Dotternhausen

Das größte Anliegen ist, gehört zu werden

24.07.2017

von Nicole Leukhardt

Neben Abbaugrenzen, Naturschutz und Nachhaltigkeit ist den Dotternhausenern vor allem eines wichtig: Der faire und ehrliche Umgang miteinander im Dorf. Mit Kommentar

Am kommenden Mittwoch will der Dotternhausener Gemeinderat die Fläche der Süderweiterung des Kalksteinbruchs auf dem Plettenberg in zwei Abschnitten festlegen. „Wenn da Fakten geschaffen werden, während wir hier noch darüber reden, dass wir erst wieder Vertrauen und Transparenz schaffen müssen, ist jeglicher Dialog hinfällig und der Dorffrieden irreparabel zerstört“, sagte ein Dotternhausener am Samstag in der Festhalle.

Das größte Anliegen ist, gehört zu werden

© Nicole Leukhardt

Am Ende des ersten Blocks der Veranstaltung waren sich Teilnehmer und Mediatoren einig: Das waren gute, konstruktive Gespräche. Die offenen Fragen sollen im Herbst geklärt werden.

Er hatte dort an der von Mediatoren begleiteten und von Holcim angestoßenen Dialogveranstaltung teilgenommen. Für seine klaren Worte bekam er spontanen Applaus von den übrigen rund 50 Teilnehmern, die sich im ersten Block der Veranstaltung von den Gesprächen in vier kleinen Gruppen überwiegend positiv überrascht zeigten.

Eines wurde dabei ganz deutlich: Das Thema Vertrauen liegt den Dotternhausenern sehr am Herzen. „Die Bürger, die mit uns absolut konstruktiv und offen gesprochen haben, haben das Gefühl, sie würden nicht gehört“, sagt Dr. Piet Sellke, der als einer von vier Mediatoren der Firma Adribo mit den Gruppen gearbeitet hat. Die fehlende Transparenz war ein weiterer Stichpunkt, der oft genannt wurde. „Den Bürgern ist nicht so sehr wichtig, ob eine Lore quietscht. Sie wollen aber sehr wohl wissen, was im Zementwerk passiert, ob die Gewässer und Böden im Umkreis belastet sind, wie sauber ihre Luft ist und was mit ihrem Hausberg passiert, wenn kein Stein mehr abgebaut wird“, fasst er zusammen. Das „Matterhorn Dotternhausens“ sei letztlich für viele nicht nur eine Ressourcenquelle, sondern vor allem auch ein ideeller Wert, den es zu schützen und für nachfolgende Generationen zu erhalten gelte.

Neben den Fakten wie Umweltschutz, Abbaugrenzen, Renaturierung, Erhalt von Arbeitsplätzen und auch Gewerbesteuer kamen vor allem emotionale Werte auf den Tisch. „Die Bürger wünschen sich Ehrlichkeit im Gespräch mit der Verwaltung und miteinander. Sie möchten, dass ihre Meinungen gehört und vor allem Ernst genommen werden und keine Geheimhaltungspolitik betrieben wird“, fasste Prof. Dr. Roland Fritz zusammen. Der Dorffrieden und der Umgang miteinander stehe für die meisten an oberster Stelle.

Das größte Anliegen ist, gehört zu werden

Dr. Roland Fritz hört sich an, wo der Schuh drückt: Vor allem an Transparenz und Vertrauen fehlt es den Dotternhausenern.

Einige der Anregungen und Fragen könne sein Mediatorenteam für die zweite Veranstaltung im Herbst mitnehmen. Die große Bringschuld der Kommune sehe er nach dem Wunsch der Teilnehmer aber tatsächlich in Sachen Transparenz: „Die Bürger möchten keine polarisierenden Plakataktionen mehr im Dorf, sie wünschen sich einen besseren Informationsfluss durch die Gemeinde, vielleicht auch über das Amtsblatt“, ergänzte Fritz. „Sie möchten ein gutes Zusammenleben mit Holcim als direktem Nachbarn. Dazu gehört ein fairer Umgang miteinander“, resümierte Roland Fritz.

Dass kein Gemeinderat bei den Gruppengesprächen teilgenommen hatte, sorgte für Unmut und Unverständnis unter den Dotternhausenern. „Ich bin sehr enttäuscht, dass keiner der Räte diesen Dialog wahrgenommen hat, um wenigstens die Sorgen zu hören“, formulierte Altbürgermeister und Bürgeraktivist Norbert Majer. Den Wunsch, über die Erweiterungsfläche erst im Herbst abzustimmen, wenn das Mediationsverfahren abgeschlossen sei, versprachen die Experten an die Verwaltung weiterzugeben. Ein weiterer Teilnehmer hatte dazu eine klare Meinung: „Wenn die da oben uns wirklich ernst nehmen wollen, dann können die das jetzt nicht machen.“

Kommentar von ZAK-Redakteurin Nicole Leukhardt: Zum Frieden gehören immer zwei

Zu einem guten Gespräch gehören immer zwei Seiten. Zunächst die eine, die spricht. Und gesprochen haben sie viel am Samstag, die Dotternhausener. Über mangelnde Transparenz, über die Sorge um den Verlust eines Stücks Heimat und auch über den Umgang miteinander. Eines kann man ihnen nicht vorwerfen: Desinteresse. Sie haben ihre Wünsche und Bedenken sehr klar, offen und konstruktiv formuliert und das einem Mediatorenteam gegenüber, das von der Firma Holcim ins Boot geholt wurde.

Wenn die Dotternhausener Bürger nun sehr deutlich machen, dass von ihrer Seite aus Bereitschaft besteht, abhandengekommenes Vertrauen wieder aufzubauen, reicht schon einmal eine Partei die Hand zum Friedensschluss. Da gibt es aber auch noch die andere Seite. Die, die erst mal zuhört. Die Bewohner der Schlichemtalgemeinde, das wurde am Samstag sehr deutlich, haben nicht den Eindruck, dass die Verwaltung ihnen zuhört. Sie fühlen sich mit ihren Sorgen, Ängsten und Unsicherheiten beim Entscheidungsprozess über den Plettenberg außen vor. Woher das Informationsdefizit, das gewachsene Misstrauen und der Frust gegenüber der Obrigkeit kommt, sei dahingestellt.

Die Verwaltung und mit ihr die gewählten Volksvertreter haben nun die Aufgabe, im Hinblick auf kommenden Mittwoch mit Fingerspitzengefühl zu handeln. Was sich die Bürger im Dorf wünschen, kann man spätestens jetzt nur noch ignorieren, aber beim besten Willen nicht mehr überhören.

Post an die Autorin.

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