Binsdorfer Brunnenriss spaltet Geislinger Stadtverwaltung und das Denkmalamt

Von Rosalinde Conzelmann

Das Plätschern des Wassers täuscht: Seit November ist der Binsdorfer Stadtbrunnen ohne Wasser, weil der Trog einen Riss hat. Die Stadt würde den Brunnen, an dem das Herz der Binsdorfer hängt, reparieren, hat jedoch die Rechnung ohne den Wirt – in diesem Fall das Denkmalamt – gemacht.

Binsdorfer Brunnenriss spaltet Geislinger Stadtverwaltung und das Denkmalamt

Durch die vordere gusseiserne Platte des Binsdorfer Stadtbrunnens geht ein Riss, der den Geislingern ordentlich Bauchweh bereitet.

Die Geschichte entwickelt sich zur Brunnenposse. Stadtbaumeister Markus Buck informierte den Gemeinderat in der Sitzung am Mittwoch über den aktuellen Stand.

Ein langer Riss im Trog

Doch zurück zum Anfang: Im November vergangenen Jahres ist ein Traktoranhänger versehentlich gegen den denkmalgeschützen Brunnen in der Ortsmitte gestoßen und hat die Außenwand beschädigt, durch die sich seither ein rund 50 Zentimeter langer Riss zieht.

Im Januar hakte der Albvereinsvorsitzende Waldemar Bitzer in der Bürgerfragestunde nach, weil er befürchtete, dass die Brunnenreparatur bis zur Palmweihe nicht abgeschlossen ist.

Bürgermeister Oliver Schmid zeigte sich damals noch zuversichtlich und versprach, dass es klappen würde.

Erster Schweißversuch erfolglos

Schmid konnte sein Versprechen nicht halten. Der Versuch, den Riss im Frühjahr zu schweißen, scheiterte, weil der Brunnen nicht aus Stahl, sondern aus Gusseisen ist.

Die Stadt hatte für die Arbeit einen ortsansässigen Schlosser beauftragt, der abwarten musste, bis das Wetter mitmachte. Der Albverein schmückte dann halt den beschädigten Brunnen, der zwar plätschert, weil das Wasser direkt aus dem Hahn in den Abfluss fließt, aber leer ist.

Kein Trog aus Edelstahl

Jetzt sieht es so aus, wie Markus Buck den Räten berichtete, dass die Stadt gerne einen Edelstahltrog in den Brunnen eingesetzt hätte, um so das Problem zu lösen. Diese Variante würde zwar 25.000 Euro kosten, die Versicherung des Traktorfahrers hat sich aber bereit erklärt, den Schaden zu bezahlen, so Buck.

Ende gut, alles gut? Von wegen. Denn diese Variante lehnt das Denkmalamt ab, so Buck. Die Hüter historischer Materialen würden darauf bestehen, dass der Riss geschweißt wird. Und zwar von einem Spezialisten. Dafür müsste das gusseiserne Bauwerk abgebaut und zu dem Handwerker gebracht werden.

Es wird teuer

Und wie geht es nun weiter? Die nächsten Tage gibt es einen Ortstermin mit einem vom Denkmalamt empfohlenen Experten. Dieser habe im Gespräch schon angekündigt, dass sich die Reparaturkosten voraussichtlich in sechsstelliger Höhe bewegen werden, teilte Buck mit.

„Das ist ein Päckchen für die Stadt, das es in sich hat“, kommentierte der Stadtchef das Verfahren.

Stadtrat Benjamin Eha hatte einen pragmatischen Vorschlag für eine günstigere Variante: „Sprechen Sie mit einem Maschinenbauer, die können das.“ Eine gute Idee, fand der Schultes, er bezweifelte aber, dass das Denkmalamt mitmachen wird.

Auf alle Fälle sei man bemüht, einen Abschluss hinzubringen und eine langfristige Lösung zu schaffen. Denn er wisse, dass der Stadtbrunnen in Binsdorf ein sehr emotionales Thema ist.

Kommentar: Zu viel des guten Schutzes

Denkmalschutz ist wichtig, keine Frage. Wäre die Behörde nicht da, stünden, um nur zwei Beispiele zu nennen, anstelle der „Harmonie“ in Geislingen oder des Ursulahauses in Rosenfeld womöglich seelenlose Betonbauten.

Ich selbst wohne in 108 Jahre alten Mauern und gehe bei jeder Sanierung behutsam vor. Schließlich erzählt unser Haus, wie alle historischen Gebäude und Gegenstände, eine Geschichte, die es einzigartig macht.

Der Binsdorfer Stadtbrunnen ist auch einzigartig und schützenswert. Wer weiß, womöglich wäre er schon lange platt gemacht worden, gäbe es die Denkmalschützer nicht.

Allerdings stellt sich die Frage, ob ein Edelstahltrog anstatt eines gusseisernen Innenbeckens den Charme des historischen Blickfanges in der Ortsmitte verschandeln und der Brunnen seine historische Bedeutung verlieren würde.

100.000 Euro sind viel Geld in Zeiten, in denen dem Staat immer wieder die Verschwendung von Steuergeldern vorgeworfen wird. Zumal, wenn es eine andere, günstigere und vorallem umsetzbare Variante gibt, die mit 25.000 Euro auch kein Schnäppchen ist.

Das versteht keiner. Hier schießen die Denkmalschützer übers Ziel hinaus – und tun den Binsdorfern keinen Gefallen, wenn sie ihnen einen Prachtbrunnen verordnen.

Da spielt es auch keine Rolle, dass die Versicherung zur Kasse gebeten wird. Auch diese Zeche zahlt am Ende wieder die Allgemeinheit.