Das Bitzer RÜB ist viel mehr als ein Wall aus Beton

Von Gudrun Stoll

Für fünf Gemeinden organisiert der Zweckverband Scher-Lauchert die Entsorgungdes Abwassers. In Bitz wurde er gegründet, hier hat er auch seinen Sitz.

Das Bitzer RÜB ist viel mehr als ein Wall aus Beton

Das Bitzer Regenüberlaufbecken unterhalb des Schützenhauses wurde 1966 erbaut und hat mit 8000 Kubikmetern gewaltige Ausmaße. Eine grundlegende Sanierung hat der Abwasserverband in die Wege geleitet. Den Vorsitz hat Bürgermeister Hubert Schiele.

Gegründet wurde der Verband im Mai 1964 in der Turnhalle Bitz in einer, man glaubt es in unserer ungeduldigen Zeit kaum, zehnstündigen gemeinsamen Sitzung der Gemeinderäte der damaligen Gemeinden Bitz, Harthausen, Benzingen, Veringenstadt und Veringendorf. Mit dem Sigmaringer Stadtteil Jungnau und der Kernstadt Hettingen sind zwei weitere Mitglieder hinzugekommen. Seit 1990 übernimmt der Verband auch die Abwasserreinigung des Ortsteils Hochberg der Gemeinde Bingen.

Stets auf der Höhe der Zeit

Über einen Zeitraum von 50 Jahren sei es gelungen, für fünf Gemeinden eine Abwasserentsorgung zu organisieren, die jeweils auf der Höhe der technischen Entwicklung gewesen sei, um die großen Herausforderungen im Wasserschutzgebiet und im Karstgebirge der Schwäbischen Alb mit vertretbaren Kosten zu meistern, schreibt der Bitzer Bürgermeister und Verbandsvorsitzende Hubert Schiele in der Chronik, die zum 50-jährigen Bestehen des Verbandes im Jahr 2014 erschienen ist.

18 Kilometer Sammler führen hinunter ins Tal

Die Zahlen beeindrucken: Das Verbandssammlernetz umfasst 31,4 Kilometer und neun Regenüberlaufbecken, der Bau von 18 Kilometer Sammler war notwendig, um allein das Abwasser der höchstgelegenen Verbandsgemeinde bis zur Kläranlage im Laucherttal zu leiten.

Kaum war die Kläranlage fertiggestellt, musste bereits eine Erweiterung geplant werden, weil die rasante Entwicklung des Bevölkerungswachstums und der Anstieg der gewerblichen Abwässer alle überraschten. Inzwischen ist kaum ein Jahr vergangen, in dem nicht in den Erhalt und die technische Aufrüstung der Anlagen und Sammler enorme Summen investiert wurden. Über die Jahre hinweg waren dies einige Millionen.

Auftragsvergabe im Minutentakt

Mitte März hielt der Verband seine jüngste Versammlung in der Festhalle in Veringenstadt ab. Dabei wurden der Bitzer Bürgermeister Hubert Schiele und sein Kollege Armin Christ aus Veringenstadt für weitere sechs Jahre in ihren Ämtern als Verbandsvorsitzender und Stellvertreter bestätigt.

In dieser Sitzung vergaben die Mitglieder per Handzeichen und im Minutentakt Modernisierungsaufträge in einer Größenordnung von über einer Million Euro. So fließen 336.697 Euro in die Betonsanierung des Regenüberlaufbeckens in Bitz. Lose und beschädigt Betonteile werden abgestemmt und die Leerlaufleitung mit offenen Halbschalen ersetzt. Im Anschluss erhält der Boden ein neues Profil und einen Oberflächenschutz. Den Auftrag erhielt die Firma Christ und Wagenseil aus Leutkirch. Das RÜB in Benzingen erhält ein Retentionsfilterbecken für die Nachreinigung des Klär- und Beckenüberlaufs. Planung und Ausschreibung wurden dem Ingenieurbüro Kovacic aus Sigmaringen übertragen. Die Baukosten sind mit 406.000 Euro veranschlagt, ein Zuschussantrag in Höhe von 216.000 Euro ist gestellt.

Behörde setzt Frist

Der Verband erfüllt mit dieser Baumaßnahme Vorgaben des Landratsamtes.

Die Behörde hat kreisweit die wasserrechtliche Erlaubnis für alle Regenüberlaufbecken befristet bis Ende 2025 erteilt. Das neue Becken in Benzingen muss im April 2025 in Betrieb gehen.

Das Büro Kovacic wird auch die Planung und Ausschreibung für die Erneuerung der Messtechnik an den RÜBs in Jungnau und Veringendorf in Angriff nehmen. Die Kostenschätzung beläuft sich auf 294.000 Euro.

Das Prinzip kurz erklärt

Wen das Prinzip der Ableitung interessiert: Der Sammler führt von Bitz aus nach Harthausen, anschließend nach Benzingen und von dort auf die Kläranlage. Veringenstadt ist über eine Stichleitung angeschlossen. Über weitere Arme docken Jungnau und Hochberg, der Weiler Blättringen sowie Hettingen und Hermentingen ans Verbandsnetz an.

Umwelt braucht Fürsorge

Ein Druck auf die Spülung und alles ist weg: Der Bitzer Bürgermeister warnt vor diesem fatalen Denkfehler. Medikamente und chemische Substanzen sollten nie über die Toilette entsorgt werden - aus Verantwortung für die Umwelt und das Trinkwasser. „Speisereste, Fette und Öle verkleben die Kanalisation, entwickeln Gerüche und locken Ratten an“, mahnt auch Kläranlagen-Leiter Christian Strigel zu mehr Achtsamkeit. Feuchte Tücher, Wattestäbchen und Windeln legen immer wieder Pumpen im Klärwerk lahm. Die Zeche für Reparaturen bezahlt der Bürger.

Blick in die Geschichte

Ein veritabler Umweltskandal wird zum Geburtshelfer des Zweckverbandes

Der Gründung des Abwasserverbandes ging ein, nach heutigen Maßstäben, veritabler Umweltskandal voraus. In der Chronik steht zu lesen: Die Gemeinde Bitz hatte zu Beginn der 1960er Jahre zwar eine mechanische Kläranlage, die aber die steigende Menge an Abwasser aus den Haushalten und der Industrie nicht ausreichend klären konnte. Auf der Albhochfläche gab es keinen Vorfluter, und so versickerten die Abwässer im Karst. Dies führte zur Verunreinigung des Grundwassers im Einzugsgebiet der Gallusquelle, aus der damals die Bitzer und weitere 30 000 Menschen ihr Trinkwasser bezogen.

Akute Gefahr für die Quelle

Ende 1962 bestand akute Gefahr für die Quelle und so musste unverzüglich gehandelt werden. 1969 wurde die Anlage eingeweiht. Sie war damals im weiten Umkreis die erste ihrer Art. Ihre Größe ist auch nach heutigen Maßstäben noch beachtlich. Dass die Bitzer sich damals entschieden, ihr Abwasser nicht ins nahe Ebingen abzuleiten, hatte finanzielle Gründe. Die Ableitung nach Veringendorf war günstiger zu bewerkstelligen. Da Benzingen und Harthausen vor einem ähnlichen Problem standen, wurde auf Druck des damaligen Regierungspräsidiums Südwürttemberg-Hohenzollern der Zweckverband gegründet, in den auch die Gemeinden Veringenstadt und Veringendorf eintraten. In Veringendorf wurde 1966 mit dem Bau der Kläranlage begonnen.

Suche nach dem Mittelweg

Aus technischen und wirtschaftlichen Gründen können Mischwasserkanalnetze nicht für alle auftretenden Regenereignisse und auch nicht für die Ableitung des gesamten Niederschlagswassers bemessen werden. Das würde zu so großen Rohrquerschnitten führen, dass diese unbezahlbar wären.