Hausen im Tal

Die Corona-Pandemie zerstört den Lebenstraum einer jungen Familie aus Hausen im Tal

19.03.2021

Von Susanne Grimm

Die Corona-Pandemie zerstört den Lebenstraum einer jungen Familie aus Hausen im Tal

© Susanne Grimm

Dennis Pfleghaar mit seinen Söhnen Lasse (auf dem Arm) und Felix. Seine Frau Franziska hält die zehn Monate alte Tochter Lara. Auf dem Bild fehlt Sohn Luka

Die Familie Pfleghaar aus Hausen im Tal muss ihre Gaststätte Bahnhof aufgeben. Ebenso müssen die Eltern mit vier Kindern aus ihrer Wohnung ausziehen. Der Grund: die Folgen der Pandemie.

Wie eine junge Familie durch die Pandemie in Not geraten und alles verlieren kann, zeigt die Geschichte der Familie Pfleghaar im Beuroner Ortsteil Hausen im Tal.

Franziska und Dennis Pfleghaar müssen die Gaststätte Bahnhof, die sie im Jahr 2018 gekauft und nach eigenen Aussagen mit Herzblut geführt haben, wieder verkaufen, da sie in den vergangenen drei Jahren keine Rücklagen bilden konnten.

Gründe hierfür sind notwendig gewordene Investitionen sowohl in der Gaststätte wie auch am Gebäude.

Einnahmen fielen durch Pandemie weg

Durch die mehrmonatige Schließung aufgrund der Corona-Pandemie fielen alle Einnahmen komplett weg, so konnten die Wirtsleute „ihre Kredite nicht mehr bedienen“, sagen sie.

Dazu kam, dass sich die Familie, „ungeplant“, wie die nun vierfache Mama sagt, um ein weiteres Kind vergrößert hat.

Und weil das alles noch nicht reichte, hat das Schicksal noch eins draufgesetzt und das Familienauto, einen Siebensitzer, durch eine Dachlawine völlig zerstört.

„Nur eine Nacht hatte ich es draußen unter der Dachkante stehen“, sagte der 37-jährige Familienvater sichtlich aufgewühlt.

Ausgerechnet in dieser Nacht schneite es noch einmal sehr heftig, sodass das eh schon schneebedeckte Dach noch eine ordentliche Ladung draufbekam.

Hilfen decken Verluste nicht

Mit der Folge, dass die tonnenschwere Last nächtens abrutschte und auf das Fahrzeug krachte. „Die Wucht war so groß, dass das Dach eingedrückt wurde und die Frontscheibe zersplitterte“, erzählt Dennis Pfleghaar.

„Wir hatten so gehofft, dass wir hier in Hausen bleiben könnten, aber die virusbedingte Schließung hat uns finanziell den Boden unter den Füßen weggezogen“, ergänzt er. Da auch die Friseure geschlossen hatten, fiel auch der Hinzuverdienst der Ehefrau weg, doch die laufenden Kosten blieben.

Zwar ist die Soforthilfe der Bundesregierung in Höhe von 9000 Euro eingegangen, wie Pfleghaar sagt, ebenso die „Novemberhilfe“, die allerdings erst im Februar 2021 kam.

Diese habe aber gerade mal 70 Prozent des Umsatzes der Wintermonate 2019 abgedeckt, die als Berechnungsgrundlage für die Novemberhilfe dienten. Weil der Gasthof aber im Dezember 2019 urlaubsbedingt geschlossen hatte, verschmälerte sich auch die Berechnung für die staatlichen Hilfen.

Freunde helfen der Familie

Aber es gibt auch Lichtblicke: Denn Freunde der Familie, wie Volker Hartl, haben das Schicksal der Pfleghaars in sozialen Netzwerken publik gemacht und einen Spendenaufruf gestartet, bei dem bisher rund 5000 Euro zusammengekommen sind.

Damit konnten laufende Zahlungen „in letzter Sekunde“ beglichen werden, wie Hartl auf der gemeinnützigen Plattform „betterplace.me“ schreibt.

Große Anteilnahme in der Bevölkerung

Zugleich wirbt der Freund aber um weitere Unterstützung für die Familie, denn noch reiche es nicht.

„Viele Leute haben schon gespendet. Wir sind total überrascht, welche Summen von einzelnen Personen gekommen sind“, so Pfleghaar. „Wir sind zutiefst gerührt über die Hilfsbereitschaft der Menschen.“

Die Corona-Pandemie zerstört den Lebenstraum einer jungen Familie aus Hausen im Tal

© Susanne Grimm

Zwei Jahre führte die Familie Pfleghaar die Gaststätte Bahnhof in der Donautalgemeinde Hausen im Tal.

Leider seien manche Spenden anonym eingegangen, aber das aus der Bodenseeregion stammende Ehepaar möchte alles versuchen, die Spender ausfindig zu machen, um ihnen persönlich danken zu können.

Viel Unterstützung erfahren

Jüngst hat ihnen ein Freund sogar ein fahrbereites Auto geschenkt, das noch zwei Jahre TÜV hat. Auch persönlich habe die Krise ihnen „bis fast aufs Äußerste“ alles abverlangt, sie letztendlich aber wieder zusammengeschweißt, sagt das seit zwölf Jahren verheiratete Paar. „Wir hatten schlaflose Nächte, wussten nicht, wie es weitergehen soll, ob wir noch ein Dach über dem Kopf haben werden.“

Die Spendenaktion habe ihnen wieder Mut gemacht und Hoffnung gegeben, dass es doch irgendwie weitergehen kann

Derzeit packe die sechsköpfige Familie ihre Habe zusammen, denn es muss schnellstmöglich eine neue Bleibe gefunden werden, „was mit vier Kindern, einem Hund und ein paar Katzen nicht einfach ist“, erklärt Franziska Pfleghaar.

Die 33-Jährige erzählt, wie sie zusammen mit ihrem Mann und mithilfe der Großeltern den Traum von einer Gaststätte auf dem Land verwirklichte. „Wir haben alles selber gemacht und mit frischen Zutaten gekocht“, sagt sie.

Der Zulauf war enorm

Der Zulauf der Gäste, insbesondere an den Wochenenden und in den Ferien, sei enorm gewesen.

Es habe ihnen trotz der vielen Arbeit dennoch viel Spaß bereitet. Auch in das Gemeindeleben seien sie gut eingebunden gewesen.

Dennis Pfleghaar, der mit seinem gelernten Beruf als Schornsteinfeger die Familie über Wasser hält, ist aktiv in der Freiwilligen Feuerwehr des Ortes, wobei ihm die Förderung der Jugendfeuerwehr am Herzen liegt.

„Auch wenn wir jetzt wegziehen müssen, werde ich solange hier in der Feuerwehr bleiben, bis ein Nachfolger gefunden worden ist“, versichert er.

Dennis Pfleghaar will Ausbildung durchziehen

Auch ist der Vorsitzende der „Donautal-Touristik“ dabei, den Schornsteinfegermeister zu machen. Trotz der schlechten Finanzlage will der ehemalige Zeitsoldat die Ausbildung „auf jeden Fall“ durchziehen“, denn der Meistertitel sei eine sichere Grundlage. „Schornsteinfeger werden immer gebraucht“, ist er sich sicher.

Eine Fortführung des Lokals ist für die Pfleghaars nicht mehr vorstellbar: „Die Schulden sind ja nicht weg, auch müssten neues Personal und ein Koch in Vollzeit neu eingestellt werden“, so Dennis Pfleghaar. Die Eltern, die vorher mitgeholfen haben, seien bereits ausgezogen.

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