Balingen

Der Kopf einer Dealerbande aus Balingen muss für sechs Jahre ins Gefängnis

22.08.2019

Von Lydia Wania-Dreher

Der Kopf einer Dealerbande aus Balingen muss für sechs Jahre ins Gefängnis

© Lydia Wania-Dreher

Das Landgericht Hechingen verurteilte am Donnerstag fünf Männer und eine Frau zu Haft- und Bewährungsstrafen, weil sie Marihuana nach Deutschland schmuggelten.

Fünf junge Männer und eine Frau hatten im Januar knapp sieben Kilogramm Marihuana über die deutsch-niederländische Grenze geschmuggelt. Die Drogen sollten in Balingen weiterverkauft werden. Doch der Deal flog auf. Das Landgericht Hechingen verurteilte nun die Beteiligten zu teilweise mehrjährigen Haftstrafen.

Ein Peilsender am Auto, angezapfte Mobiltelefone und observierende Beamte: Der Drogendeal, der im Januar über die Bühne ging, stand unter genauer Beobachtung der Polizei.

Der Grund dafür: Eine niederländische Frau, die im Oktober 2018 beim Drogenschmuggel erwischt wurde, packte aus und hatte einen der Männer aus Balingen als sogenannten Catcher, der die illegalen Betäubungsmittel in der Nähe einer Diskothek entgegennehmen sollte, genannt. Daraufhin wurden dessen Mobiltelefone abgehört und die Beamten waren genauestens informiert, wann die nächste Beschaffungsfahrt in die Niederlande anstand.

Von Balingen geht es nach Venlo

Dazu sprach sich der Kopf der Dealerbande mehrmals telefonisch mit dem portugiesischen Hintermann in den Niederlanden ab und bestellte einen Mietwagen in Balingen. Eine junge Frau aus Neu-Ulm wurde für 1500 Euro als Fahrerin für das Leihauto angeheuert. Am 22. Januar 2019 machte sich die Gruppe, darunter zwei Brüder des Haupttäters, von Balingen aus auf den Weg nach Venlo. Die junge Frau fuhr mit dem Leihwagen, die anderen fünf Angeklagten mit dem Auto eines Vaters.

In Venlo übernachteten alle gemeinsam in einem Hotel. Nach der Drogenübergabe fuhr man im Konvoi wieder Richtung Balingen. Die Frau transportierte im Kofferraum des Mietautos in einer Sporttasche die knapp sieben Kilogramm Marihuana über die Grenze.

An der Autobahnabfahrt in Empfingen schnappten die Ermittler zu und nahmen die fünf Männer sowie die Frau fest. Seit Anfang August befasste sich das Landgericht Hechingen mit der Strafsache.

Telefongespräche werden im Gerichtssaal abgespielt

Am Donnerstag wurde als Zeuge der ermittelnde Polizeibeamte gehört. Er hatte die Telefonüberwachung ausgewertet und spielte einzelne Gespräche im Gerichtssaal vor. Da die Beweislage eindeutig war, hatten alle Angeklagten vorab vor Gericht Einlassungen gemacht und die Tat zugegeben.

Es stellte sich heraus, dass die Gruppe ihre Aufgaben eingeteilt hatte. Der Anführer der Gruppe, dem der medizinische Sachverständige neben einer Suchterkrankung auch eine Persönlichkeitsstörung bescheinigte, verhandelte mit dem Hintermann und verkaufte die Drogen in Balingen und der Umgebung weiter.

„Er belieferte einen ganzen Abnehmerstamm“, fasste es der Staatsanwalt zusammen. Damit habe er seinen Lebensunterhalt verdient. „Nicht jeder Dealer hat 33.000 Euro zur Verfügung, um Drogen in den Niederlanden zu kaufen“, so der Staatsanwalt.

Der Mann deponierte die verbotenen Substanzen jedoch nicht bei sich, sondern in der Wohnung eines Freundes in Frommern. Diesen beschrieb der Sachverständige als sehr unsicher, fast schon naiv. Aber er profitierte auch von der Lagerung, da er einen Teil kostenlos konsumieren durfte.

Ein weiterer Täter, der ebenfalls drogenabhängig war, half dem Haupttäter und stand fast täglich in Kontakt mit ihm. Auch ihm attestierte der medizinische Sachverständige eine Persönlichkeitsstörung und eine sogenannte Polytoxikomanie, also die Abhängigkeit von gleich mehreren Drogen.

Vier der sechs Angeklagten müssen ins Gefängnis

Die Rolle der beiden Brüder des Haupttäters bei der Beschaffung der Drogen konnte nicht vollends aufgeklärt werden. Bei dem Jüngsten fiel das Drogenscreening, im Gegensatz zu allen anderen Angeklagten, negativ aus. Er fuhr jedoch das eine Auto auf der Rückfahrt. Das Gericht verurteilte ihn zu elf Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Beihilfe zum Handel und der Einfuhr von unerlaubten Betäubungsmitteln in nicht geringen Mengen.

Ebenfalls mit einer Bewährung davongekommen, ist der andere Bruder. Er fuhr den Wagen auf der Hinfahrt und wurde zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt.

Die anderen vier Täter, die in den vergangenen Monaten in Untersuchungshaft saßen, bleiben im Gefängnis. Die bisher nicht vorbestrafte Fahrerin wurde zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt. „Sie ist von Null auf 100 gestartet“, sagte der Staatsanwalt und erinnerte daran, dass die Frau wissentlich und freiwillig knapp sieben Kilogramm Marihuana in bester Qualität über die Grenze geschmuggelt hatte.

Drei Täter werden in die Entziehungsanstalt eingewiesen

Der Mann, der seine Wohnung für die Drogen zur Verfügung stellte, wurde zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Zudem wurde die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet.

In solch eine Einrichtung wurde auch der weitere Mittäter, der einschlägig vorbestraft ist, eingewiesen. Ihn verurteilte das Gericht zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren, wobei eine frühere Strafe mit eingerechnet wurde.

Der Haupttäter, der ebenfalls vorbestraft ist und zur Tatzeit unter Bewährung stand, bekam mit sechs Jahren und zwei Monaten die höchste Strafe. Auch er hat nun die Möglichkeit eine Entziehung zu machen. „Es ist das Schlimmste für ihn, dass er seine Brüder da mitreingezogen hat“, erklärte sein Anwalt.

Die Beteiligten haben nun die Möglichkeit, innerhalb von einer Woche Revision gegen das Urteil einzulegen.

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