Der Klimawandel macht sich bemerkbar: Das Bild des Waldes im Kreis wird sich ändern
23.08.2019
Dem Wald in Deutschland geht es schlecht. Hier im Zollernalbkreis, sagt Klaus Richert, Leiter der Forstamtsaußenstelle Albstadt, sind die Zustände noch deutlich besser als in anderen Teilen der Republik. Doch die Folgen einer kontinuierlichen Klimaveränderung sind auch bei uns sehr deutlich zu spüren.
Der große Harvester manövriert fast schon elegant durchs Unterholz, schnappt sich eine von Thomas Holl markierte hohe Fichte und sägt den Baum kurz über dem Boden ab.
Eine Fällung in fünf Minuten
Der Stamm, der sich während der ganzen Zeit fest im Griff der stählernen Klauen der High-Tech-Maschine befindet, wird dann in einem Arbeitsgang flugs in kleine Teile zersägt. Die ganze Aktion dauert keine fünf Minuten.
Befallene Bäume werden markiert
„Dieser Baum war stark vom Borkenkäfer befallen“ erläutert Thomas Holl, Hauptrevierleiter Meßstetten. Bereits die Einfluglöcher, aus denen Harz austritt, waren von außen deutlich zu erkennen. Holl markiert solche Bäume mit Farbe, so dass die Waldarbeiter wissen, welche Fichten zu fällen sind. Und das sind viele.
Wärme und Trockenheit schädigen den Wald
Rund fünf Prozent Einschlagsquote, erläutern Holl und Forstamtsleiter Richert, gibt es bei der Fichte im Schnitt in der Region Meßstetten - dieses Jahr sind es 90 Prozent. Die Kombination aus Wärme, teils extremer Trockenheit, Schneebruch und Schädlingsbefall setzt dem extrem Wald zu.
Eine Katastrophe für den Holzmarkt
Wirtschaftlich, erzählt Klaus Richert, sind die Ereignisse eine Katastrophe. Allein durch die Nassschneeschäden im Winter mussten nur im Bereich Meßstetten rund 6000 Festmeter Holz geschlagen werden. Der Befall von Borkenkäfern sorgt, unterstützt wiederum durch die von Schneebruch geschwächten Bäume, für weiteres Holz, das geschlagen werden muss. Stürme setzten dem Wald ebenfalls mächtig zu.
Erträge reichen oft nicht, die Kosten der Aufarbeitung zu begleichen
All dieses schadhafte Holz überschwemmt den Markt. Während ein Festmeter Holz 2017 etwa noch 100 Euro pro Festmeter kostete, fiel der Preis landesweit auf etwa 50 Prozent. Mittlerweile, erläutert Klaus Richert, reichen die Erträge oft noch nicht einmal dazu aus, die Kosten für die Aufarbeitung der vielen Schäden zu tragen.
Die Trockenheit ist der eigentliche Feind
Die Daten der Forstleute zeigen: seit vielen Jahren steigen die Temperaturen langsam aber kontinuierlich an. Das, vermutet Thomas Holl, würde die Natur wohl noch eher wegstecken.
Was die Situation so besorgniserregend mache, sei die mit den steigenden Temperaturen einhergehende Trockenheit sowie ein ebenfalls deutlicher Anstieg der Wetterextreme, Stürme und Starkregen.
Auch die Buchen haben Durst
Verglichen mit vielen anderen Regionen in Deutschland, sind sich Holl und Richert einig, ist die Situation bei uns auf der Alb noch ganz erträglich. Während, berichtet Thomas Holl, an der Bundesstraße bei Kirchentellinsfurt halbe Buchenwälder vertrocknen, profitieren die Buchen bei uns aufgrund der Höhenlagen von den kühleren Temperaturen.
Zahlreiche Baumarten sind krank
Auch ein neues, besorgniserregendes Phänomen: nicht nur einzelne, sondern zahlreiche Baumarten sind krank. Die Ulme verschwand aufgrund eines Pilzes bis auf wenige Exemplare bereits in den 60er- und 70er-Jahren von der Bildfläche, die Esche wurde 2006 von einem anderen Pilz befallen.
Selbst die Hoffnungsträger leiden
Die Fichte, geschwächt durch die Wetterextreme, wird von Borkenkäfern befallen und auch der bisherige Hoffnungsträger Tanne hat nun mit dem krummzähnigen Tannenkäfer zu kämpfen.
Klaus Richert spricht von „Horrorszenarien“
Die Buche leidet selbst in der für sie bisher idealen Umgebung der Alb unter der extremen Trockenheit und der Ahorn hat die Rindenrußkrankheit. Selbst robuste Bäume wie die Kiefer fangen im Rhein-Main-Gebiet an zu schwächeln. „Solche Horrorszenarien gab es in den 30 Jahren meiner Amtszeit noch nicht“, sagt Forstamtsleiter Klaus Richert besorgt.
Wachsen irgendwann Baumhaselsträucher statt Buchen?
Der Wald, darüber sind sich die Fachleute einig, wird sich verändern. Man wird mit klimaresistenteren Baumarten experimentieren wie der Baumhasel, weiterhin Tanne, aber auch Douglasie, Lärche oder Türkische Tanne.
Ein Wald braucht Generationen, um sich zu verändern
Aber, weiß Thomas Holl, man muss realistisch bleiben und die Entwicklungen beobachten. Einen Wald, sagt er, baut man nicht kurz mal in ein paar Jahren um - das geht nur über viele Jahrzehnte.