Abi-Start unter Corona-Bedingungen: So war‘s für die Schülerinnen und Schüler im Zollernalbkreis

Von Pascal Tonnemacher

Lüften, Abstand, Masken und Schnelltests: Der Abitur-Jahrgang 2021 ist am Dienstag unter Corona-Bedingungen in die Prüfungsphase gestartet. Schülerinnen und Schüler aus dem Zollernalbkreis berichten von der schriftlichen Deutschprüfung.

Abi-Start unter Corona-Bedingungen: So war‘s für die Schülerinnen und Schüler im Zollernalbkreis

Abistart unter Pandemiebedingungen: Eine Schülerin und ein Schüler am TG in Balingen sind in die schriftliche Deutsch-Prüfung vertieft.

Der erste Abi-Prüfungstag am Dienstag begann für manche der 710 angehenden Abiturientinnen und Abiturienten im Zollernalbkreis mit einem wahren Klassiker: Goethes Faust I.

Der Tragödie zweiter Teil waren die besonderen Regeln einer solchen schriftlichen Prüfung während einer Pandemie. Denn nicht alle Schülerinnen und Schüler, die unserer Redaktion von ihren Erfahrungen berichteten, waren rundum zufrieden mit den Umständen ihrer ersten Abiturprüfung.

Lüften ist Pflicht

Das beginnt beim Lüften. Denn die Prüfungsräume mussten regelmäßig gelüftet werden. „Das war etwas nervig, da es durch den starken Wind vielen die Blätter weggeweht hat“, erzählt Hannah Bodmer, die als 17-Jährige am Gymnasium in Meßstetten geprüft wird, exemplarisch für viele. „Aber ohne Lüften geht es leider nicht.“

Eine halbe Stunde bekamen die Schüler wegen der besonderen Umstände zusätzlich zur Verfügung. Bodmer meint, die wenigsten hätten die Zeit gebraucht und „die Texte und Themen waren wirklich human und sehr gut ausgewählt“. Andere nutzten jede Sekunde der Prüfungszeit aus.

Kritik an der Landesregierung

Kate Lynn Lohner, die an der Waldorfschule in Frommern ihr Abitur macht, nennt die Extrazeit „eine nette Geste, um öffentlich darzustellen, dass man sich bemüht“. Sie zieht alles in allem ein positives Fazit und lobt ihre Schule und Lehrer.

Doch sie kritisiert auch die Landesregierung: „Im Endeffekt hat man nichts verändert, um ein ‚Corona-gerechtes Abitur‘ zu gestalten, so wie es im Wahlkampf noch versprochen wurde.“

Ohne Maske wär‘s besser gewesen

Die Masken, so sagten die Schülerinnen und Schüler alle, seien nicht gerade förderlich für die Konzentration. Als Brillenträgerin ärgert sich Lohner nicht nur über anlaufende Gläser, sondern auch darüber, dass zuletzt doch eine Maskenpflicht für die Prüfung beschlossen worden sei. „Zwar wurden uns sogenannte Maskenpausen angeboten, aber bei uns gar nicht in Anspruch genommen“, erzählt Lohner.

Auch die 18-jährige Meßstetterin Sina Gscheidle, Schülerin am TG in Balingen, „hatte etwas Angst, die Maske so lange zu tragen“, kam dann aber klar damit.

Maskenpflicht auch für Getestete

Masken tragen mussten auch die negativ Getesteten, was kritisiert wurde. Vor der Prüfung konnten sich die Schüler nämlich freiwillig einen Schnelltest machen. Wer will, kann freiwillig am Nachtermin die Prüfung ablegen.

Wer positiv auf das Coronavirus getestet wurde, muss es. Angenommen haben das Testangebot dem Vernehmen nach deshalb nicht viele Schüler. Offizielle Zahlen gibt es bislang nicht, auch nicht zu positiv Getesteten.

Lennard Obert aus Schömberg berichtet, dass sie am Gymnasium in Balingen zwei Wochen lang in Selbstquarantäne gingen, um die Kontakte zu reduzieren. So müssten im Infektionsfall nicht alle in Quarantäne, sagt er.

PCR-Test kurzfristig möglich

Dort gingen sie ohnehin einen besonderen Weg. Denn am Vortag der Prüfung wird ein Schnelltest angeboten. Sollte dieser positiv ausfallen, könne das Ergebnis mittels PCR-Test noch überprüft werden. Falsch-positive Ergebnisse wären so ausgeschlossen, Schüler dürften doch noch mitschreiben, so die Idee, für die die stellvertretende Schulleiterin Jutta Heinle verantwortlich zeichnete.

„Dieses Konzept lässt sich nicht auf alle Schulen übertragen“, sagte Dr. Stefan Meißner, Sprecher des Regierungspräsidiums in Tübingen (RP). Das Labor müsse in der Nähe sein, Kapazitäten müssten freigehalten werden.

Die Aufgabe der Schulen war es folglich, die negativ Getesteten von den Ungetesteten zu trennen. Was bedeutet, dass doppelt so viele Räume und auch Aufsichtspersonen zur Verfügung stehen müssen.

Viel Mühe für die Schulen

Eine Trennung gilt auch für die Aufenthaltsräume und Toiletten, sagt RP-Sprecher Meißner. Dass die Rahmenbedingungen den Schulen viel Mühe gemacht hätten, bestätigt er. Generell sei der Tag störungsfrei verlaufen.

Auch wenn es bereits der zweite Corona-Jahrgang ist, war die Vorbereitung wegen des Homeschoolings nicht einfach, die Zeit sei zu knapp gewesen, berichten einige. Manche fühlen sich allein gelassen, die Anpassungen des Lernstoffs an die besondere Situation werden vereinzelt auch als Witz bezeichnet.

Die Gemeinschaft fehlt

Andere zeigen Verständnis und sind angesichts der Umstände dankbar. „Die Schule, aber auch die Lehrerschaft, sind stets bemüht, die Situation für uns angemessen zu gestalten“, lobt Emily-Rita Kraus (TG Balingen). „Allerdings fehlt einfache die Gemeinschaft mit der Stufe.“

Im Blick haben sie auch das Ende der Prüfungsphase: „Seit 12 Jahren fiebert man dem Abschluss entgegen, man freut sich auf das gemeinsame Feiern und den Abischerz plante man, in Gedanken, schon vor Jahren. Das alles entfällt dieses Jahr und das stimmt einen echt traurig“, fasst die 17-Jährige zusammen.

Kritik von anderen Geprüften

Nicht nur am Gymnasium wird geprüft: Tolga Bayrak (25) aus Albstadt macht eine Weiterbildung und betont den „immensen psychischen Aufwand“, der von Schülern aktuell betrieben werden müsse. Die Belastung sei ungleich höher als sonst – ganz ohne Ausgleich.

An der Berufsschule wurde schon am Montag Deutsch geprüft. Ein 21-jähriger Schüler aus Tailfingen kritisiert, dass die Situation der Schüler nicht ausreichend beachtet werde.

Regierung gibt Verantwortung ab

Er berichtet: „Eine Prüfung mit der Maske zu schreiben, ist eine große Herausforderung. Freiwillige Tests hat natürlich so gut wie keiner gemacht. Wer geht denn schon das Risiko ein? Man merkt, wie sich die Regierung der Verantwortung entzieht und diese an die Prüflinge abgibt, die aufgrund der Pandemie im Hinblick auf die Prüfungsvorbereitung und ausgefallenen Unterricht schon so genug gelitten haben.“