Ein Gesicht für die gefallenen Geislinger Soldaten: Stadt enthüllt Bronzeplatte

Von Rosalinde Conzelmann

Der ehrenamtliche Geislinger Stadtarchivar Alfons Koch entdeckte im Zuge seiner Recherchen über den Ersten Weltkrieg im Friedhofsschuppen die Namenstafel eines Sammelgrabs. Sie wird nun auf den Friedhof zurückkehren.

Ein Gesicht für die gefallenen Geislinger Soldaten: Stadt enthüllt Bronzeplatte

Der Sockel für die Bronzetafel mit den vier Namen der gefallenen Soldaten, für die es auch Nachrufe gab, ist betoniert. Am Sonntag wird die Tafel enthüllt.

Seit der Ausstellung zum Ende des Ersten Weltkriegs vor einem Jahr lässt Alfons Koch dieses Geschichtskapitel nicht mehr los. Seine Recherchen haben ihn auch nach Flandern geführt, wo er zehn Geislinger Kriegsgräber entdeckt hat.

Jeder Fünfte ist gefallen

Von den 300 im Jahr 1914 einberufenen Männern aus Geislingen sind nach Kriegsende im Jahr 1918 65 sind nicht mehr nach Hause zurückgekehrt. „Jeder Fünfte ist gefallen“, sagt Koch, dem bei seinem Recherchen aber auch aufgefallen ist, dass nicht alle getöteten Geislinger Soldaten im Ausland beerdigt worden sind.

Sechs Namen auf einer Liste

Zehn Geislinger Gefallene, die in deutschen Lazaretts verstorben sind, wurden nach Kriegsende in ihre Heimat überführt. Davon sind sechs Tote bekannt. Ihre Namen stehen auf einer Liste, die die Gemeinde auf Anfrage des Württembergischen Innenministeriums 1924 aufstellte.

Auf dieser sind nicht nur die Namen, sondern auch die Bezeichnung der Grabstellen mit Reihe und Nummern aufgeführt.

Vier Einzelgräber

In der Pfarrchronik stieß der Historiker dann auf eine weitere Spur: Dort waren vier Namen der sechs Soldaten, die in Einzelgräbern auf dem Friedhof bestattet waren, vermerkt: Fidel Schmid, Jakob Gulde, Josef Hauser und Karl Brobeil.

Als 1935/36 die Ruhezeit der Gräber abgelaufen war, entschieden sich die Angehörigen dieser vier, ein Sammelgrab mit Namenstafel anzulegen. Der verstorbene Geislinger Konrad Gulde war Zeitzeuge der Umbettung und Einrichtung des Sammelgrabes.

Sammelgrab existierte bis in die 1950er

Kochs weitere Recherchen haben ergeben, dass das Sammelgrab wohl bis Mitte der 1950er-Jahre existiert hat. Dann muss es irgendwann abgeräumt worden sein. Erst die Anfrage von Anton Hauser, Sohn des Soldaten Josef Hauser, der die letzte Stätte seines Vaters suchte, brachte im Jahr 1976 das Sammelgrab wieder ins Gespräch.

Der damalige Bürgermeister Siegfried Ginter konnte Anton Hauser nicht weiterhelfen und musste feststellen, dass die Bronzetafel fehlte.

Im Schuppen lag die Tafel

Koch ließ nicht locker, forschte weiter und bekam einen Tipp von einem Geislinger, dass er sich im Schuppen des Friedhofs umschauen solle. Und dort fand der Archivar dann auch im Beisein des Bestatters Brobeil die Tafel. Unversehrt lag sie in einer Ecke.

Für Koch bedeutete diese Entdeckung eine große Freude. „Fast 70 Jahre lag die Tafel da im Schuppen“, sagt er. Im schlimmsten Fall hätte sie in einem Container landen können. Er wandte sich an die Stadtverwaltung, mit der Bitte, einen würdigen Platz für die Bronzeplatte zu finden.

Ein Plätzchen auf dem Friedhof

Dieser ist nun gefunden. Die Tafel soll bei den Gräbern der im Zweiten Weltkrieg getöteten Soldaten einen Platz bekommen. Den Sockel hat die Stadt bereits betonieren lassen.

Am nächsten Sonntag, am Volkstrauertag, soll sie im Rahmen einer Feierstunde um 14 Uhr enthüllt werden. Ein gutes Datum, findet Koch. Der Volksbund Deutsche Kriegsfürsorge ist 100 Jahre alt.

Der Enkel von Josef Hauser kommt

Der Stadtarchivar hat eine Infoschrift verfasst, die am Sonntag ausliegt. Zur Enthüllung hat sich auch der Enkel von Josef Hauser angekündigt. Ob weitere Angehörige da sein werden, weiß Koch nicht. Für ihn ist wichtig, dass die gefallenen Soldaten nun ein Gesicht haben.

Auf einem Denkmal an der Sankt-Ulrich-Kirche wird an die Gefallenen beider Weltkriege erinnert.