Fussball

Dank Akkaya-Hattrick: TSG Balingen feiert historischen 4:0-Sieg gegen Schott Mainz

15.12.2020

Von Marcel Schlegel

Dank Akkaya-Hattrick: TSG Balingen feiert historischen 4:0-Sieg gegen Schott Mainz

© Herl

Kaan Akkaya erzielte drei Tore in Durchgang eins.

Die TSG Balingen hat im ersten Geisterspiel der Vereinsgeschichte ihren bisher höchsten Viertliga-Erfolg gefeiert. Am Dienstagabend gewannen die Kreisstädter gegen Schott Mainz mit 4:0 (3:0).

Wie hellhörig ein Stadion sein kann, merkt man erst, wenn darin ein Fußballspiel läuft, aber Tribünengäste nicht zugelassen sind. Denn wenn die Ränge leer bleiben müssen und die Zwischentöne einer Zuschauerkulisse ausfallen, dann hört man jedes Wort, das auf dem Feld gesprochen wird.

Sascha Meeth indes wollte, dass das auch gehört wird, was er gestern Abend kurz nach Anpfiff vom Spielfeldrand der verwaisten Balinger Bizerba-Arena aus in Richtung seiner Jungs rief. Der Trainer des TSV Schott Mainz wollte seine Regionalliga-Spieler wachrütteln. „Wozu halte ich eigentlich eine Ansprache“, schrie Meeth wütend in Richtung Spielfeld, wo seine Spieler gar schüchtern auf den Rasen blickten.

Kaan Akkaya früh erfolgreich

Es waren Reaktionen auf die frühe Führung der TSG Balingen, die Kaan Akkaya schon in der 2. Minute per Abstauber erzielte. Meeths Versuch, seinen Spielern verbal die Schläfrigkeit der Anfangssekunden zu rauben, scheiterte jedoch. Denn keine drei Minuten später legte die gastgebende TSG das 2:0 (5.) nach – wieder war es Akkaya gewesen, wieder verwertete der 25-Jährige einen zweiten Ball im halb verwaisten Tor des Aufsteigers.

Nach fünf Minuten war das erste Geisterspiel im Balinger Stadion überhaupt entschieden. Es sollte auch in anderer Hinsicht ein historischer „Dreier“ werden, nämlich der höchste Sieg der TSG in ihrer Regionalliga-Geschichte.

Das sagt Akkaya zu seinen Toren.

Akkaya, der sich, wie er später erzählte, extra fürs erste Heimspiel seit Ende Oktober neue Schuhe besorgte, sollte rund zehn Minuten vor der Pause seinen lupenreinen Hattrick perfekt machen – womöglich waren es also Zauberschuhe. Jedenfalls sorgte der Treffer des Balinger Flügelspielers zum 3:0 in der 36. Minute einem Muster, das den Zuschauern am Online-Livestream schon von den ersten beiden Toren bekannt vorgekommen sein dürfte. Der übrigens wurde kommentiert vom U23-Spielleiter Nicco Walter und dem derzeit verletzten Spieler Tom Schiffel.

Felix Heim bereitet drei Mal vor

Bei allen drei Treffern hatte Felix Heim die Vorarbeit geleistet. Und alle drei Balinger Tore hätte der 19-Jährige auch selbst erzielen können. Heim, agil, tempostark, doch vor dem Tor fahrlässig, scheiterte jedoch jedes Mal an TSV-Keeper Tim Hansen. Und Akkaya staubte drei Mal ab – eine Qualität, die die erneut stark ersatzgeschwächte TSG am Samstag bei der unglücklichen 2:3-Last-Minute-Niederlage in Koblenz noch hatte vermissen lassen. Da hatte Heim bei seinem Startelf-Debüt übrigens noch getroffen.

Akkayas Chronik nun: Beim 1:0 hatte Heim im Strafraum seinen Gegenspieler mit einer Finte vernascht, abgezogen und Akkaya lief in den Abpraller des Mainzer Torwarts; beim 2:0 war der früher Stuttgarter, den TSG-Coach Martin Braun wie schon am Samstag in Koblenz, neben Simon Klostermann von Anfang an im Sturm brachte, an die Grundlinie durchgangen, wieder warf sich Hansen in drei Schüsse der Braun-Elf, doch aus der zweiten Reihe des Strafraums lupfte Akkaya das Leder gefühlvoll über den Schott-Torspieler hinweg; und beim 3:0 hatte Heim nach einem Konter im direkten Duell in Hansen seinen Meister gefunden, leitete den zweiten Ball aber zu Akkaya weiter – und der, genau, staubte ab. Selten war es so leicht, zwei Matchwinner zu bestimmen.

Auch die nächste Kabinenansprache verpufft

Schon zuvor und auch danach hatten die Balinger, bei denen zahlreiche Leistungsträger verletzt ausfielen, beste Chancen ausgelassen: Marc Pettenkofer setzte seinen Lob mutterseelenallein vor dem zu weit vor seinem Tor stehenden Hansen zu hoch an (21.) und Heim versemmelte wieder eine Eins-gegen-Eins-Situation (42.). Kurz vor Schluss hatte Kapitän Matthias Schmitz noch eine gute Kopfballchance (88.).

Vom Aufsteiger aus Mainz kam gar nichts. Und direkt nach Wiederbeginn schickte Lukas Foelsch per Steilpass Klostermann auf die Reise, der Gäste-Keeper Hansen keine Chance ließ und zum 4:0 einnetzte (46.). Keine 60 Sekunden waren da auf dem nassen Naturrasen in Balingen im zweiten Durchgang gespielt. Auch Meeths Kabinenansprache in der Pause verfehlte also ihre Wirkung. Ganz offensichtlich.

TSG Balingen: Hauser; Kurth, Schmitz, Vogler, Müller, Vochatzer (84. Cabraja), Foelsch, Pettenkofer, Akkaya (87. Seemann), Klostermann (72. Kölsch), Heim.

Tore: 1:0, 2:0, 3:0 Akkaya (2., 5., 36.), 4:0 Klostermann (46.).

Schiedsrichter: Felix Ehing (Engen).

Die Stimmen zum Spiel

Sascha Meeth wollte gestern gar nicht viel zum Spiel sagen – weil es dazu auch keine zwei Meinungen gab. „Der Balinger Sieg geht auch in dieser Höhe in Ordnung“, sagte der Trainer vom TSV Schott Mainz nach der 0:4-Niederlage des Regionalliga-Aufsteigers bei der TSG Balingen. Meeth wollte lieber etwas zur Saisonfortsetzung im Dezember sagen, die arg umstritten war und gegen die sich sowohl die Mainzer wie auch die Balinger ausgesprochen hatten. „Wir fahren jetzt heim, morgen um 7 Uhr gehen wir wieder arbeiten und versuchen danach irgendwie weiter zu machen“, so Meeth. „Und wenn es irgendwann halt nicht mehr geht, dann lassen wir es einfach. Dass wir trotz dieser gesellschaftlichen Ausnahmesituation mit der Corona-Pandemie nun Fußball spielen, ist ein Wahnsinn“, übte der Mainzer Kritik an der geschäftsführenden Regionalliga Südwest GbR, die nach dem politischen „Go“ und nach einem spiel- und teils trainingsfreien November direkt vier Spiele in zehn Tagen ansetzte. „Die Regionalliga hat es geschafft, uns zu killen.“

Martin Braun nun beteuerte, dass er den Frust seines Kollegens ob der politischen wie sportlichen Situation nachvollziehen könne, wandte sich dann aber dem Sportlichen zu. Die frühen Tore im ersten wie zweiten Durchgang hätten der TSG Balingen in die Karten gespielt, so deren Trainer. „Ich freue mich, dass wir nicht nachlässig wurden, sondern auch nach dem 3:0 zur Pause weiter drangeblieben sind. Heute hatten wir das Glück, das wir in Koblenz nicht hatten.“ Und dieses wünsche er nun auch Sascha Meeth für die kommenden Spielen. „Wir wollten nach der unglücklichen 2:3-Niederlage in Koblenz eine Reaktion zeigen“, sagte TSG-Kapitän Matthias Schmitz. „Das ist und eindrucksvoll gelungen. Eine Niederlage gegen einen direkten Konkurrenten wäre schmerzhaft gewesen. Ein Sieg dagegen gibt immer Selbstvertrauen und ein hoher Sieg verleiht Schub“, so der Verteidiger weiter. „Und den können wir bei den kommenden Gegner gut gebrauchen.“

Am Samstag (14 Uhr) erwartet die TSG den FSV Frankfurt.
Der ZAK bietet einen kostenlosen Liveticker an.
Bei der TSG kann man das Spiel für 5 EUR im Livestream verfolgen.

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