Haigerloch/Hohenstein

Das Häuschen im Grünen als Auslaufmodell? Was Schwörerhaus-Chef Johannes Schwörer dazu sagt

31.05.2023

von Eva Stoss

Das Häuschen im Grünen als Auslaufmodell? Was Schwörerhaus-Chef Johannes Schwörer dazu sagt

© Felix Kästle/dpa

Johannes Schwörer (55) hat den Fertighäusle-Bauer von der schwäbischen Alb zu einem der führenden Anbieter in der Branche gemacht.

Sind sie noch zeitgemäß? Ein Eigenheim im Grünen gerät immer mehr ins Visier der Politik. Einfamilienhäuser und Naturschutz sind seiner Ansicht nach kein Gegensatz: Johannes Schwörer, der Chef von Schwörerhaus, kritisiert, der Staat wolle die Gesellschaft umerziehen. Ein Interview.

Ein Interview mit Schwörerhaus-Chef Johannes Schwörer, der auch in Haigerloch-Stetten einen Standort betreibt. Zuerst erschienen auf schwaebische.de.

Herr Schwörer, welches ist derzeit das beliebteste Haus bei Schwörer?

Johannes Schwörer: Das beliebteste Haus ist nach wie vor das Einfamilienhaus mit Garten.

Bei den Ein– und Zweifamilienhäusern gehen die Genehmigungen aber am stärksten zurück. Wie stark trifft das Ihr Unternehmen?

Man muss unterscheiden zwischen Verkaufen und Bauen. Wir verkaufen dieses Jahr deutlich weniger als geplant. Statt 1000 Häuser werden es wohl maximal 600 sein. Bauen werden wir jedoch viel mehr, denn wir haben einen hohen Auftragsbestand.

Heißt das, die Krise am Bau zieht an Schwörer vorbei?

Wir haben so viele Aufträge, dass wir beim Umsatz in den nächsten zwei Jahren noch nichts spüren werden. Für uns ist die aktuelle Krise im Vertrieb eine Chance, um wieder kürzere Lieferzeiten hinzubekommen. Das geht nicht nur uns so. Viele Bauunternehmen haben volle Bücher.

Aber die Bauwirtschaft schlägt laut Alarm. Warum?

Die Bauwirtschaft schlägt jetzt schon Alarm, weil sie die Krise kommen sieht, wenn die Polster abgearbeitet sind. Wenn es dann erst wieder neue Aufträge gibt, kann es für einige Betriebe schon zu spät sein.

Denn vom Vertragsschluss bis zur Baugenehmigung vergehen einige Monate, in denen nichts passiert, aber die Mitarbeiter bezahlt werden müssen. Das ist die Gefahr. Aus einer Verkaufskrise kann schnell auch eine Unternehmenskrise werden.

Wie gehen Sie damit um?

Der größte Teil unseres Geschäfts sind Einfamilienhäuser. Wir haben jedoch daneben auch andere Produkte entwickelt. Schwörer ist im Mehrgeschosswohnungsbau aktiv und auch im Modulbau. Wir können also unsere Schwerpunkte verlagern. Wir erweitern hier am Standort unsere Halle, damit wir mehr Module zeitgleich fertig bauen können, um flexibler zu sein.

Ist das Einfamilienhaus ein Auslaufmodell?

Nein, es ist auf keinen Fall ein Auslaufmodell. Ein Haus mit Garten steht ganz oben auf der Wunschliste unserer Kunden. Da sehe ich keinen gegenläufigen Trend. Das bestätigen auch alle Umfragen.

Lange Zeit waren Fertighäuser für Normalverdiener eine Möglichkeit, sich diesen Traum zu erfüllen. Die Preise waren moderat. Ändert sich das jetzt?

Das ist so. Es fängt schon beim Bauland an, das sich in den letzten Jahrzehnten enorm verteuert hat. Das ist der größte Treiber bei den Kosten. Seit etwa zwei Jahren sind auch die Materialkosten teilweise explodiert. Ich bin mir jedoch sicher, das ändert sich wieder, wenn die sinkenden Verkaufszahlen auch bei den Lieferanten ankommen, was bisher nicht der Fall ist.

Was zahlen Kunden heute für ein Schwörer–Haus im Vergleich zu vor zwei Jahren?

Unsere Häuser haben sich innerhalb kurzer Zeit im Schnitt um gut 20 Prozent verteuert, von 300.000 Euro auf etwa 360.000 Euro. Das liegt vor allem an den Materialpreisen, die rund 70 Prozent der Kosten ausmachen. Für die Kunden kommen mehrere Faktoren zusammen: die gestiegenen Zinsen, die hohen Baupreise und der Wegfall der staatlichen Förderungen. Das macht ein Eigenheim für weniger Menschen erschwinglich.

Welche Rolle spielt die staatliche Förderung?

Das macht einen beachtlichen Teil der Finanzierung aus. Wir hatten mit dem KfW–55–Förderung ein gutes Programm für energieeffiziente Häuser. Das hat Herr Habeck über Nacht gestrichen, mit der Begründung, der Bau läuft auch ohne staatliche Zuschüsse. Daraufhin sind die Baugenehmigungen eingebrochen.

Jetzt werden nur noch Häuser mit dem Energiestandard KfW 40 gefördert. Was halten Sie davon?

Es ist der falsche Ansatz. Um diesen höheren Energiestandard zu erreichen, muss sehr viel investiert werden, bei nur geringem energetischem Nutzen. Deshalb war die KfW–55–Förderung hochintelligent, weil sie tatsächlich dafür gesorgt hat, dass sehr gute Häuser gebaut wurden.

Außerdem gibt es statt einer Förderung auch für den Energiestandard 40 nur noch zinsverbilligte Darlehen, die mit hohem Aufwand verbunden sind. Schon für die Begutachtung fallen hohe Kosten an. Wir bieten unseren Kunden selbstverständlich auch KfW–40–Häuser an und stellen einen Gutachter.

Was bedeutet es, wenn sich immer weniger Menschen Wohneigentum leisten können?

Die Folgen werden meiner Meinung nach vom Staat völlig unterschätzt. Wer in Eigentum investiert und sich damit an einen Ort bindet, engagiert sich auch eher für das Gemeinwesen, etwa in einem Verein. Der Staat spart kurzfristig Geld, wenn er Förderungen zurückfährt. Doch er riskiert damit die Loyalität seiner Bürger.

Teile der Grünen halten das Einfamilienhaus nicht mehr für zeitgemäß wegen der Flächenversiegelung. Was sagen Sie dazu?

Der Anteil der Flächenversiegelung ist größer als beim Mehrgeschossbau. Allerdings sind die Gärten bei den Einfamilienhäusern häufig sehr naturnah gepflegt und fördern damit die Artenvielfalt. Für den Naturerhalt bringt das mehr als das Rapsfeld daneben. Deshalb teile ich die Ansicht nicht, dass ein Stopp bei Einfamilienhäusern automatisch der Natur nützt.

Wo sehen Sie neue Trends beim Bauen?

Der Mehrgeschossbau ist ein Trend, dem wir auch folgen. Außerdem gefragt ist das serielle Sanieren und der Modulbau. Beim seriellen Sanieren geht um die Verkleidung von älteren Bauten mit geringem Dämmstandard. Schwörer stellt fertige Elemente her, die man vor das Gebäude montiert, also eine Art neue Fassade.

Unsere Strategie ist, neben dem Bau von Einfamilienhäusern neue Geschäftsfelder zu erschließen, falls es dauerhaft eine Marktveränderung geben sollte. Das ist meine Aufgabe als Unternehmer: Ich muss sicherstellen, dass unsere 1800 Mitarbeiter auch zukünftig Arbeit haben.

Und was ist der Trend bei den Einfamilienhäusern? Werden die tatsächlich jetzt kleiner?

Ja. Die Nachfrage nach kleinen Häusern steigt. Ebenso nach Modulen, die hier fertig gebaut und dann angeliefert werden. Diese „Flying Spaces“ sind eine Art Tiny House, die man bei Bedarf auch versetzen kann. Wir haben Kunden, die lassen sich so ein Modul in ihren Garten stellen.

Die ältere Generation zieht dort ein und überlässt den Kindern und deren Familien das große Haus. Man kann ein Modul aber auch als Anbau anfügen, wenn die Familie größer wird. Mit mehreren Modulen kann auch eine Senioren–WG daraus entstehen. Wir reagieren damit auf den demografischen Wandel.

Müssen wir uns auf kleinere Häuser und Wohnungen einstellen, weil mehr nicht mehr bezahlbar ist?

Ich würde „müssen“ streichen und durch „können“ ersetzen. Die Gesellschaft steuert diesen Prozess von sich aus. Viele ältere Menschen wollen bewusst weniger Wohnfläche. Diese Veränderungen kann man sehr gut in den Einfamilienhausbau integrieren. Ich sehe bei der Politik den Wunsch, die Gesellschaft umzuerziehen.

Das kritisiere ich. Besser wäre es, die Wünsche der Menschen aufzunehmen und mit den Zielen für das Land zu verbinden, statt immer neue Verbote auszusprechen. Viele Menschen haben von sich aus das Bedürfnis, sich richtig zu verhalten. Die müssen nicht umerzogen werden.

Wann sehen Sie das Ende der aktuellen Bauflaute?

Ich gehe davon aus, dass die Materialkosten sinken, wenn die geringe Nachfrage bei den Lieferanten ankommt. Der eine oder andere hat die Situation sehr stark ausgenutzt. Material macht 70 Prozent der Baukosten aus. Das wird also spürbar sein. Außerdem gibt es eine Bewegung „Einfaches Bauen“. Das könnte die Kosten senken. Allerdings ist mir noch nichts Konkretes bekannt.

Sie glauben, das eigene Häuschen wird wieder günstiger?

Genau. Das glaube ich. Andernfalls würde das zu einer großen Unzufriedenheit in der Bevölkerung führen. Das Einfamilienhaus wird derzeit über Gebühr bestraft bei den Nebenkosten, wie etwa der Grunderwerbsteuer. Solche Nebenkosten haben sich in den vergangenen Jahren verdoppelt. Das zu reduzieren, wäre schon eine große Entlastung. Es geht ja nicht nur um Eigentum. Hohe Baukosten bedeuten auch hohe Mieten. Wir steuern auf eine Wohnungsnot zu, die Politik muss reagieren.

Warum steigt Schwörerhaus nicht in den sozialen Wohnungsbau ein?

Wir wären in der Lage, das zu tun, aber nicht mit den heutigen Kosten. Das ist das Problem. Viele Bauträger stoppen gerade ihre Projekte, weil sie sehen, dass die Baukosten und die Miete, die man später realisieren kann, nicht zusammenpassen.

Wo liegt das Problem?

Clevere Bauträger suchen sich einen billigen Bauunternehmer. Der baut zu günstig und geht dann pleite. Der Bauträger ist unglücklich, weil jede Menge Mängel entstanden sind in diesem merkwürdigen Prozess. Das ist keine gute Idee. Bauträger sollten Wohnungen bauen, die funktionieren, zu Kosten, mit denen ein Bauunternehmer überleben kann. Am Ende kommt eine bezahlbare Miete heraus für breite Einkommensschichten.

Wie kann das gehen?

Mit staatlichen Förderprogrammen. Der Staat müsste pro Quadratmeter einen Zuschuss zahlen und im Gegenzug ein bestimmtes Mietniveau verlangen. Das hat man in der 1970er–Jahren so gemacht und das hat funktioniert. Wir brauchen ein vernünftiges Förderprogramm für den Mietwohnungsbau. Das sichert den sozialen Frieden.

Schwörerhaus baut seit 2004 in alle neuen Häuser eine Wärmepumpe ein. Sie haben also kein Problem mit dem geplanten Heizungsgesetz des Wirtschaftsministers?

Wir haben damit kein Problem. Ob es jedoch gelingt, im großen Stil fossile Heizungen gegen Wärmepumpen auszutauschen, hängt davon ab, ob die Stromnetze dafür vorbereitet sind. Es ist ja okay, wenn man Kraftwerke abschaltet, sofern man Alternativen hat. Das ist jedoch nicht der Fall. Bisher hatten wir zentrale Kraftwerke, jetzt stellen wir auf eine dezentrale Versorgung um. Dafür muss man ein dezentrales Stromnetz bauen. Unser aktuelles Stromnetz ist nicht für eine dezentrale Versorgung ausgelegt.

Ist also die Sorge berechtigt, dass uns Strom bald zugeteilt wird?

Wenn wir nicht in der Lage sind, das Netz auszubauen, dann wird es sicherlich so sein. Das ist eine große staatliche Aufgabe. Es ist deshalb für mich unverständlich, warum das Land den Netzbetreiber Transnet gerade jetzt zum Teil an die Sparkassen verkauft hat.

Für Schwörerhaus sind Sie also optimistisch, für unser Land jedoch weniger?

Wenn eines für mich sicher ist, dann, dass es wirtschaftlich in den nächsten Jahren deutlich holpriger laufen wird, als wir es von früher kennen.

Innovativ und bodenständig

Das 1950 von Hans Schwörer gegründete Familienunternehmen erwirtschaftet nach eigenen Angaben jährlich rund 330 Millionen Euro Umsatz und beschäftigt an sieben Standorten rund 1800 Mitarbeiter, davon 1500 am Stammsitz in Hohenstein–Oberstetten (Kreis Reutlingen). Seit den 1960er–Jahren baut Schwörer Fertighäuser in Holzständerbauweise.

1970 waren es erstmals über 100 Häuser im Jahr, heute sind es zwischen 700 und 1000. Johannes Schwörer (55) ist seit 1998 persönlich haftender Gesellschafter und seit 2001 Geschäftsführer der Schwörer–Haus KG mit Sitz in Hohenstein–Oberstetten. Der Jurist mit zweitem Staatsexamen ist passionierter Musiker und Sportler und war zudem von 2011 bis 2020 Präsident des Bundesverbands Deutscher Fertigbau e.V. (BDF).

Er ist verheiratet und hat vier Kinder. Schwörer entwickelte in den 1980er–Jahren die Wärmerückgewinnung — ein Belüftungssystem für Wohnhäuser, bei dem die Wärme in den Räumen erhalten bleibt. Das System wurde branchenweit übernommen.

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