Die VR Bank Heuberg-Winterlingen schließt Mitte des Jahres vier Filialen

Von Gudrun Stoll

„Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht“, sagt Vorstandsvorsitzender Andreas Eckl. Aber immer weniger Kunden am Schalter machen Zweigstellen unrentabel.

Die VR Bank Heuberg-Winterlingen schließt Mitte des Jahres vier Filialen

Die Bankfiliale in Hartheim.

Die Mitglieder wurden in einem persönlichen Schreiben informiert, dass die Genossenschaftsbank ihre Geschäftsstellen in Harthausen, Hartheim, Heinstetten und Oberdigisheim zum 30. Juni 2021 schließen wird.

Die Geldausgabeautomaten und Kontoauszugsdrucker in Harthausen sowie in Hartheim werden den Kunden weiterhin zur Verfügung stehen, in Heinstetten und Oberdigisheim können diese noch bis März 2022 genutzt werden.

Reaktion auf den Wandel in der Gesellschaft

Vorstand und Aufsichtsrat der VR Bank eG Heuberg-Winterlingen reagieren mit der Schließung von vier der acht Bankstellen auf den Wandel in der Gesellschaft und deren Marktverhalten, denn immer weniger Kunden nutzen den Service am Schalter.

Die Bank wolle ein starker Partner für die Mitglieder und Privatkunden, für den Mittelstand und das Handwerk bleiben, ganz im Sinne des Genossenschaftsprinzips: „Was einer allein nicht schafft, das schaffen viele“. Hierfür müsse sich das Geldinstitut zukunftsorientiert aufstellen, betont Andreas Eckl. Wie die gesamte Finanzbranche, befinde sich auch die VR Bank eG Heuberg-Winterlingen in einem sehr herausfordernden Umfeld, führt er weiter aus.

Banken stehen vor Herausforderungen

Noch vor zwei Jahren seien die Fachleute davon ausgegangen, dass sich das Niedrigzinsniveau langsam normalisieren werde. Stattdessen stellen die sinkenden Erträge aus dem Zinsüberschuss, die rasante digitale Entwicklung und das veränderte Kundenverhalten die Banken vor Herausforderungen.

Früher als angenommen habe dies auch die Genossenschaftsbank zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der Geschäftsstellen veranlasst. Die Bank habe unter anderem eine Standortanalyse erstellt, das Nutzungsverhalten der Kunden untersucht, die Frequenz der Geldautomaten beobachtet und den Wettbewerb in der Gesamtschau betrachtet.

Es gibt keine Entlassungen

„Wir haben die Entscheidung sorgfältig abgewogen und uns wirklich nicht leicht gemacht“, betont Andreas Eckl für den Aufsichtsrat und seine beiden Vorstandskollegen Cornelia Rosenau und Michael Heinemann. Aber er sagt auch klar und deutlich: „Durch das veränderte Kundenverhalten ist ein wirtschaftliches Betreiben von solch kleinen Zweigstellen schon seit längerem nicht mehr gegeben. Wir haben die Stellen trotzdem so lange wie möglich aufrecht erhalten“.

Neun von zehn Kunden holen Geld am Automaten

An konkreten Zahlen verdeutlicht der Bankfachmann den Handlungsbedarf: So erfolgen nur noch 6% aller Bargeldverfügungen an einem der acht Bankschalter, während 94% Prozent der Abhebungen an den Bankautomaten getätigt werden, 67% Prozent aller Überweisungen erledigen die Kunden über das Online-Banking oder die VR-Banking-App. Die Analyse zeige auch, dass 24% der Überweisungen in die Briefkästen eingeworfen und nur noch 9% Prozent beim Mitarbeiter am Bankschalter eingereicht werden.

Der Trend, die Bankgeschäfte bequem von zu Hause zu erledigen, nehme stetig zu. In der Konsequenz suchen immer weniger Kunden die Geschäftsstellen auf. Gleichzeitig sind andere Dienstleistungen und Kontaktwege gefragt wie nie zuvor.

Die Bank setze neben dem Online-Banking und der VR-Banking-App auf das neue KundenDialogCenter als dem direkten Weg für alle Kunden, die ihre Wünsche und Anliegen rund ums Konto auch außerhalb gewohnter Öffnungszeiten flexibel von zu Hause aus erledigen möchten. „Nach wie vor können die Kunden die persönliche Beratung bei ihren vertrauten Ansprechpartnern in Anspruch nehmen“, erläutert der Vorstandsvorsitzende. Die Schließung der Filialen habe auch keine Auswirkungen auf den Personalschlüssel. Kein Mitarbeiter werde entlassen.

Betroffen sind nicht mobile Kunden

„Sich von Gewohntem zu trennen, fällt uns allen nicht leicht und wir können verstehen, dass die Zusammenlegung unserer Filialen für unsere Mitglieder und Kunden eine Veränderung bedeuteten wird“, ist sich der Vorstandsvorsitzende bewusst, dass die Schließung der Filialen auch Verärgerung und Verunsicherung auslösen wird. Für die meisten Kunden würden die Schließungen aber problemlos sein, da es zur nächsten personalbesetzten Geschäftsstelle nur wenige Kilometer sind. Betroffen von der Konzentration seien allerdings ältere und nicht mobile Menschen. Diese können ihre Überweisungen in Freikuverts per Post an die Bank schicken.

Drei Gebäude gehören der Bank

Was geschieht mit den Gebäuden? Die Filiale in Oberdigisheim sei angemietet, die Räumlichkeiten werden zum 1. März 2022 gekündigt, informiert Andreas Eckl. Bis dahin könne der Geldautomat noch stehen bleiben. Die anderen Gebäude stehen in Eigentum der Bank. In den nächsten Monaten werde geprüft, ob eine Vermietung als Wohn- oder Gewerbeeinheit sinnvoll ist oder ein Verkauf in Betracht kommt. Mittelfristig seien keine weiteren Veränderungen geplant, versichert er. „Das neue Service- und Beratungskonzept steht“.

Stand heute keine weitere Fusion

Zur Erinnerung: Im Jahr 2016 hat die damals noch eigenständige Volksbank Heuberg ihre Filialen in Egesheim, Hossingen und Unterdigisheim geschlossen. Oberdigisheim galt bereits als Wackelkandidat. Die Winterlinger Bank hat 2013 Filialen in Kaiseringen und Storzingen zugemacht, 2016 folgte Benzingen.

Im Jahr 2018 fusionierten die Volksbank Heuberg und die Winterlinger Bank zur VR Bank eG Heuberg-Winterlingen. Eine weitere Fusion mit Genossenschaftsbanken aus der Region „ist Stand heute kein Thema“, sagt Eckl.

Fakten und Infos

Die VR Bank eG Heuberg Winterlingen schließt zum 30. Juni ihre Filialen in Harthausen, Hartheim, Heinstetten und Oberdigisheim.

Es verbleiben die Zweigstellen Frohnstetten und Nusplingen sowie die Hauptstellen Meßstetten und Winterlingen. Die Bank wird von einem Führungstrio geleitet. Der Vorstand besteht aus Andreas Eckl (er ist der Vorstandsvorsitzende), Cornelia Rosenau und Michael Heinemann. Aufsichtsratsvorsitzender ist Ludwig Maag. Der Sitz der Bank ist in Meßstetten.

18.000 Kunden

Die Bilanzsumme am 31. Dezember 2020 lag bei 487 Millionen Euro. Das betreute Kundenvolumen umfasst 826 Millionen Euro (plus 10,1 % in 2020). Die Bank beschäftigt 80 Mitarbeiter/innen hat fünf Auszubildende, 8530 Mitglieder und

18.000 Kunden.