Dautmergen

Diskussion um Mobilfunk in Dautmergen: Der Sendemast ist kein willkommener Nachbar

31.10.2019

Von Nicole Leukhardt

Diskussion um Mobilfunk in Dautmergen: Der Sendemast ist kein willkommener Nachbar

© Nicole Leukhardt

Die Sitzreihen waren gut gefüllt bei der öffentlichen Sitzung des Dautmerger Gemeinderats. Das Thema Mobilfunkmast bewegt Räte und Bürger gleichermaßen.

Wie viel Mobilfunk braucht Dautmergen? Mit dieser Frage beschäftigt sich der Gemeinderat in seiner nächsten Sitzung. Am Mittwoch haben sich die Räte um Bürgermeister Hans Joachim Lippus und zahlreiche Bürger über das Vorhaben der Telekom informiert und sehr kontrovers über die Zukunft des mobilen Netzes in der Schlichemtalgemeinde diskutiert.

Eines war am Ende der gut zweistündigen Gemeinderatssitzung, die nur aus einem Tagesordnungspunkt bestand, klar: Die Unsicherheit im Dorf ist groß. Ingo Reinhardt, Kommunalbeauftragter der Telekom Württemberg, versuchte nach Kräften, sie den Dautmergern zu nehmen. Seine Firma sei auf der Suche nach neuen Standorten für Sendemasten und das keineswegs allein aus eigenem Interesse: „Wir erfüllen damit die Auflagen der Bundesregierung“, erklärte er.

Weiße Löcher in Dautmergen

In Dautmergen sehen die Planer dafür Potenzial. „Sie werden momentan aus Dotternhausen versorgt. Für die Sprachdienste bedeutet das nur wenige Lücken in der Ortsmitte, für Datendienste gibt es allerdings viele weiße Löcher“, erklärte er, wohl wissend, dass die topographische Lage des Dörfchens eine besondere Herausforderung darstelle.

Und genau diese soll ein neuer Sendemast auf dem Giersberg meistern. Ob als Stahlkonstruktion oder aus Beton - „da wären wir ganz offen“, so Reinhardt. Wäre die Gemeinde mit dem Standort einverstanden, müsste die Telekom zunächst eine Standortbescheinigung bei der Bundesnetzagentur beantragen. „Wir halten uns an geltende Grenzwerte“, versicherte der Experte, der keinen Zweifel daran ließ, dass der ausgewählte Standort aus Telekomsicht der beste wäre, würde er doch auch Täbingen gleich mit abdecken.

Viele haben Angst um ihre Gesundheit

Die Dautmerger haben indes Zweifel. Der Mast, 35 bis 40 Meter hoch, sei zu nah an den Häusern, argumentierten einige, die die Gesundheit der Bürger durch die Funkwellen gefährdet sehen. Andere fürchteten um den Wert ihrer Immobilien, wenn ein Funkmast in der Nähe sei. Und wieder andere gaben zu bedenken, dass Dautmergen ohnehin mit Glasfaser versorgt werde. „Ich telefoniere daheim und brauche kein Handy“, formulierte es eine Zuhörerin.

Diesem Argument konnte Ingo Reinhardt nichts entgegenhalten. „Aber denken Sie nicht nur an sich, sondern auch an andere, die auf mobile Daten allein aus beruflichen Gründen angewiesen sind“, gab er zurück. Denn dass das Netz ungenutzt bleibe, diese Sorge habe er nicht. „Die Zahlen sagen was anderes, wir würden sicher nicht 300.000 Euro in diesen Standort investieren, wenn ihn keiner brauchen würde.“ Zerstreuen konnte er zumindest die Bedenken, der Mast würde in Zukunft für höhere Sendeleistung ertüchtigt. „Für 5G ist er nicht konzipiert, wir reden wirklich nur über den LTE-Ausbau.“

Die Wellenbelastung ist schon da

„Begreifen Sie das als Chance“, gab schließlich auch Jürgen Anders, Professor für Nachrichtentechnik an der Universität Furtwangen den Zuhörern mit auf den Weg. Die Gemeinde hatte den Fachmann als neutralen Experten hinzugezogen. Der entkräftete dann auch das Argument, Dautmergen sei bisher frei von jeglicher Funkwellenbelastung. „Jeder hat W-lan daheim oder schnurlose Telefone. Und auch Handys und Tablets senden permanent.“ Oft sei diese Belastung um ein Vielfaches höher als die Leistung, die von einem Sendemast ausgehe.

Zwar nehme dessen Wellenbelastung ab, je weiter er weg sei. „Aber die Endgeräte müssen ihre Leistung hochfahren, um eine Verbindung aufbauen zu können“, erklärte er. Dass ein Sendemast als naher Nachbar Grund für Erkrankungen sei, „das kann die Wissenschaft weder beweisen noch widerlegen“, so Anders. „Und die Nähe zum Masten allein macht es nicht schlimmer.“

Der Fortschritt ist nicht aufzuhalten

Bei allen Bedenken gab es indes auch ein paar Befürworter. „Die Netzabdeckung ist mittlerweile bei der Vermietung ein Totschlagargument. Kein Netz, kein Interesse“, argumentierte ein Zuhörer. „Die Welt wird smarter, wir können das nicht aufhalten“, unterstrich eine andere Besucherin.

Dennoch: In Dautmergen blieben Zweifel. Hans Joachim Lippus bedankte sich nach über zwei Stunden bei den beiden Rednern und vor allem bei den vielen Bürgern, die das Thema bewegt. Ingo Reinhardt soll nun weitere Alternativstandorte prüfen. Dieser versprach, sich mit seinen Technikern noch einmal zu beraten. „Viel Hoffnung habe ich allerdings nicht, dieser Suchkreis kommt nicht von ungefähr“, erklärte er. Ob die Entscheidung für oder gegen einen Sendemast schon in der nächsten Sitzung getroffen werden kann, ließ der Bürgermeister offen. „Wir wollen es mit gutem Gewissen entscheiden“, betonte er.

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