebensjahr vollendet haben.“

Hermann ist kein Unbekannter im Oberen Schlichemtal

Jochen Hermann ist im Oberen Schlichemtal kein Unbekannter. Bereits 2012 kandidierte er bei der Bürgermeisterwahl in Zimmern unter der Burg und verbuchte damals 2,1 Prozent der Stimmen.

Zwischenzeitlich wird immer klarer, wer außer den sechs über die Liste gewählten Ortschaftsräten Karl-Heinz Koch, Knut Bayer, Harald Schmuck, Andreas Seng, Werner Scherrmann und Tommy Geiger in den Ortschaftsrat kommen wird.

Drei Gewählte führen Ablehungsgründe an

Seine Wahl bereits angenommen hat Heiko Gerstenberger, der nur für den Schömberger Gemeinderat kandidierte. Die scheidende Ortsvorsteherin Birgit Kienzler und Gemeinderat Daniel Bayer waren beide zehn Jahre in den Gemeindegremien tätig – ein Ablehnungsgrund, den beide anführen und ihr Amt nicht annehmen werden. Weiter macht Thorsten Eckstein Ablehnungsgründe geltend.

Steffen Henle wird die Wahl wohl annehmen. Auch Marco Kaysser, Matthias Senn und Gerd Weinmann haben bislang bei der Gemeinde- oder Ortschaftsverwaltung keine Ablehnungsgründe geltend gemacht.

Am 18. Juni wird über die Ablehnungsgründe beraten

Am nächsten Dienstag, 18. Juni, berät der Schörzinger Ortschaftsrat über die Ablehnungsgründe. Am Dienstag, 9. Juli, soll dann die konstituierende Sitzung des neuen Ortschaftsrats stattfinden.

Drei Räte treten zur Ortsvorsteherwahl nicht an

Spätestens zu diesem Termin dürfte ein Kandidat für den Ortsvorsteher präsentiert werden. Klar ist aber jetzt schon, dass Karl-Heinz Koch, der bei der Ortschaftsratswahl am meisten Stimmen auf sich vereinigen konnte, Knut Bayer und Heiko Gerstenberger auf eine Kandidatur verzichten.

Tommy Geiger führte in der jüngsten Ortschaftsratssitzung aus, Gespräche über einen neuen Ortsvorsteher erst dann zu führen, wenn klar sei, wie der neue Ortschaftsrat aussieht. Also nicht vor dem 18. Juni.

Dass der neue Ortsvorsteher aus dem neuen Ortschaftsrat kommen wird, ist wahrscheinlich. Möglich wäre aber auch, dass man sich auf einen für den Ortschaftsrat wählbaren Bürger einigt. Soll heißen, der Kandidat muss über 18 Jahre alt sein und mindestens seit drei Monate seinen Hauptwohnsitz in Schörzingen haben.

Ortschaftsräte sind zuversichtlich

Die Ortschaftsräte sind zudem optimistisch, einen Ortsvorsteher-Kandidaten präsentieren zu können. „Ich denke, dass wir das auch unter uns Schörzingern hinbekommen und eine Lösung finden“, sagte ein auf ein mögliches Interesse des Wellendingers Jochen Hermann angesprochener Ortschaftsrat am Mittwoch unserer Zeitung.

Der Ortschaftsrat sollte verkleinert werden, kommentiert ZAK-Redakteur Daniel Seeburger

Es ist offensichtlich, dass die Ortschaftsratswahl in Schörzingen eine ganz besondere Wahl war, die fast drei Wochen nach dem Wahltag immer noch für Furore sorgt. Zuerst gab es gerade einmal sechs Kandidaten, die offiziell für die elf Mandate kandidierten. Ergo mussten die fehlenden fünf Ortschaftsräte quasi freihändig gewählt werden.

Klar, dass sich die Freude bei denen, die dann letztendlich auf den Plätzen sieben bis elf landeten, in engen Grenzen hält. Am Dienstag sollte nun wenigstens klar sein, wer von den Gewählten auch wirklich ins Gremium einzieht und wer triftige Gründe gegen das Mandat hat. Erst wenn das neue Gremium komplett ist, kann man sich, da hat Ortschaftsrat Tommy Geiger recht, um einen neuen Ortsvorsteher bemühen. Denn logischerweise sollten da alle Ortschaftsräte mitreden dürfen.

Dass nun auch noch ein Kandidat aus einer Nachbargemeinde Ambitionen auf das Amt hegt, ist skurril – denn er hat keine rechtliche Handhabe, in Schörzingen überhaupt anzutreten. Wenn dann schließlich doch ein neuer Schörzinger Ortsvorsteher gewählt ist, muss das Gremium die vergangenen Wochen erst einmal setzen lassen.

Dann aber sollte man sich überlegen, ob die Zahl von elf Ortschaftsräten nicht zu hoch gegriffen ist. Dotternhausen beispielsweise hat mit seinen rund 1900 Einwohnern zehn Gemeinderäte, Schörzingen mit knapp über 1300 Einwohner elf Ortschaftsräte. Mit der Änderung der Hauptsatzung könnte die Zahl der Ortschaftsräte auf neun oder zehn reduziert werden.

Fakt ist, dass die Einflussmöglichkeiten der Schörzinger Ortschaftsräte auf die Schömberger Gemeindepolitik nicht abhängig sind von der Größe des Ortschaftsgremiums. Aber der Umfang des Ortschaftsrats wirkt sich spätestens bei der nächsten Wahl wieder negativ auf die Aufstellung von Listen aus.

Ein Kandidat, der keiner sein darf: Jochen Hermann kann nicht Ortsvorsteher von Schörzingen werden

© ZAK

ZAK-Redakteur Daniel Seeburger.

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