Zollernalbkreis

Die „Flügel“-Kämpfe in der Zollernalbkreis-AfD gehen unvermindert weiter

06.11.2019

Von Klaus Irion

Die „Flügel“-Kämpfe in der Zollernalbkreis-AfD gehen unvermindert weiter

© ZAK-Montage/paca

Schlammschlacht bei der Kreis-AfD.

Das seit Monaten andauernde Hauen und Stechen innerhalb der Kreis-AfD geht munter weiter. Aktueller Höhepunkt: Ein verbaler Angriff des Albstädter Kreisrats Jürgen Schiller auf den Kreissprecher Hans-Peter Hörner via Facebook. Derweil sorgt der stellvertretende Kreissprecher Dr. Joachim Wald mit einer „Flügel“-Veranstaltung in der Albstädter Zollern-Alb-Halle für Gesprächsstoff.

Entzündet haben sich die Querelen des AfD-Kreisverbands an der innerparteilichen Ausrichtung seiner Mitglieder. Wie die Landes- und die Bundes-AfD ist auch die Kreis-AfD in einem fortwährenden Richtungsstreit. Auf der einen Seite die gemäßigteren Kräfte um den Landtagsabgeordneten Stefan Herre, auf der anderen Seite die radikalen Kräfte und Anhänger des „Flügels“ um Björn Höcke, wie der stellvertrende Kreissprecher Dr. Joachim Wald.

Appell hier, Pamphlet dort

Letzterer hatte in der jüngeren Vergangenheit aus seiner „Flügel“-Affinität keinen Hehl gemacht und den sogenannten Stuttgarter Appell der AfD-Völkischen unterstützt, während Herre im vergangenen Sommer Mitunterzeichner eines parteiinternen Anti-“Flügel“-Pamphlets war.

Wald kandidiert wieder

Nun sorgt Wald erneut für Wirbel innerhalb der Kreis-AfD. Zwar kündigte er jüngst auf Facebook seinen (vorübergehenden?) Rückzug als Administrator der Webseite der Kreis-AfD an, erklärte jedoch auf ZAK-Nachfrage, „dass ich mich bei der nächsten Jahreshauptversammlung als Vorstandsmitglied zur Wiederwahl stellen werde.“

Ein Abschiedsgeschenk?

Ob Wiederwahl oder Abwahl: Auf Walds Betreiben hin treten auf alle Fälle am 16. November die beiden AfD-Landessprecher Andreas Kalbitz (Brandenburg) und Dirk Spaniel (Baden-Württemberg) in der Albstädter Zollern-Alb-Halle auf. „Sollte ich nicht wiedergewählt werden, so wäre dies mein Abschiedsgeschenk für den Kreisvorstand“, betont Wald.

„Flügel“-Größen kommen nach Albstadt

Beide dem völkischen Teil der AfD zuzurechnenden Landessprecher hatten in den vergangenen Monaten für Schlagzeilen gesorgt. Kalbitz wegen seiner einstigen Affinität zu Neonazi-Kreisen, die er selbst als „Jugendsünden“ verstanden wissen wollte. Spaniel durch ein mitgeschnittenes und später veröffentlichtes Hinterzimmergespräch, in dem er die Abwahl des AfD-Bundessprechers Jörg Meuthen propagiert hatte. Spaniel gilt in Baden-Württemberg auch als direkter Gegenspieler seines gemäßigten Co-Landessprechers Bernd Gögel, der nach der Meuthen-Affäre Spaniels Rücktritt gefordert hatte.

Sicherheitsdienst in der Zollern-Alb-Halle

Der Abend mit Kalbitz und Spaniel ist laut Walds Einladung gedacht für „Mitglieder, Förderer und Freunde der AfD Zollernalb sowie aller Kreisverbände in Baden-Württemberg“. Zutritt bekommt nur, wer sich zuvor über Wald für den Abend angemeldet hat. Vorsorglich weist der Albstädter „Flügel“-Mann darauf hin, „dass wir das Hausrecht ausüben und selbstverständlich über einen Sicherheitsdienst an diesem Abend verfügen“.

Parteiinterne Provokation

Die gemäßigte Gruppe um Stefan Herre kann dieses mögliche „Abschiedsgeschenk“ eigentlich nur als weitere parteiinterne Provokation verstehen. Er selbst sieht es folgendermaßen: „Herrn Kalbitz einzuladen, war die Entscheidung des aktuellen Kreisverband-Vorstandes und nicht meine.“ Dass um den Flügel und deren Repräsentanten Diskussionen entstehen, sei verständlich.

Herre kritisiert den „Flügel“

Herre selbst sieht den „Flügel“ kritisch und betont: „Ich habe mich in der Vergangenheit bereits mehrfach von ihm öffentlich distanziert.“

Viele Mitglieder innerhalb des Kreisverbandes würden seine Ansichten bezüglich des „Flügels“ teilen. „Einige von ihnen haben mich bereits darüber informiert, dass sie der Veranstaltung fernbleiben werden“, so Herre.

Wer kandidiert im Jahr 2021?

Der anhaltende Richtungsstreit der Kreis-AfD hat mit Sicherheit auch Auswirkungen auf die bald anstehende Kandidatensuche für die Landtagswahl und die Bundestagswahl (beide im Jahr 2021). Ambitionen auf eine Kandidatur bei einer der beiden Wahlen werden immer wieder dem Kreissprecher Hans-Peter Hörner nachgesagt.

Kreisrat Schiller sieht Parteispaltung

Dies missfällt offensichtlich AfD-Kreisrat Jürgen Schiller. Dieser Tage schrieb Hörner via Facebook ins Stammbuch: „Wenn du die Spaltung einer Partei durch den Vorstand, welcher die Hoffnung auf ein Landtagsmandat erhebt, miterlebst, dann bist du Mitglied des Kreisverbandes AfD Zollernalbkreis.“

Hörner spricht von Heuchlern

Das wiederum ließ Hörner nicht auf sich sitzen. In einem Kommentar auf den Post nennt er Schiller einen „Karrieristen“, der bislang „nichts, aber auch gar nichts geleistet hat“. Und resümiert: „Wenn wir mit unseren Zielen für Deutschland scheitern sollten, tragen diese Heuchler die Verantwortung.“

„Flügel“-Mann Wald mahnt Schiller

An diesem Punkt schaltete sich nun auch „Flügel“-Mann Wald in die Diskussion via Facebook ein und warnte Schiller vor weiterer öffentlicher Zerfleischung: „Mache Dich nicht zum Feindzeugen. Solltest Du nach der Vorstandswahl Verantwortung für den Kreisverband tragen müssen, wäre diese Belastung keine gute Startvoraussetzung.“

Falsche Interpretation?

Auf ZAK-Nachfrage relativiert Hörner seine Replik auf Schillers Verbalattacke. Schiller habe seine Aussage falsch interpretiert. Vielmehr sei es so gewesen, „dass auf einer Veranstaltung (nicht von mir) erwähnt wurde, dass in wenigen Monaten Nominierungsveranstaltungen zum Landtag stattfinden werden“. Dabei wurde laut Hörner geäußert, dass sich jedes Mitglied um das Mandat im Rahmen der Nominierung bewerben könne.

Eine lebendige Gemeinschaft

Die parteiinternen Streitigkeiten kommentiert Hörner mit dem Verweis darauf, „dass wir eine lebendige Gemeinschaft darstellen, die basisdemokratisch auf der Grundlage unseres auf der freiheitlich-demokratischen Grundordnung basierenden Grundsatzprogramms Ansätze und Lösungen für Probleme unseres Landes zu erarbeiten sucht“. Das dazugehörende, teils heftige, argumentative Ringen könne nach außen den Anschein von Querelen erwecken.

Unklarheiten und Vermutungen

Dass dies aber mitnichten nur den Anschein erweckt, dafür sorgt Hörner dann in seiner Funktion als Sprecher der Kreis-AfD doch noch höchstselbst, wenn er sagt: „Was wir als sehr bedauerlich einschätzen, ist das Verhalten einiger weniger Mitglieder, die sich aufgerufen fühlen, ihre Meinung über soziale Medien als ,Wahrheit‘ zu präsentieren und dabei auch noch Andersdenkende unsachlich anzugreifen.“ Noch bedauerlicher sei dies, wenn vorher nicht das persönliche Gespräch gesucht wurde, um Unklarheiten zu beseitigen oder um eigene Vermutungen durch Fakten belegt zu bekommen.

Hierzu gibt es schon am Freitagabend Gelegenheit, wenn sich die Kreis-AfD im Balinger „Hirschgulden“ zu einem internen Informationsabend trifft.

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