Winterlingen

Britische Virus-Variante taucht in Winterlingen auf: 290 Personen sind in Quarantäne

15.03.2021

Von Gudrun Stoll

Britische Virus-Variante taucht in Winterlingen auf: 290 Personen sind in Quarantäne

© Gudrun Stoll

In der integrierten Kindertagesstätte der KBF in der Friedrichstraße in Winterlingen sind zwei Corona-Fälle der mutierten britischen Variante bekannt geworden. Vier Gruppen sind geschlossen.

In der integrativen Kindertagesstätte der KBF in Winterlingen sind zwei Fälle von Corona-Infektionen der britischen Variante bekannt geworden. Vier Gruppen wurden geschlossen.

Der Winterlinger Bürgermeister Michael Maier hat den Sachverhalt bestätigt. Auf unsere Nachfrage räumte auch das Gesundheitsamt in Balingen ein, dass übers Wochenende Quarantänemaßnahmen für Kinder, Kontaktpersonen und Familienangehörige verhängt wurden.

Kinder zeigen keine Symptome

Da es sich um Infektionen mit der britischen Mutante handelt, müssen die Betroffenen 14 Tage zu Hause bleiben. Die mutierte britische Variante B.1.1.7 des Coronavirus ist nach Angaben des RKI deutlich infektiöser als die ursprünglich bekannte Form. Auch die Symptome können anders ausfallen als bei einer Ansteckung mit der Ursprungsvariante SARS-CoV-2.

Am Freitag hätten Eltern zwei Kinder aus der Kindertagesstätte genommen, informiert Kita-Leiterin Patrizia Rodono. Das Landratsamt teilt ergänzend mit, dass diese beiden positiven Fälle innerhalb einer Familie am Samstag bekannt wurden. Beide Kinder zeigten keine Symptome, standen aber in Kontakt mit einer infizierten erwachsenen Person.

Vierzehn Tage in Absonderung

Alle Kinder und Erzieherinnen von den Gruppen, die mit den beiden positiv getesteten Kindern Kontakt hatten, mussten sich in häusliche Absonderung begeben. Da es sich nachweislich um die britische Variante handelt, sei auch zusätzlich für alle Haushaltsangehörigen entsprechend den Vorschriften der Corona-Verordnung „Absonderung“ die Quarantäne angeordnet worden, teilt Pressesprecherin Anja Heinz vom Landratsamt in Balingen mit.

Vier der sechs Kitagruppen wurden auf Anordnung der Behörde geschlossen – die Rede ist von 75 Kindern und 13 Erzieherinnen. Geht man von 75 Kindern plus Eltern, plus Geschwister plus 13 Erzieherinnen und deren Familien aus, dürften an die 300 Personen von der Quarantäne betroffen sein. Eine Größenordnung, die das Landratsamt nicht konkretisieren möchte, die von der KBF Mössingen als Trägerin der Einrichtung aber bestätigt wird: Tatsächlich befinden sich 290 Personen in Quarantäne.

In der Statistik registriert

Die Fälle würden derzeit aufgearbeitet, heißt es im Landratsamt. Die Frage, ob die Infektionen der beiden Kinder in der Inzidenz-Statistik registriert sind, wird von der Behörde in Balingen bejaht. Die beiden Fälle seien bereits in die Statistik eingeflossen. Das Gesundheitsamt in Balingen verfolgt das Ausbruchsgeschehen, gibt aber keine Auskunft über den Wohnort der betroffenen Personen.

Winterlingen liegt grenznah zum Landkreis Sigmaringen. Träger der integrierten Kindertagesstätte ist die Stiftung KBF in Mössingen, wodurch nicht auszuschließen ist, dass Betreuer, Therapeuten und Erzieherinnen zwischen Arbeits- und Wohnort pendeln.

Alle Schutzmaßnahmem umgesetzt

In der Kita seien alle Schutz- und Hygienemaßnahmen umgesetzt, um alle Beteiligten bestmöglich zu schützen, betont KBF-Geschäftsführer Klaus Barthold. Die Erzieherinnen können sich einmal in der Woche kostenlos testen lassen, sei es in der Apotheke oder in einem Schnelltestzentrum. Die Kinder, die noch da sind, würden in den geöffneten beiden Gruppen betreut, es handle sich um keine Notbetreuung. In der Kita in Winterlingen seien alle notwendigen Schutz- und Hygienemaßnahmen umgesetzt worden, um alle Beteiligten bestmöglich zu schützen.

Keine Schulen von Schließung betroffen

In Winterlingen gibt es aktuell keine weiteren Schließungen. Der eine oder andere Schüler in der Grundschule werde wohl als Geschwisterkind fehlen. Es gebe aber keine Klassenschließung. Auch aus der Realschule seien keine Maßnahmen bekannt, informiert Bürgermeister Michael Maier.

Es gibt keine Testpflicht

Müssen alle Betroffenen, die in Quarantäne sind, testen lassen, bevor sie nach zwei Wochen wieder unter die Leute dürfen? Jede Person, die als Kontaktperson in Quarantäne ist, „erhält auf Wunsch eine Testberechtigung des Gesundheitsamts“, antwortet Anja Heinz auf die Frage. Die Quarantäne werde allerdings nicht aufgrund eines negativen Corona-Tests beendet. Es gibt also keine „Freitestung“. Ebenso findet kein Quarantäne-Abschlusstest statt. Es besteht damit keine Testpflicht.

Kita und Schulkindergarten unter einem Dach

In der integrativen Kindertagesstätte sind eine Kita für Kinder ohne Behinderung und ein Schulkindergarten für Kinder mit Behinderung unter einem Dach vereint. Die Kinder mit Behinderung erhalten eine zusätzliche spezielle Förderung durch Sonderschullehrerinnen und Therapeuten.

Aufgenommen werden Kinder ohne Behinderung aus Winterlingen und den Teilgemeinden Harthausen und Benzingen ab dem 1. Lebensjahr, Kinder mit Behinderung mit zwei bzw. drei Jahren. Das Altersspektrum der Kinder reicht von einem bis zu sechs Jahren. Die Kita hat Kapazität für insgesamt 105 Kinder in sechs Gruppen.

Kommentar von Klaus Irion: Ohne Panik in die Offensive

Vergangene Woche in Sickingen. Im dortigen Kindergarten wurde eine Erzieherin Corona-positiv getestet. Völlig unaufgeregt geht die Stadtverwaltung Hechingen in die Offensive und meldet den Fall auch den örtlichen Medien. Auch dass es sich bei der Infektion um die britische Mutation handelt, wird tags darauf öffentlich gemacht. Alles richtig gemacht Stadtverwaltung Hechingen.

Ortswechsel: Im KBF-Kindergarten Winterlingen werden Ende vergangener Woche ebenfalls Corona-positiv-Fälle gemeldet. Die Medien erfahren nichts, auch im Rathaus das große Schweigen dazu, schließlich ist es ja kein städtischer Träger. Erst die Nachfrage eines ZAK-Lesers bei unserer Zeitung, ob denn die Fälle des Winterlinger Kindergartens in die Inzidenz des Zollernalbkreises einfließen, veranlassen Rathaus und Kreisgesundheitsamt auf die Nachfrage der Redaktion hin, die Fälle zu bestätigen. Warum erst dann?

Es geht hier nicht um Panikmache in der Bevölkerung und nicht um die schnelle Schlagzeile. Es geht auch nicht darum, Betroffene an den (Online-)Pranger zu stellen, oder gar mit dem Finger auf die betroffene Einrichtung zu zeigen. Es geht schlicht um den Schutz der Gesamtbevölkerung. Und dazu reicht es vollkommen, zu wissen, dass in Kindergarten x oder Pflegeheim y Fälle gemeldet wurden. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Eine offensive Informationspolitik tut not. Bei den betroffenen Einrichtungen, auf den Rathäusern, und im Landratsamt. In Nachbarlandkreisen funktioniert das reibungslos. Und dabei wird auch dem natürlich zurecht als Vorsichtsargument eingebrachten Datenschutz genüge getan.

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