Oberes Schlichemtal

Die Touristikgemeinschaft Oberes Schlichemtal ist kaum noch zu retten

27.09.2019

Von Daniel Seeburger

Die Touristikgemeinschaft Oberes Schlichemtal ist kaum noch zu retten

© Daniel Seeburger

Optimistisch sieht anders aus: (von links) der Vorsitzende Heinz Koch, Heike Roth und Manuela Friedrich vom Gemeindeverwaltungsverband, Gemeinderat Walter Schempp, Vorstandsmitglied Adrian Schmidberger, Schömbergs Hauptamtstleiter Hoachim Heppler und Ratshausens Bürgermeister Heiko Lebherz.

Die Touristikgemeinschaft Oberes Schlichemtal steht vor dem Aus. Am Donnerstag, 24. Oktober, soll eine außerordentliche Mitgliederversammlung über die Auflösung beraten. In der Hauptversammlung am Donnerstag in der Waldschenke in Schömberg konnte kein Vorsitzender gefunden werden.

Seit fast 40 Jahren gibt es den Verein schon. Das Jahr 2019 könnte sein letztes werden. Zur Hauptversammlung kamen gerade einmal 16 Personen. Darunter mit Schömbergs Bürgermeister Karl-Josef Sprenger, Ratshausens Bürgermeister Heiko Lebherz, Hausens Bürgermeister Stefan Weiskopf, Schömbergs Hauptamtsleiter Joachim Heppler sowie Heike Roth und Manuela Friedrich vom Gemeindeverwaltungsverband Oberes Schlichemtal sechs institutionelle Mitglieder.

Nur wenige Mitglieder in der Versammlung

Gerade einmal neun Interessierte diskutierten mit. Bei einer Anzahl von rund 70 Mitgliedern eine geringe Anzahl. Für Kassenprüfer Richard Ege ein Armutszeugnis. „Wo ist die Gastronomie, wo ist die Geschäftswelt?“, fragte er in die Runde. Bei der Gründung des Vereins 1981 habe es Euphorie und neue Ideen gegeben. Das sei schon lange nicht mehr so.

Die letzte Hauptversammlung hatte 2014 stattgefunden. Der Vorsitzende Heinz Koch wies auf die dünne Personaldecke hin. „Wir brauchen einen neuen Vorstand“, erklärte er, nachdem sowohl er, als auch seine Stellvertreterin Elfi Neher nicht mehr antreten wollten. „Nur wenn wir Personal haben, können wir weitermachen“, so Koch.

Verwaltungsverband sprang in die Bresche

Das Personal allerdings war zumindest nicht bei der Hauptversammlung. Dafür konnte Manuela Friedrich vom Gemeindeverwaltungsverband, der in den vergangenen Jahren die Belange des Tourismus im Oberen Schlichemtal vertreten hat, von durchaus positiven Ansätzen berichten. „Seit 2014 hat sich einiges getan“, führte sie aus. So habe man die Beschilderung der Wanderwege erneuert, den Schlichemwanderweg betreut und Image-Broschüren neu aufgelegt. Man sei zudem bei der CMT,der Gesundheitsmesse in Balingen und „Wasser aktiv“ im Schiefererlebnis vertreten gewesen.

Der Donau-Zollernalbweg sei neu zertifziert worden, außerdem habe man verschiedene geführte Wanderungen oder Radtouren angeboten. Bei vielen Aktionen sei die Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFG) des Landkreises mit im Boot gewesen, so Bernhard.

Guter Kassenstand Der Kassenstand der Touristikgemeinschaft hat sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich erhöht. Von 4538 Euro Ende 2013 stieg er auf 7205 Euro Ende 2018 an. Im Augenblick beläuft er sich zwar nur auf 2772 Euro. Das sei aber ein Zwischenstand, so Heinz Koch. Die Mitgliederbeiträge und die 4600 Euro des Verbands seien noch nicht berücksichtigt.

Da es keinen Kassenwart mehr gibt, führt Heike Roth vom Gemeindeverwaltungsverband die Kasse. Der Kassenprüfer Richard Ege bescheinigte ihr eine zuverlässige Kassenführung. Bürgermeister Karl-Josef Sprenger führte die Entlastung herbei.

Sprenger appelliert

Sowohl der Vorsitzende Heinz Koch, als auch seine Stellvertreterin Elfi Neher stellten sich nicht mehr zur Wiederwahl. Selbst von den Ausführungen Karl-Josef Sprengers ließ sich Koch nicht überzeugen. Touristisch sei das Obere Schlichemtal hervorragend aufgestellt, so Sprenger. „Wir brauchen ein engagiertes Vorstandsgremium, denn das ist eine Anstrengung wert“, führte er aus.

Nachdem keine neue Vorstandschaft gefunden wurde, bleiben Koch und Neher mindestens bis zum 24. Oktober im Amt. Dann findet eine außerordentliche Generalversammlung statt. Laut Satzung hätten am Donnerstag zwei Drittel der Mitglieder für eine Auflösung stimmen müssen. So viele Mitglieder waren aber nicht vor Ort. In der nächsten Sitzung reicht dann die einfache Mehrheit der anwesenden Mitglieder aus, um den Verein Geschichte werden zu lassen.

Kommentar: Konzepte statt Wehklagen Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, dass die Touristikgemeinschaft Oberes Schlichemtal einmal so glanzlos enden würde? In der Hauptversammlung am Donnerstag appellierten zwar Schömbergs Bürgermeister Karl-Josef Sprenger und Kassenprüfer Richard Ege an die Mitglieder, sich den letzten Schritt, die Auflösung, genau zu überlegen. „Aufgelöst ist schnell, aber die Dinge wieder auf die Beine zu stellen, ist dann äußerst schwierig“, sagte Sprenger. Beim aktuellen Zustand des Gemeindeverwaltungsverbands könne man dort die Aufgaben der Touristikgemeinschaft nicht zusätzlich bewältigen. Genau das aber haben Manuela Friedrich und Heike Roth in den vergangenen fünf Jahren schon erfolgreich gemacht.

Der Vorsitzende Heinz Koch hat erklärt, woran der Verein krankt: Man braucht ihn schlicht nicht mehr. Eine Unterstützung beispielsweise für Betreiber von Ferienwohnungen ist nicht mehr notwendig. Die Werbung und Buchung läuft im Internet über Portale wie fewo-direkt oder booking.com. Das Unterkunftsverzeichnis, das vor 20 Jahren lief wie geschnitten Brot, ist heute ein Relikt aus grauer Vorzeit und das Papier nicht mehr wert, auf das es gedruckt wird.

Ein weiteres Problem sprach Koch nicht an. Viele Ferienwohnungsbesitzer und Hotels vermieten ihren Wohnraum keineswegs nur an Touristen. Auch Monteure sind gerngesehene und vor allem treue Gäste. Mit dem bräsigen Vorhalten früherer Erfolge, mit den alten Geschichten von damals, als der ehemalige Vorsitzende noch mit selbst gemachten Maultaschen zur CMT gefahren ist und fürs Schlichemtal als Ferienregion geworben hat, lockt man keine Touristen und spornt auch desinteressierte Mitglieder nicht an.

Die einzige Möglichkeit, die die Touristikgemeinschaft noch hat, ist der radikale Bruch mit der Vergangenheit. Es braucht ein Konzept, ein Nachdenken über den Ist-Zustand der Ferienregion Oberes Schlichemtal, neue Ideen und neue Köpfe, die diese Ideen umsetzen, ein Vernetzen mit dem HGV, den Verwaltungen und jedem einzelnen Mitglied. Heinz Koch schlug die Bildung eines Arbeitskreises vor, in dem Brainstorming an wichtiger Stelle steht.

Ein Anfang? Vielleicht auch eine letzte Chance. Die Aussichten für eine Rettung in letzter Sekunde sind minimal. Das hat die Anzahl der Mitglieder bei der Hauptversammlung am Donnerstag eindrucksvoll gezeigt.

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