Ein Eisbecher am Ziel: Hobbypiloten fliegen von Albstadt bis zum Nordkap

Von Luftsportverein Degerfeld

Günter Horn und Pit Kerndl vom Luftsportverein Degerfeld gönnten sich erst einmal einen Rostbraten nach der langen Reise mit der 52 Jahre alten Robin DR220. Nach neuntägigem Flug kehrte das erfolgreiche Team wohlbehalten in die Heimat zurück.

Ein Eisbecher am Ziel: Hobbypiloten fliegen von Albstadt bis zum Nordkap

Günter Horn (hinten) und Pit Kerndl bei Ihrer Rückkehr aufs Degerfeld.

Die beiden langjährigen und flugerfahrenen Hobbypiloten hatten in den Vorjahren schon Flüge rund um Deutschland, bis nach Ungarn sowie nach Elba, Korsika und Sardinien erfolgreich absolviert.

Der Oldtimer bietet Platz für zwei Personen

Aber dieses Jahr wollten sie einen echten Langstreckenflug angehen: Bis ans Nordkap sollte die Reise mit der 52 Jahre alten Robin DR220 mit der Kennung D-EIAE gehen. Das Flugzeug wird von beiden seit 12 Jahren gemeinsam gewartet sowie liebevoll und zeitaufwändig gehegt und gepflegt. Inzwischen mit modernen Instrumenten ausgerüstet, jedoch mit einem nur 100 PS starken Flugmotor ausgestattet bietet der zweisitzige Oldtimer Platz für 2 Piloten plus Gepäck.

Alles musste genau geplant werden

Sie mussten mit wetterbedingten Unterbrechungen rechnen und sich jedoch wegen des Gewichts einschränken. Denn die Zuladung ist begrenzt. Dazu umfangreiches Flugkartenmaterial sowie Unterlagen zur Flugsicherheit und allen auf der Strecke liegenden Flugplätzen.

Route über Schweden war ein Volltreffer

Nach Studieren der meteorologischen Gegebenheiten kam Günter Horn zum Schluss, dass die Flugroute entlang der norwegischen Fjordküste wegen den überwiegend vorherrschenden kühl-feuchten Atlantikwinden wegen oft schlechter Sicht bzw. Seenebel problematisch sein würde. Deshalb planten die beiden eine Flugroute weiter östlich in Schweden. Und landeten damit einen Volltreffer.

Start war morgens um halb acht

Der Start war am 9. Juli morgens um halb acht Uhr. Mit zwei Tankstops in Giebelstadt bei Würzburg und Itzehoe ging es nordwärts. Dann ging es los ins bislang unbekannte Gelände. Die Flugstrecke führte über Dänemark nach Norden. Bei Aalborg hieß es dann: Rechtsabbiegen über den Kattegat nach Schweden.

Eine leichte Anspannung war zu spüren

Dass auf dieser Strecke noch die Insel Laeso dazwischen lag, konnte von der Anspannung nur wenig nehmen. Zwar hatten die beiden vorschriftsmäßig Schwimmwesten dabei und wurden wegen des aufgegebenen Flugplans durch die dänische bzw. schwedische Luftkontrolle begleitet bzw. überwacht, aber man hört schon intensiv nach dem Motorengeräusch weiß Pit Kerndl zu berichten. Aber der Motor weiß ja nicht, dass unten Wasser ist...

Herzlicher Empfang in Schweden

Die Luftraumcontroleur in den skandinavischen Ländern sind sehr höflich und hilfsbereit und dabei absolut professionell, war die durchgängige Erfahrung der Degerfelder Hobbypiloten. Und so erreichten sie am ersten Tag schon Boras in Schweden. Der Empfang durch die schwedischen Fliegerkollegen war herzlich und sie konnten sogar Ihr Oldtimerflugzeug im Hangar unterstellen und in einer Gästehütte am Flugplatz übernachten.

Riesige Wälder und Seen machten das Navigieren schwierig

Am zweiten Tag ging es weiter nordwärts mit Tankstopps in Dala Järna und Östersund. Am Abend wurde Arvidsjaur erreicht. Die riesigen Wälder und die vielen Seen in Schweden machten die Navigation sehr schwierig, so dass sich Günter und Pit zusätzlich auf ihr GPS Navigationsgerät verlassen mussten.

Wirklich dunkel wurde es nicht mehr

Nur vereinzelt sah man Straßen oder kleinere Ortschaften und oft waren nur die Schneisen in den Wäldern mit den Hochspannungsleitungen verlässliche Navigationsmerkmale. Die Sonne ging zwar noch knapp hinter den Horizont, aber wirklich dunkel wurde es nicht mehr, beobachtete Günter Horn. Dafür gab es zum Abendessen Rentier: Zartes Fleisch und sehr lecker war die einstimmige Erfahrung.

Über den Polarkreis hinaus nach Kiruna

Der nächste Tag führte die beiden dann über den Polarkreis hinaus nach Kiruna, dem letzten Stop in Schweden. Flugplan aufgeben war inzwischen Routine, nur der Flug nach Tromsö in Norwegen nicht: Über die Berge hinein die Fjorde, führte die Flugroute. Auf diesem Flug war die Navigation einfacher aber das Fliegen anspruchsvoll, wobei die beiden ein langjährig eingespieltes Team sind und sich bei jedem Flug abwechselten.

Beide Teilnehmer vertrauen sich blind

Dabei konnte sich der jeweilige Pilot immer auf das Führen des Flugzeugs konzentrieren und auf den Co blind verlassen: Der eine fliegt und der ander sagt wohin und hält Kontakt mit der Luftraumkontrolle. Auch dass Günter Horn schon über 2.500 Flugstunden und Pit Kerndl über 2.300 Flugstunden als „pilot in command“ geflogen sind, zahlte sich jetzt aus. Im Anflug auf Tromsö erhielten die beiden dann die Anweisung, die normale Anflugstrecke zu verlassen und sich hinter einer BOEING 737 von Scandinavian airlines als Landenummer 2 einzureihen.

Die Landschaften waren „Genuss pur“

Von Tromsö war dann nochmal ein Flug über die schönsten Landschaften Norwegens nach Alta angesagt: „Genuss pur“ kommentierte Günter Horn diesen Flug.

Das Beweisfoto musste sein

Von Alta bis ans Nordkap sind es nur noch 93 Meilen, also knapp über eine Stunde Flugzeit. Am 12. Juli, also schon drei Tage nach dem Start auf dem Degerfeld um 12.30 Uhr umflog Pit Kerndl als erster Degerfelder Hobbypilot das Nordkap und landete anschließend auf dem „Nordkapflugplatz Honningsvag“.

Selbstverständlich fuhren die beiden noch mit dem Bus ans Nordkap um das obligatorische Beweisfoto an der Weltkugelstatue zu schießen und Postkarten nach Hause zu senden.

Warten bei Kaffee und Eisbecher

Der Wiederstart in Honningsvag verzögerte sich um gut drei Stunden, weil der Flugplatzkontroller überraschen krank wurde und die Stellvertreterin erst mit Verzögerung eintraf. Die Zeit wurde mit Kaffee und einem Eisbecher überbrückt. Die inzwischen vorgerückte Stunde spielt keine Rolle: Es wird ja um diese Jahreszeit nicht dunkel...

Tadelloses Wetter beim Rückflug

Auf dem Rückflug nach Alta saß Günter Horn am Steuer und auch er umrundete das Nordkap, bevor er dann Südkurs anlegte. Mit stets tadellosem Wetter hatten die beiden sehr viel Glück und kamen trotz des teilweisen Gegenwindes zügig voran.

Retour ging es über die Ostsee

Das änderte sich ein wenig auf dem Heimflug: Es gab ein paar wetterbedingte Verzögerungen. Auch konnte die geplante Route über Finnland nur teilweise realisiert werden. Und weil der Rückflug über Dänemark wegen tiefer Wolken und Seenebel nicht möglich war, entschlossen sich die beiden bis nach Malmö zu fliegen und dort die Ostsee zu überfliegen.

Wassermassen bescheren komisches Gefühl

Die weiteste Strecke übers Meer, die wir je hinter uns gebracht haben, berichtet Günter Horn, der an diesem Tag am Steuer saß. Es ist schon ein komisches Gefühl, wenn man weder nach vorne noch nach hinten Land sieht und nur noch das GPS Navgationsgerät zur Orientierung hat.

Nach neun Tagen landeten beide wieder auf dem Degerfeld

Und man weiß, warum man die Wartungsarbeiten mit allergrößter Gründlichkeit und Sorgfalt macht, ergänzt Pit Kerndl schmunzelnd. Am 17. Juli, also 9 Tage nach dem Start landeten die beiden um 17.20 Uhr wieder wohlbehalten auf dem Degerfeld.

Per Internet mit den Kollegen in Verbindung

Weil die beiden die ganze Zeit mit ihren Familien und dem Verein über das Internet in Verbindung standen, verbreitete sich die Nachricht von ihrer Landung wie ein Lauffeuer und so ließ es sich der Vorsitzende des LSV Degerfeld, Guido Voss, nicht nehmen, den beiden nach ihrer Ankunft sofort zu ihrer außerordentlichen fliegerischen Leistung telefonisch zu gratulieren.

Der Traum zweier Hobbypiloten wurde wahr

Immerhin waren die beiden die ersten Degerfelder Hobbypiloten, welche sich diesen Traum eines jeden Freizeitpiloten erfolgreich erfüllten konnten.

Was stand als nächstes an? Auf jeden Fall erst mal einen Rostbraten mit Bratkartoffeln und ein gutes deutsches Bier, den „trotz des guten nordischen Essens hat uns das doch sehr gefehlt“.

Nächstes Event ist das Flugplatzfest

Nun gehen die Vorbereitungen für das Flugplatzfest am 24. und 25. August geht in die heiße Phase und die beiden werden selbstverständlich wie jedes Mitglied ihren Dienst tun.