Corona-Krise zehrt an den Nerven: Balinger Künstleragent blickt sorgenvoll auf die nächste Zeit

Von Pressemitteilung

Vier Schwaben von der Schwäbischen Alb und aus Oberschwaben haben sich in dieser Woche auf den Weg gemacht, um den Berlinern den schwäbischen Dialekt und die liebenswürdigen Eigenheiten der Baden-Württemberger näherzubringen. Die Schwabennacht bei den „Wühlmäusen“ stellte für die Kächeles, Link Michel und Wolfgang Heyer eine besondere Erfahrung dar – nicht nur wegen der Corona-Krise. Der Ärger und die Enttäuschung über die gegenwärtige Situation ist groß.

Corona-Krise zehrt an den Nerven: Balinger Künstleragent blickt sorgenvoll auf die nächste Zeit

Gastierten bei den „Wühlmäusen“ in Berlin: die schwäbischen Künstler Link Michl, die Kächeles und Wolfgang Heyer (von links).

Der Auftritt bei den „Wühlmäusen“ in Berlin stellte für sie alle einen Höhepunkt ihrer Bühnenkarrieren dar. „Alles, was Rang und Namen hat, ist dort einmal aufgetreten, das zeigt der Blick in die Ahnengalerie. Da kann man fast ein bisschen ehrfürchtig werden. Daher war es eine große Ehre“, erklärt Michel Link.

Das bestätigt auch Ute Landenberger, die höchst amüsant als Käthe Kächele in die Rolle einer schwäbischen Ehefrau schlüpft: „Die Wühlmäuse wurden von Dieter Hallervorden gegründet und er ist ja schon eine Institution des Humors. Für uns war das etwas ganz Besonderes.“

Einer der vorerst letzten Auftritte

Besonders war der Abend auch, weil es einer der vorerst letzten Auftritt der schwäbischen Comedians war. Der Grund ist hinlänglich bekannt: Corona. Die Krise und die damit verbundenen Regelungen haben für reihenweise Veranstaltungsabsagen geführt und so blicken die Künstler einem tristen Winter entgegen.

„Einerseits stellt das ein finanzielles Problem dar“, sagt der hauptberufliche Künstler Michel Link und ergänzt: „Erst freut man sich, dass es wieder losgeht, dann ist man enttäuscht, wenn es kurzfristig wieder abgesagt wird. Das ist ein ständiges Auf und Ab.“

Neben den Umsatzeinbußen wird den Künstlern zudem die Freude genommen, wie in einer Pressemitteilung des Balinger Künstleragenten Marc Michl steht. „Das ist unser Leben und tut unserer Seele gut“, sind sich die vier Schwaben einig.

Herr Kächele sieht den einzigen Ausweg im Impfen

Michael Willkommen, auch bekannt als Karl-Eugen Kächele, sieht die Lösung für die andauernde Misere in der Kultur- und Veranstaltungsbranche im Impfen. „Da müsste die Politik mal konsequent sein und eine Impfpflicht für alle einführen, damit das andauernde Hin- und Hergeschiebe endlich ein Ende hat.“

Und wer sich nicht impfen lassen möchte, müsste eben mit den Konsequenzen leben.

Die Situation sorgt bei den Künstlern für Enttäuschung und Ärger gleichermaßen. Sie können es nicht nachvollziehen, dass die Politik die vergangenen Wochen und Monate scheinbar verschlafen zu haben scheint, machen sie ihrem Ärger Luft.

„Sie haben sich einfach nicht darum gekümmert und nun baden es wieder die gleichen Leute aus – und zwar mit einem Handwisch. Das macht mich wahnsinnig“, so Ute Landenberger.

Ute Landenberger: Entwicklung ist absehbar gewesen

Die Entwicklung sei absehbar gewesen und nun sei es zu spät. Die Albstädterin ärgert sich dabei besonders über die Begründung der Verantwortlichen, die sich immer auf das „allgemeine Wohl der Bürger“ berufen und dabei aus den Augen verlieren würden, dass auch Künstler, Gastronomiebetreiber oder Weihnachtsmarktbeschicker zu den Bürgern gehören und nun im Regen stehen gelassen werden.

„Durch deren Unvermögen ist bei uns allen großer Schaden entstanden.“ Und nicht zuletzt werde der ganzen Bevölkerung durch die Überreglementierung ein wichtiges Lebenselexier genommen: „Ja, es braucht Sicherheit, aber es braucht auch ein bisschen Spaß und ein bisschen Geselligkeit. Das Zwischenmenschliche wird einfach vernichtet.“

Missstände in der Pflege

Zudem kreidet Landenberger der Politik die Tatenlosigkeit im Bereich der Pflege an. Seit der Pandemie arbeitet die ausgebildete medizinische Fachangestellte wieder und zwar in einer Corona-Schwerpunkt-Praxis. „In der Pflege gibt es seit Jahren einen Missstand. Aber es war nie erkennbar, dass man etwas für das Pflegepersonal getan hätte – weder vor noch nach Corona.“

Die Situation nagt an den Nerven der Künstler und der gesamten Branche. „Es wird einem die Perspektive genommen“, sagt Marc Michl, Leiter der Balinger Künstleragentur Siedepunkt, der seit zehn Jahren Veranstaltungen organisiert.

Sorgenvoll blickt er auf die bevorstehende Zeit. „Es ist einfach nicht klar, wann man wieder Veranstaltungen durchführen darf. Wir steuern wieder auf ein Auftragsloch zu. Bis es dann wieder losgehen kann, vergeht weitere Zeit, weil wir einen großen Vorlauf für die Veranstaltungen haben.“

Hoffen auf möglichst kurze Veranstaltungspause

Michl hofft auf eine möglichst kurze Veranstaltungspause und forderte konkrete Vorschläge der Verantwortungsträger ein. Anders sei eine Aussicht auf Normalität nicht zu gewährleisten. Dass den Künstlern von mancher Seite Unverständnis entgegenschlägt, in dieser Zeit überhaupt aufzutreten und die Reise nach Berlin anzutreten, lässt die Schwaben ratlos mit dem Kopf schütteln.

„Man muss sich rechtfertigen für seinen Beruf. Das kann doch nicht wahr sein“, erklärt Marc Michl. Und so haben sich die schwäbischen Comedians doppelt über den lautstarken Applaus in der Hauptstadt gefreut.

Schwaben haben in der Hauptstadt keinen leichten Stand

Denn die Schwaben haben in Berlin bekanntlich keinen leichten Stand. Treffen Hauptstädtler und Dorfkinder aufeinander, so sind es nicht nur dialektale Verständnisprobleme, die zu teilweise humoristischen, teilweise hitzigen Situationen und Diskussionen führen.

Und so haben sich die schwäbischen Künstler am Montag in die Hauptstadt gewagt, einen Comedy-Mix-Abend präsentiert und wurden dabei sogar mit lautstarkem Applaus bedacht.

Etliche Zuschauer, darunter auch einige Berliner, unterhielten sich nach der Veranstaltung angeregt über das Gehörte und tauschten ihre Lieblingswörter auf Schwäbisch aus. Selbst die Berliner hatten plötzlich Freude am typisch schwäbischen „sch“ und beeindruckten mit zungenfertigem „bisch, hosch und gell“, wie Wolfgang Heyer erfreut feststellte.