Dämpfer in der Euphorie: Grüne-Kandidat ist dieses Mal in Albstadt nicht der Stimmenkönig

Von Dagmar Stuhrmann und Holger Much

Entgegen dem Landestrend, bei dem die Grünen am Sonntag die stärkste Partei waren und die CDU nach 2016 wieder bittere Verluste erlebte, kürten die Albstädter die CDU-Kandidatin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut zur Stimmenkönigin. Sie holte in Albstadt 30,21 Prozent der Stimmen. Grünen-Kandidat Erwin Feucht landete mit 27,38 Prozent auf Platz zwei. Bei der Wahl vor fünf Jahren sah das noch genau umgekehrt aus: 2016 fuhr Erwin Feucht in Albstadt stolze 31 Prozent ein, Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut musste sich damals in Albstadt mit 25,3 Prozent der Stimmen zufrieden geben.

Dämpfer in der Euphorie: Grüne-Kandidat ist dieses Mal in Albstadt nicht der Stimmenkönig

Die Landtagswahl 2021 in Albstadt: Es gab die eine oder andere Überraschung.

Trotz des herben Verlusts beim Landesergebnis sehen die Christdemokraten durchaus Erfreuliches beim Albstadt-Ergebnis: Dass es in Albstadt gelungen sei, den Rückstand auf die Grünen von 6 Prozent vor fünf Jahren aufzuholen und diese zu überholen, sieht Roland Tralmer, Vorsitzender des CDU-Stadtverbands Albstadt, auch als Bestätigung für die Partei vor Ort. In Albstadt habe man entgegen dem Landestrend um fast 5 Prozent hinzugewonnen.

Schlappe darf man nicht schönreden

Das Wahlergebnis insgesamt, so kommentiert Roland Tralmer, sei hingegen eine „schwere landespolitische Schlappe, die nicht schöngeredet werden dürfe“. Der Lichtblick des Abends sei, dass es gelungen sei, das Direktmandat von Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut im Wahlkreis Balingen zu verteidigen, sagt der Albstädter CDU-Stadtverbandschef. Das zeige, dass die Union im Zollernalbkreis noch in der ersten Liga spiele und personell und inhaltlich überzeugen könne.

Gemischtwarenladen aus Anti-CDU-Argumenten

In den vergangenen Wochen habe sich im Vorfeld der Landtagswahl vom Bund bis zum Land ein „bunter Gemischtwarenladen aus Anti-CDU-Argumenten aufgetan, dem die Partei nicht in geeigneter Weise entgegen getreten sei – von der widersprüchlichen Coronapolitik über mangelnde Erkennbarkeit der politischen Inhalte der Union bis zum krönenden Sahnehäubchen der Maskenaffäre“, so Tralmer. Darüber hinaus sei es offensichtlich auch personell nicht gelungen, die Spitzenkandidatin der CDU als zukunftsfähige Alternative gegen den amtierenden Ministerpräsidenten zu etablieren.

Tralmer: CDU in politischem Wachkoma

Mit diesem Ergebnis, meint Roland Tralmer, befinde sich die CDU auf Landesebene im „politischen Wachkoma“ und sei in ihrer Rolle als Volkspartei in Frage gestellt. Keineswegs sei es ausreichend, das Ergebnis allein auf die Popularität des Ministerpräsidenten zurückzuführen. Das Wahlergebnis im Land müsse als Anlass genommen werden, nunmehr einen klaren Neuanfang in inhaltlicher, personeller und organisatorischer Hinsicht im Land zu wagen. Es müsse wieder deutlich werden, welche konkreten politischen Inhalte die Union vertrete – insbesondere auch in klarer Abgrenzung zum grünen Wahlgewinner.

Kein Grund zur Freude bei der SPD

Keinen Grund zur Freude haben die Sozialdemokraten. Mit den 8,06 Prozent, die sie in Albstadt auf sich und ihre Partei verbuchen konnte, ist Annegret Lang, die für die SPD im Wahlkreis Balingen antrat, freilich nicht zufrieden. Nicht einmal das schlechte Ergebnis von 2016, als die SPD mit Angela Godawa als Kandidatin angetreten war – sie holte vor fünf Jahren enttäuschende 10,4 Prozent der Stimmen in Albstadt –, konnte Annegret Lang am Sonntag verteidigen. Im Kreis lag die SPD im Jahre 2016 bei 9,9 Prozent – dieses Mal lediglich bei 7,8 Prozent. Da blickt vermutlich manch SPD-Anhäner wehmütig zurück in die Vergangenheit: 2011 war es mit Kandidat Hans-Martin Haller noch gelungen, 23,9 Prozent im Wahlkreis und 30,7 Prozent in Albstadt aufs SPD-Stimmenkonto zu verbuchen. Und übrigens: Die CDU kam 2011 in Albstadt auf 43 Prozent.

FDP legt leicht zu

Die FDP hat in Albstadt ein wenig zulegen können. Auf Dirk Egger entfielen am Sonntag 10,34 Prozent der Stimmen, 2016 kam er auf 9,4 Prozent. 10,0 Prozent sind‘s dieses Mal im Wahlkreis – das ist ein deutliches Plus. 8,1 Prozent holte Dirk Egger 2016 im Wahlkreis, und damit hatte er vor fünf Jahren das Ergebnis von 2011 (4,4 Prozent) fast verdoppelt.

Für AfD geht‘s bergab

Für die AfD hingegen ging es in Albstadt deutlich bergab: 18,7 Prozent der Stimmen heimste Kandidat Herre 2016 für die AfD in Albstadt ein und 18,1 im Kreis. Dieses Mal kam die AfD mit Kandidat Hörner in Albstadt auf 13,19 Prozent, im Wahlkreis insgesamt auf 12,2 Prozent.

Wahlbeteiligung rückläufig

Die Wahlbeteiligung betrug dieses Mal in Albstadt 54,68 Prozent. Vielleicht lag‘s am plötzlichen Wintereinbruch, der dem einen oder anderen den Gang zur Urne vermiest haben mag: 2016 jedenfalls gaben in Albstadt 62,7 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Erwartungsgemäß war auch in Albstadt der Briefwahlanteil hoch. 2016, so Sarah Braun, die Pressesprecherin der Stadt Albstadt, waren es 13 Prozent Briefwähler. In diesem Jahr waren es mehr als doppelt so viel. Es habe wohl auch zur entspannten Lage in und um die Wahllokale beigetragen, ergänzt die Rathaussprecherin am Wahlabend, dass die Albstädter Wähler zu einem hohen Prozentsatz per Brief gewählt haben, womit Albstadt im Trend liegt.

Alles nach Plan abgelaufen

„Keine besonderen Vorkommnisse“, so freute sich Albstadts Pressesprecherin Sarah Braun auf unsere Anfrage hin, habe es in Albstadt am Tag der Wahl gegeben. In den über alle Stadtteile verteilten Wahllokalen hätten sich alle Bürger vorbildlich verhalten. „Alle haben stets ihre Masken getragen“, berichtet Sarah Braun, die sich diesbezüglich bei den Wahlteams erkundigt hatte. Auch die Abstände wurden problemlos eingehalten. Und wenn es im Wahllokal mal zu voll war, warteten die Leute auch gern draußen.

Sicherheitskräfte bei den Wahllokalen

An jedem Wahllokal achtete eine Sicherheitskraft zudem darauf, dass alles vorschriftsmäßig lief und sich die Wähler vor Betreten des Wahlraumes die Hände desinfizierten. „Der Ablauf des Wahltages spiegelte somit ziemlich genau die Erfahrungen wieder“, so Braun, „die wir in den vergangenen Wochen auch im Rathaus selbst machen durften, nämlich dass sich die Leute wirklich gern an die Vorgaben halten und sie auch einsehen“.