Die Geislinger Mütter und Frauen von 1941 sind ein leuchtendes Beispiel für aktiven Widerstand

Von Dennis Breisinger

Die Gewerkschaften, die Stadt und die Kirche erinnerten am Sonntag dem Antikriegstag 2019, an den Widerstand von rund 200 Geislingerinnen gegen das Naziregime, der als sogenannte Weiberschlacht in die Stadtgeschichte eingegangen ist. Das mutige Verhalten der Frauen wurde als leuchtendes Beispiel gewürdigt.

Die Geislinger Mütter und Frauen von 1941 sind ein leuchtendes Beispiel für aktiven Widerstand

Der Verdi-Zollernalb-Chef Salvatore Bertolino (von links) mit den beteiligten Redner und Mitwirkenden des Antikriegstags, darunter auch Zeitzeugin Maria Schmid (Fünfte von links).

Die Stadt Geislingen, die Katholische Kirchengemeinde Geislingen, die DGB-Regionsgeschäftsstelle Reutlingen, die IG Metall Albstadt, die GEW Zollernalb und Verdi Zollernalb luden am Sonntag zum Antikriegstag nach Geislingen ein.

Der 1. September erwies sich als würdiges Datum, den an diesem Tag brach im Jahr 1939 mit dem deutschen Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg aus.

Auftakt mit einem Gottesdienst

Die Feierlichkeiten fanden ihren Anfang mit einem von Pater Augusty und Dekan Reiner Dehner gemeinsam durchgeführten Friedensgottesdienst in der Geislinger Sankt-Ulrich-Kirche, der musikalisch von den Kindergartenkindern begleitet wurde.

Im Anschluss wurde der von der Sopranistin Juandalynn Abernathy und dem Pianisten Giuseppe Pisciotta musikalisch umrahmte Festakt im Foyer der Geislinger Schlossparkhalle fortgeführt.

Der Vorsitzende des Ortsvereins Zollern-Alb von Verdi, Salvatore Bertolino, mahnte in seiner Rede gegen das Vergessen an, denn nur „wenn wir die Geschichte kennen, dann haben wir die Möglichkeit aus ihr zu lernen“.

Es sei unsere Pflicht Krieg zu verhindern und für Frieden und Gerechtigkeit auf dieser Welt zu kämpfen.

Der Geislinger Bürgermeister Oliver Schmid betonte, dass wir Verantwortung in der Gegenwart und Zukunft übernehmen müssen und gab zu bedenken, dass die „Verbrechen des Zweiten Weltkriegs nicht nur in Auschwitz, sondern auch direkt vor der Haustür begangen wurden, wo es nicht nur Zustimmung, sondern auch Protest und Widerstand gab“.

„Unsere Zukunft liegt in einem gemeinsamen, demokratischen Europa“, setzt Schmid auf ein Miteinander und kein Gegeneinander.

Der Kreisvorstand der GEW Zollernalbkreis, Bernd Romer, betonte, dass Demokratie und Frieden in einer Welt von Unsicherheit und Instabilität keine Selbstverständlichkeit seien.

„Wir sehen einer neuen nuklearen Bedrohung und einem neuen Wettrüsten entgegen, die momentanen globalen Militärausgaben belaufen sich auf 1,6 Billionen Euro und sind seit dem Fall des Eisernen Vorhangs so hoch wie noch nie“, ergänzte Romer.

Ein leuchtendes Beispiel

Als Beispiel für den aktiven Widerstand gegenüber dem NS-Regime sahen alle Beteiligten die Geislinger Weiberschlacht im Kriegsjahr 1941 an, von der der städtische Mitarbeiter Hubert Gulde berichtete.

Eine Projektgruppe hatte die Vorgänge um die sogenannte Geislinger Weiberschlacht 2011 aufgearbeitet und ein Büchlein darüber herausgebracht.

Bereits 1937 begannen laut Gulde die ersten Bestrebungen der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) zumindest eine NSV-linientreue Schwester in dem von den in der Stadt hochgeachteten Vinzenterinnen geleiteten Geislinger Kindergarten in der Brückenstraße 37 einzuschleusen, doch ohne Erfolg.

Am 1. Dezember 1941 wurden die Vinzenterinnen dann aber abgesetzt und vier Schwestern der NSV eingesetzt. Daraufhin entschließen sich bis zu empörte 200 Frauen den Geislinger Bürgermeister zur Rede zu stellen und marschierten zum Rathaus, doch der Aufstand wurde brutal niedergeschlagen.

Kindergarten-Boykott folgte

„Es gab Tritte und Schläge durch Knüppel, Blut floss, Verhaftungen mit Arrest in Oberndorf beziehungsweise Balingen erfolgten“, so Gulde. „Der aktive Aufstand war ein Zeichen, das aber keinen Erfolg brachte. Im Gegensatz zum danach erfolgten Boykott des Kindergartens durch die Geislinger Bürger. Mit maximal zehn Kindern war der Kindergarten dauerhaft unterbelegt“, erklärte Gulde.

„Wir als Träger des Nachfolgekindergartens St. Michael sind den Frauen zu Dank verpflichtet“, meinte Heinrich Kirmeier, der seit Sonntag das Amt des Kirchenpflegers in der Seelsorgeeinheit „Am Kleinen Heuberg“ inne hat.

„Die Vinzenterinnen übernahmen bis zum Jahre 2008 in Geislingen Verantwortung für Hungrige, Kinder, Kranke und Alte, ihr Wirken sollte uns Mut geben“, betonte er.