Bürger nehmen Bürgermeisterin Adrian ins Kreuzverhör

Von Nicole Leukhardt

Obwohl der Kalksteinabbau von der Tagesordnung gestrichen worden war, beherrschte das Thema den Mittwochabend. Bei der Sitzung der Räte wurde es in der Bürgerfragestunde sehr emotional.

Bürger nehmen Bürgermeisterin Adrian ins Kreuzverhör

Zahlreiche Dotternhausener, wie hier Otto Scherer, richteten am Mittwochabend Fragen an die Verwaltung.

Der Kalksteinabbau auf dem Plettenberg – er ist das Dauerthema in Dotternhausen und im Umland. Sogar, wenn er gar nicht mehr auf der Tagesordnung steht, wie in der Sitzung der Dotternhausener Räte am Mittwochabend. Zur Bürgerfragestunde waren fast 40 Besucher ins Rathaus gekommen. Sie hatten fast nur ein Thema: Die Zukunft ihres Hausbergs und die Zukunft mit ihrem großen Nachbarn, dem Zementwerk Holcim.

Zu den Flächen, die dem Konzern für die kommenden Jahrzehnte zur Verfügung gestellt werden sollen, wollte Bürgermeisterin Monique Adrian nichts sagen. „Wir haben zu diesem Punkt nichts beraten, er wurde gestrichen“, betonte sie. Auf Wunsch der Bürgerinitiative sei der Beschluss zum Abbau am Mittwochabend abgesetzt worden, gleichwohl laufe auch eine Klage beim Verwaltungsgericht, der sie mit der Absetzung des Punkts zuvor gekommen sei, erklärte Adrian.

Auf die Frage aus dem Publikum, inwieweit die Gemeinde bei den Verhandlungen mit Holcim die Belange der Umwelt und den Schutz der Schönheit der Landschaft geltend gemacht hätte, sagte die Bürgermeisterin, man sei deutlich von den maximalen Forderungen des Zementwerks abgewichen. In zwei Abschnitten sollen insgesamt nur noch rund 14 Hektar statt wie gefordert 20 Hektar abgebaut werden. „So bleibt deutlich mehr Hochfläche erhalten“, erläuterte Adrian weiter.

Die neuen Grenzen seien nicht identisch mit denen, um die es beim Bürgerentscheid gegangen sei. Konkret abgesteckt, auch das war eine Frage der Bürger, würden sie jedoch vorerst nicht. „Es gibt schlicht keinen Beschluss dazu“, so Adrian. Auch das Dialogverfahren, das die Firma Holcim angestoßen hatte, wurde zum viel diskutierten Thema am Mittwochabend.

„Noch läuft ein Widerspruch in Sachen Bürgerbegehren. Wie kommt die Verwaltung darauf, die Grenzfestlegung überhaupt auf die Tagesordnung zu nehmen, so lange sogar noch Dialog- und Mediationsverfahren laufen?“ wollte einer der Bürgeraktivisten wissen. Er bekam Applaus, der ebenso wie jegliche Missfallensbekundungen von der Bürgermeisterin mehrfach untersagt wurde.

Grundsätzlich sei die Gemeinde nicht sehr glücklich über das Dialogverfahren von Holcim gewesen, antwortete Monique Adrian. „Wir haben ein eigenes Mediationsverfahren und uns daher bewusst distanziert, um Ihnen die Möglichkeit zu geben, mit der Firma Holcim in einen offenen Dialog zu treten“, so die Erklärung der Rathauschefin. „Unmöglich“ nannte ein anderer Gast dieses Vorgehen. „Sie torpedieren auch Ihre eigene Mediation, wenn Sie währenddessen die Hochfläche verpachten wollen“, sagte er.

Adrian räumte ein, dass die ursprünglich für Mittwochabend geplante Abstimmung über die Grenzen „nicht so geschickt“ gewesen sei. „Wir haben deswegen ja auch reagiert, sahen die Entscheidung im Vorfeld allerdings nicht als schädlich an“, sagte sie und appellierte: „Geben Sie uns die Chance, es jetzt anders zu machen.“

Dass sie mit dem Tagesordnungspunkt jedoch hinter dem Berg gehalten habe, bestritt sie vehement. „Nichts ist öffentlicher als eine Gemeinderatssitzung. Die Tagesordnung war seit vergangenem Mittwoch öffentlich. Ich sehe nicht, hier intransparent gehandelt zu haben“, betonte sie. Das Landratsamt dränge ebenso wie die Firma Holcim auf eine Entscheidung. „Wir wollten dieses Thema zu Ende bringen“, erklärte die Bürgermeisterin.

Bis die Änderung des Landschaftsschutzgebiets und die des Regionalplans erfolgt sei und bis die emissionsschutzrechtlichen Prüfungen abgeschlossen wären, würde weitere Zeit vergehen. „Und die Qualität des Kalksteins ist nur noch bis 2018 gesichert“, gab sie zu bedenken. Wie groß die Sorge der Dotternhausener um ihre Luft ist, brachte eine Frau auf den Punkt: „Wenn es um Schadstoffe geht, dürfen wir uns nicht auf Holcim verlassen. Die Krebserkrankungen nehmen immer weiter zu“, formulierte sie. Man müsse im Bezug auf Kontrolle und Messungen auf die Fachleute am Regierungspräsidium Tübingen vertrauen, die das Zementwerk regelmäßig überprüfen würden, entgegnete die Bürgermeisterin. Die Anregung, Messstationen einzurichten, nahm sie indes auf.

Und letztlich ging es am Mittwochabend auch ums Geld. „Seit Holcim im Ort ist, werden wir über den Tisch gezogen“, wetterte ein Mitglied der Bürgerinitiative. Die Steigerung der Pacht um 300 Prozent klinge zwar zunächst gut. „Aber am Ende ist es nur ein Nasenwasser, gemessen an dem, was eine Tonne Zement kostet und uns die letzten dreizehn Jahre entgangen ist“, sagte er. Und bekam auch dafür Applaus.