Ehepaar aus Haigerloch soll pubertierende Tochter mit Faust und Gürtel geschlagen haben

Von Michael Tschek

Ein Ehepaar aus der Gesamtstadt Haigerloch musste sich vor dem Amtsgericht Balingen wegen Gewaltanwendung gegen seine Tochter verantworten. Der Vater hat eine Bewährungsstrafe bekommen. Die Verhandlung mit der Mutter wurde vertagt.

Ehepaar aus Haigerloch soll pubertierende Tochter mit Faust und Gürtel geschlagen haben

Die Verhandlung fand im Amtsgericht Balingen statt (Symbolfoto).

Auf Misshandlung von Schutzbefohlenen lautete die Anklage gegen ein Ehepaar aus dem Gebiet der Gesamtstadt Haigerloch, weil die beiden gegen ihre damals 16-jährige Tochter mit Faust- und Gürtelschlägen Gewalt angewendet haben sollen.

Schuldspruch: 30 Tagessätze für den Vater

Ein Schuldspruch mit einem Strafmaß von 30 Tagessätzen und eine Verwarnung wegen Körperverletzung verhängte der Balinger Amtsrichter Rouven Kuschnereit am Donnerstag gegen den Vater.

Allerdings wurde die festgesetzte Strafe für die Dauer von einem Jahr auf Bewährung ausgesetzt. Außerdem muss der Mann an Beratungsgesprächen bei einer psychologischen Beratungsstelle teilnehmen. Die Verhandlung gegen die Mutter wurde auf einen noch nicht feststehenden Termin vertagt.

Erst einmal die Hygieneabstände herstellen

Vor der Prozesseröffnung am Amtsgericht Balingen war am Donnerstagvormittag zunächst einmal Tische- und Stühlerücken angesagt weil nämlich der Hygiene-Abstand zwischen den beiden Angeklagten und ihren beiden Verteidigern einfach zu klein war.

Corona-Zeiten haben halt ihre eigenen Gesetze, auch im Gerichtssaal.

Wie dann der Leitende Oberstaatsanwalt Jens Gruhl in seiner Anklageschrift vortrug, wurde den beiden Beschuldigten folgender Tatvorwurf gemacht.

Die Tochter kam zu spät nach Hause

Als am 10. Dezember 2019 die damals 16-jährige Tochter verspätet von der Schule nach Hause kam, hatte sie dafür keine Begründung und wollte ihren Eltern auch nicht sagen, wo sie war.

Daraufhin schlug sie ihr Vater mit der Faust in den Rücken. Anschließend – so die Anklage – sei das Mädchen von der Mutter mit einem Gürtel geschlagen worden.

Verständigung ist vonnöten

Wie die beiden Verteidiger Herakles Dimitriadis und Michael Scholz vorbrachten, wollten die beiden Beschuldigten zunächst keine Angaben zu dem Tatvorwurf machen.

Nach Absprachen zwischen Richter, Staatsanwalt und Verteidigern einigte man sich auf ein Verständigungsgespräch unter den beteiligten Parteien unter Einbeziehung der Angeklagten. Ziel dieses Prozedere ist es, im Falle eines Geständnisses eine Einigung bezüglich des zu erwartenden Strafmaßes zu finden.

Dann wird gedealt

Nach rund einstündigen Gesprächen bekannte sich der angeklagte Mann nach Aussage seines Rechtsanwaltes Herakles Dimitriadis zu den Tatvorwürfen, während seine Ehefrau über ihren Anwalt Michael Scholz bekannt geben ließ, dass sie diesem Vorschlag nicht zustimme.

Aus diesem Grund musste das Verfahren gegen sie abgetrennt und sollte im Anschluss verhandelt werden.

Richter: „Gewalt gegen Kinder ist niemals gerechtfertigt“

„Die Verweigerung ihrer Tochter zu sagen, wo sie zum verspäteten Zeitpunkt ihrer Heimkehr war, rechtfertigt Sie noch lange nicht, sie zu schlagen und ich hoffe, Sie werden es nie wieder tun“, redete Richter Rouven Kuschnereit dem Angeklagten in seiner Urteilbegründung ins Gewissen und betonte: „Gewalt gegen Kinder ist niemals gerechtfertigt.“

Das verhängte Strafmaß von 30 Tagessätzen lag zwischen den vom Anklagevertreter geforderten 50 Tagessätzen und den 25 Tagessätzen, die der Verteidiger für angemessen gehalten hatte.

Angst vor der Mutter

Die Mutter des Opfers wurde in der anschließend vorgesehenen abgetrennten Verhandlung von den beiden Verteidigern vertreten. Aufgerufen hierzu wurde als erste von insgesamt drei Zeugen die geschlagene Tochter selbst.

Aus Angst vor ihrer Mutter wurde ihrem Ansinnen stattgegeben, nur unter Ausschluss der Mutter eine Aussage zu machen, wozu die Jugendliche trotz ihres Zeugnisverweigerungsrechtes auch bereit gewesen wäre.

Erst mal doch keine Aussage

Allerdings kam dazu der Einwand der Verteidiger. Demnach kann eine Minderjährige nur dann vernommen werden, wenn sie selbst zur Aussage bereit ist und auch ihr gesetzlicher Vertreter – also in diesem Fall die sorgeberechtigte Mutter – der Vernehmung zustimmt.

Ist die Mutter aber selbst beschuldigt (wie im vorliegenden Fall), so kann sie über die Aussage des Zeugnisverweigerungsrechtes nicht entscheiden. In der Praxis heißt das: Die Tochter kann einen Vertreter hinzuziehen.

Verhandlung gegen die Mutter vertagt

Auf der Basis dieser Gemengelage entschied Richter Rouven Kuschnereit, die weitere Verhandlung auf einen auf noch nicht festgelegten Termin zu verschieben.