Hechingen

Bus- und Bahnausfälle auf der Zollernalb – Streik am Mittwoch trifft auch Schulbusse

25.04.2023

Von Olga Haug

Bus- und Bahnausfälle auf der Zollernalb – Streik am Mittwoch trifft auch Schulbusse

© Rüdiger Wysotzki

Dieses Bild könnte am Mittwoch ausbleiben: Verdi ruft zu Warnstreiks im öffentlichen Nahverkehr auf.

Die Gewerkschaft Verdi ruft Beschäftigte im öffentlichen Nahverkehr auf, am Mittwoch die Arbeit niederzulegen – am Freitag wird neu verhandelt.

Am Mittwoch wird im öffentlichen Nahverkehr gestreikt. Das betrifft hier vor allem die Hohenzollerische Landesbahn. Es ist mit Ausfällen sowohl im Bus- als auch im Bahnverkehr zu rechnen. Das könnte auch Schulbusse betreffen. Die Gewerkschaft Verdi hat Beschäftigte der SWEG (Südwestdeutsche Landesverkehrs-GmbH) in ganz Baden-Württemberg dazu aufgerufen, ihre Arbeit niederzulegen. In einer Pressemitteilung schreibt die Gewerkschaft, dass für den ersten Warnstreik ganztägige Aktionen in vielen Betriebsteilen geplant sind.

Betriebe in Hechingen und Gammertingen sind wohl betroffen

Dazu zählen auch die Standorte Gammertingen und Hechingen. Verdi geht davon aus, dass es im Busverkehr in den Landkreisen Zollernalb, Sigmaringen, Reutlingen und Tübingen zu Beeinträchtigungen kommen kann. Außerdem wird es im Schienenpersonennahverkehr in Netz 8, Netz 12, Netz 14 und Netz 15 Beeinträchtigungen geben. Die Gegenseite, die SWEG, reagiert mit völligem Unverständnis auf die Warnstreiks. Hintergrund des Tarifkonflikts ist der seit Ende März 2023 abgelaufene aktuelle Eisenbahn-Tarifvertrags (ETV). Darüber befindet sich Verdi derzeit in Tarifverhandlungen mit dem Arbeitgeberverband Deutsche Eisenbahnen (AGVDE).

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„Die Arbeitgeberseite hat ein mehr als verhandlungsfähiges Angebot vorgelegt“, wird Tobias Harms, Vorsitzender der SWEG-Geschäftsführung, in einer Pressemitteilung zitiert. Das Angebot orientiere sich am Tarifabschluss des Öffentlichen Dienstes. „Verdi reagiert hier reflexhaft mit Arbeitskampfmaßnahmen – nur um des Streiks willen“, so Harms und ergänzt: „Die Leidtragenden sind bedauerlicherweise unsere Fahrgäste. Hier wird seitens Verdi eine Chance vertan, der Öffentlichkeit zu beweisen, dass Tarifverhandlungen auch still und schnell durchgeführt werden können.“

Verdi: „Erste Verhandlungsrunde war ergebnislos“

Die Gewerkschaft hält dagegen: Die erste Verhandlungsrunde am 17. April sei ergebnislos gewesen, deshalb nu der bundesweite Streikaufruf. Verdi fordert für die Beschäftigten eine Erhöhung der Löhne und Gehälter um 550 Euro monatlich bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Auszubildendenvergütung soll um 250 Euro steigen. Das Angebot der Arbeitgeberseite sehe hingegen eine Laufzeit von 28 Monaten und eine Tabellenerhöhung erst ab Mitte 2024 um 150 Euro und 4,8 Prozent vor, teilt Verdi in ihrer Pressemitteilung mit. In 2023 bieten die Arbeitgeber die Zahlung einer steuerfreien Sonderzahlung in Höhe von 1080 Euro und zwölf monatliche Einmalzahlungen von 160 Euro an.

„Einkommen der Beschäftigten reicht nicht mehr“

Jan Bleckert, Verdi Baden-Württemberg, erklärt den Grund für die Warnstreiks: „Die Beschäftigten der SWEG Südwestdeutsche Landesverkehrs GmbH bringen Tag für Tag und Monat für Monat Fahrgäste und Güter klimafreundlich und zuverlässig an ihr Ziel. Ihr Einkommen reicht nicht mehr für jeden Tag. Mit diesem ersten Warnstreik wollen wir ein deutlich verbessertes Angebot erreichen, um diese Tarifrunde schnell beenden zu können. Davon würden beide Seiten profitieren.“

SWEG kritisiert Streik-Zeitpunkt wegen Abiturprüfungen

Die SWEG sieht vor allem den Zeitpunkt der Streiks kritisch: Am Mittwoch stehen weitere Abiturprüfungen an. „Die SWEG wird alles unternehmen, um die Auswirkungen des Streiks für ihre Fahrgäste so gering wie möglich zu halten.“ Jedoch wird im Streikzeitraum an manchen Standorten der Verkehr unter Umständen vollständig eingestellt bleiben müssen. Eine Ersatzbeförderung für die Fahrgäste sei „leider nicht möglich“. Die SWEG bittet betroffene Fahrgäste daher, „auf andere Verkehrsunternehmen und Verkehrsmittel auszuweichen oder den Fahrtwunsch zu verschieben“, schreibt die Arbeitgeberseite in ihrer Mitteilung.

Auch in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Bayern sind Streiks geplant, schreibt Verdi weiter. Die nächste Verhandlungsrunde ist am Freitag, 28. April, geplant.

Zwei Gewerkschaften, zwei Streiks, doppelt so viele Zugausfälle

Bereits Anfang April wurde gestreikt. Warum nun schon wieder? Benjamin Stein, Verdi-Bezirksgeschäftsführer Fils-Neckar-Alb, erklärt, dass der Warnstreik am Mittwoch nichts mit dem vor wenigen Wochen zu tun habe. Damals hatte die GDL gestreikt. Am Mittwoch streikt Verdi.

Das Problem: Innerhalb der Südwestdeutschen Landesverkehrs-GmbH (SWEG), zu der auch die Hohenzollerische Landesbahn gehört, gelten zwei unterschiedliche Tarifverträge. Einmal die Verträge der GDL (Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer) und die Tarifverträge der Gewerkschaft Verdi. Das hängt damit zusammen, dass die SWEG Ende 2021 die finanziell angeschlagene Abellio Rail Baden-Württemberg (ein Tochterunternehmen der niederländischen Staatsbahnen) übernommen hatte, deren Lokführer über die GDL-Tarifverträge angestellt sind.

Die Warnstreiks am Mittwoch sind Teil der aktuellen Verdi-Tarifrunde. Die letzte Lohnrunde war im April vergangenen Jahres, bei der es zu einem Abschluss kam, der für 12 Monate galt. Nun beginnt die neue Tarifrunde für den Eisenbahntarifvertrag.

Dass die Streiks zeitlich in die Abiturprüfungen fallen, sei zwar bedauerlich, aber „Streiks kommen immer ungelegen“, sagt Stein. Um den betroffenen Schülern entgegenzukommen, betont Stein im Gespräch mit dem ZOLLERN-ALB-KURIER, habe Verdi die Streiks bereits am Montag bei den Arbeitgebern angekündigt. Das sei im Normalfall nicht üblich.


Die Schuld der Koexistenz beider Tarifverträge sieht Stein indes bei der Regierung. Die Politik hätte eine Privatisierung nicht zulassen dürfen.

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