Balingen

Der Balinger Marktplatz verstummt: 400 Zollernälbler stehen für Frieden in der Ukraine ein

01.03.2022

Von Jasmin Alber

Der Balinger Marktplatz verstummt: 400 Zollernälbler stehen für Frieden in der Ukraine ein

© Renate Deregowski

Frieden für die Ukraine: Die Teilnehmer der Solidaritätskundgebung in Balingen setzten deutliche Zeichen.

Imagine – das Lied von John Lennon erklang am Dienstagabend noch vor dem eigentlichen Beginn der Solidaritätskundgebung auf dem Balinger Marktplatz. Felix und Dietmar Hokenmaier als Duo „Wir sind 4“ haben damit einmal mehr bewiesen, dass Musik oft das auszudrücken vermag, was in Worte zu fassen schwer fällt. Doch die Redner des Abends – christliche wie weltliche – haben allesamt deutliche Worte gefunden: Putins Krieg in der Ukraine darf nicht sein.

Die Teilnehmer selbst setzten nicht minder deutliche Signale mit Tafeln, Friedensfahnen oder Windlichtern mit blau-gelben Bändern.

Reinhold Schäfer begrüßte im Namen des „Aktionsbündnisses Zollernalb – Demokratie ist mehrWert“, das die Kundgebung kurzfristig mit weiteren Partnern geplant und auf die Beine gestellt hat, die rund 400 Teilnehmer.

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Emotionaler Moment: Während der Gedenkminute herrschte auf dem Marktplatz komplette Stille.

© Renate Deregowski

Die Teilnehmer der Solidaritätskundgebung setzten deutliche Zeichen – mit Plakaten, ...

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... mit der Friedensfahne ...

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... oder kleinen Lichtern der Hoffnung, geschmückt mit Bändern in blau und gelb.

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Die Forderungen sind klar: „Kein Blutvergießen mehr“ und „Ja! zum Frieden“.

© Alexander Stoll

400 Personen in einem Ziel vereint: Solidarität mit der Ukraine und Frieden als größten Wunsch.

© Alexander Stoll

400 Personen in einem Ziel vereint: Solidarität mit der Ukraine und Frieden als größten Wunsch.

© Renate Deregowski

400 Personen in einem Ziel vereint: Solidarität mit der Ukraine und Frieden als größten Wunsch.

© Renate Deregowski

Das Vater-Sohn-Duo „Wir sind 4“ sorgte mit der passenden Songauswahl und gefühlvollem Spiel für Gänsehautmomente.

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400 Personen in einem Ziel vereint: Solidarität mit der Ukraine und Frieden als größten Wunsch.

© Alexander Stoll

400 Personen in einem Ziel vereint: Solidarität mit der Ukraine und Frieden als größten Wunsch.

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Im Glauben finden derzeit viele Halt. Auch im Gebet kann man seine Solidarität ausdrücken.

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Man wolle Solidarität mit der Bevölkerung der Ukraine zeigen und ein deutliches Zeichen setzen, „dass wir an der Seite dieser Menschen stehen“, unterstrich Schäfer.

Der Balinger Marktplatz verstummt: 400 Zollernälbler stehen für Frieden in der Ukraine ein

© Alexander Stoll

Reinhold Schäfer sprach für das „Aktionsbündnis Zollernalb: Demokratie ist mehrWert“.

„Wir sind tief betroffen, wenn in einem souveränen Land Menschenleben gefährdet werden“ – allein aus dem nationalstaatlichen Interesse Russlands. Solidarität bedeute aber auch, die Sanktionen, die Putin und Russland auferlegt werden, mitzutragen.

Für die Menschen in der Ukraine einstehen – und zwar weltweit

„Nach Schock, Fassungslosigkeit und der Ohnmachtserfahrung beginnen wir, uns zu besinnen und kommen ins Handeln“, führte anschließend Pfarrerin Birgit Wurster aus. „Was wir letztendlich wollen, ist Frieden und kein Krieg. Dafür ist unsere Solidarität wichtig.“

Der Balinger Marktplatz verstummt: 400 Zollernälbler stehen für Frieden in der Ukraine ein

© Alexander Stoll

Stadtkirchenpfarrerin Birgit Wurster.

Man müsse nach außen für die Menschen in der Ukraine einstehen, und zwar weltweit. Sie fasste zusammen, dass die Menschen aus den verschiedenen Gründen auf den Marktplatz gekommen waren – seien es christliche oder rein humanitäre –, darunter auch Menschen, die aus Russland oder aus der Ukraine stammen. „Aber wahrscheinlich sind wir alle hier aus Empathie“, meinte die Pfarrerin – weil allen unter die Haut gehe, was in der Ukraine geschehe.

Frieden fängt im Kleinen an

Was sollen oder können wir tun? Diese Frage beschäftige derzeit viele, stellte Pfarrer Wolfgang Braun fest. Nicht zu resignieren, zu lamentieren oder in Ohnmacht zu erstarren, sei jetzt wichtig. Stattdessen für Solidarität einzustehen. Denn: „Frieden fängt im Kleinen an“, so Braun.

Der Balinger Marktplatz verstummt: 400 Zollernälbler stehen für Frieden in der Ukraine ein

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Wolfgang Braun, Pfarrer der katholischen Heilig-Geist-Gemeinde.

Die Kundgebung sei ein kleiner Schritt für großen Frieden, und die Zeichen würden vor Ort im Osten wahrgenommen und seien hilfreich. Pfarrer Braun appellierte ebenso wie sein evangelischer Amtskollege Andreas Heid aus Fürnsal, dass man sich an Hilfs- und Spendenaktionen beteiligen solle.

„Wer Religion beschränkt, wird auch Parteien verbieten“

Heid wiederum stellte klar heraus, was es bedeute, keine Staatskirche zu haben, sondern eine Kirche, die christliche Werte lebt, Bildung, Nächstenliebe und freie Meinungsäußerung ermöglicht.

„Wer Religionen beschränkt, wird auch Parteien und Organisationen verbieten“, sagte er mit Blick auf Russland. Am Ende gab er den Zuhörern die „3Gs gegen das Virus Diktatur“ mit auf den Weg: Gebet, Geduld und Geld.

Krieg, der mit nicht zu rechtfertigen ist

„Wir müssen Putin ganz klar zeigen: Er hat die rote Linie überschritten“, konstatierte Balingens Oberbürgermeister Helmut Reitemann, sichtlich und hörbar emotional aufgewühlt. Er sprach von einem „Krieg, der mit nichts zu rechtfertigen ist“. Ein Krieg in Europa, der nur aus machtpolitischen Interessen eröffnet worden sei. Umso wichtiger sei es, „weiterzutragen, dass wir hier in Balingen zusammenstehen für den Frieden“.

Der Balinger Marktplatz verstummt: 400 Zollernälbler stehen für Frieden in der Ukraine ein

© Alexander Stoll

Balingens Oberbürgermeister Helmut Reitemann.

Putin müsse wissen: „Wir wollen in Europa in Frieden leben.“ Mit dem Hissen der ukrainischen, Friedens- und Stadtfahne vor dem Rathaus wolle man das Zeichen noch deutlicher herausstellen.

Appell: Geflüchtete Ukrainer mit offenen Armen aufnehmen

„Wir haben noch vieles vor uns, vieles wird uns treffen, aber wir brauchen Geduld“, betonte er. Am Dienstagnachmittag habe er erfahren, dass der erste Bus aus der Ukraine und mit ihm insbesondere Kinder bald nach Balingen kommen werde. Reitmanns Appell lautete, „diese Menschen mit Frieden und offenen Armen aufzunehmen“.

Die ohnehin schon emotionale Stimmung wurde in der Gedenkminute noch verstärkt. Der Marktplatz verstummte in totale Stille. „Nehmen Sie den Frieden mit nach Hause“, gab Reitemann den Teilnehmern mit auf den Weg, ehe die Kundgebung mit passenden Songs des Vater-Sohn-Duos – „Let it be“ von den Beatles und „Hallelujah“ von Leonard Cohen – in würdigem Rahmen ausklang.

Erfolg für Solidarität im Zollernalbkreis

Alexander Maute, der die Durchführung der Kundgebung angestoßen hatte, wertete die rund 45-minütige Veranstaltung als „Erfolg für die Solidarität im Zollernalbkreis und das ist uns wichtig“. Die Zusammenarbeit mit den Partnern Aktionsbündnisses habe reibungslos funktioniert, jeder habe einen Beitrag geleistet. Er hob die unkomplizierte Zusammenarbeit mit der Verwaltung hervor, ohne die es die von kurzer Hand geplante Kundgebung in dieser Form nicht gegeben hätte.

Es habe sich außerdem gezeigt, dass – wenn es darauf ankommt – die demokratischen Parteien im Landkreis über die Parteigrenzen hinweg zusammenstehen. Das zeigte sich auch an der Präsenz zahlreicher (Lokal-)Politiker, darunter sowohl Abgeordnete als auch (Ober-)Bürgermeister. Maute sieht die Solidaritätskundgebung deshalb als Ausgangspunkt für weitere, andere Aktionen im Zollernalbkreis.

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