Rosenfeld/Tübingen

Curevac-Studienleiter rechnet mit Zulassung des Tübinger Impfstoffs in zwei bis drei Wochen

25.04.2021

Von Bettina Stehle

Curevac-Studienleiter rechnet mit Zulassung des Tübinger Impfstoffs in zwei bis drei Wochen

© Michael Latz

Professor Kremser macht Hoffnung, dass der Curevac-Impfstoff in drei bis vier Wochen zugelassen wird.

Die Nachfrage nach Impfstoff gegen eine Covid-19- Erkrankung ist weiterhin viel höher als das Vorhandensein desselben. Deshalb wartet man auch gespannt darauf, wann der Impfstoff des Tübinger Biotechunternehmens Curevac die Zulassung bekommt. Der SPD-Politiker Karl Lauterbach hat dieser Tage die deutsche Notzulassung gefordert. Dr. Peter Kremsner aus Heiligenzimmern, Professor für Tropenmedizin, Reisemedizin und Parasitologie und Direktor des Instituts für Tropenmedizin am Universitätsklinikum Tübingen, leitet die Zulassungsstudie. Er hat unsere Fragen beantwortet.

Wann rechnen Sie mit einer Zulassung des Curevac-Impfstoffes?

Dr. Peter Kremser: Wenn alles bestens geht, dann in zwei bis drei Wochen. Wenn es am allerschlechtesten läuft, wird es nie eine Zulassung geben (räumt er sarkastisch ein). Es sprechen jedoch keinerlei Anzeichen dafür, dass es zu keiner Zulassung kommt.

Wenn die Zulassung da ist, was können Sie zur Sicherheit des Impfstoffes sagen?

Unsere Studie umfasst mittlerweile 40.000 Probanden in zehn Ländern Europas und Mittel- und Südamerikas. Das heißt, dass wir schon sehr viele Daten besitzen und ausgewertet haben. Ich kann jetzt schon beurteilen, dass die Sicherheit und Verträglichkeit unseres Impfstoffes mit den bisher zugelassenen Impfstoffen gut konkurrieren kann.

Gab es in der Studie schon Auffälligkeiten über Blutgerinnsel wie bei Astrazeneca?

Bisher haben wir das nicht festgestellt. Die Nebenwirkungen des Impfstoffes lagen im Erwartungsbereich, so dass ich keine Sicherheitsbedenken habe. Es gibt aber auch nach anderen mRNA-Impfstoffen Gerinnselbildung. Solche sehr seltenen Fälle werden viel zu sehr aufgebauscht und ich kann diese Aufregung und die übertriebenen Sicherheitsbedenken nicht nachvollziehen. Ich finde es sehr enttäuschend, was deswegen in Deutschland vor sich geht. Die Häufigkeit nach einer Covid-19- Impfung zu sterben, liegt bei etwa 1 zu einer Million, also etwa vergleichbar mit einem Flugzeugabsturz. Auch beim Impfstoff von Astrazeneca ist dieses Risiko nicht höher. Man kann in die europäische Arzneimittelagentur (EMA), die die Impfstoffe zulässt, großes Vertrauen setzen.

Können Sie eine Aussage dazu machen, wie lange der Impfstoff wirkt?

Eine profunde Aussage ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Da unser Wirkstoff jedoch demjenigen von Biontech sehr ähnlich ist, nehmen wir an, dass die Wirksamkeit mindestens sechs Monate vorhält, wahrscheinlich aber länger.

Können Geimpfte andere mit dem Corona-Virus noch anstecken?

Grundsätzlich ist dies noch möglich, aber unwahrscheinlich.

Als wissenschaftlicher Begleiter des Tübinger Modells stehen Sie für eine breite Impf- und Teststrategie. Wie sehen Sie das vorläufige Aus des Tübinger Modells?

Ich finde das sehr bedauerlich und kann die aktuellen politischen Entscheidungen nicht nachvollziehen. Wir kommen gegen die Pandemie nur an, wenn wir impfen und solange die Herdenimmunität noch nicht greift, wenn wir parallel testen, testen, testen. Deutschland hinkt beim Testen sehr hinterher im Vergleich zu den Nachbarländern. Würden wir ausreichend impfen und testen, könnte man vieles, vom Theater bis zum Sport wieder öffnen. Im Freien ist die Ansteckungsgefahr sowieso kaum vorhanden.

Seit Mitte November leben wir in einem Lockdown „light“ und trotzdem geht der Inzidenzwert nicht zurück. Warum?

Zum einen ist die Bezeichnung „Inzidenz“ streng gesehen falsch. Richtig müsste es heißen „Annäherung zum Infektionsgeschehen“. Aussagekräftiger wären andere Indikatoren. So wäre die Testpositivrate, also der Anteil der positiv Getesteten an der Gesamtzahl der Getesteten, aussagekräftiger. Und als zweiter Indikator wäre die Belegrate von Covid-19-Erkrankten in den Krankenhäusern besser.

Zum Schluss noch zwei private Fragen, Professor Kremsner: Was machen Sie beruflich, wenn die Studie beendet ist?

Ich werde mich wieder mehr auf andere Projekte und vor allem wieder Malariastudien fokussieren, die ich aber auch jetzt nicht aus den Augen verliere, leider aber etwas zurücksetzen musste.

Und auf was freuen Sie sich am meisten, wenn wir in die Normalität zurückkehren?

Ich freue mich schon wieder darauf, mit meiner Familie in unsere Lieblingslokale zum Essen zu gehen, wie zum Beispiel in den Adler in Ratshausen oder ins Schloss in Haigerloch, Opernbesuche in Stuttgart und Wien mit meiner Liebsten wären an der Zeit und ein Stadionbesuch bei Rapid Wien mit meinem Papa und meinen Söhnen.

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