„Bin kein gezüchteter Politiker“ – Dragan Nesovic kandidiert für die Basisdemokratische Partei

Von Klaus Irion

Die Coronapandemie sorgt seit einem Jahr nicht nur für unruhige Zeiten, sie ruft auch neue politische Akteure auf den Plan. Einige von ihnen haben sich in der Basisdemokratischen Partei Deutschlands zusammengeschlossen, die auf Anhieb in 60 von 70 Wahlkreisen mit eigenen Landtagswahlkandidaten antritt. Unter ihnen ist für den Wahlkreis Balingen Dragan Nesovic.

„Bin kein gezüchteter Politiker“ – Dragan Nesovic kandidiert für die Basisdemokratische Partei

Der Balinger Dragan Nesovic ist Landtagskandidat der Basisdemokratischen Partei im Wahlkreis Balingen.

Wer in einer etablierten Partei etwas werden möchte, kommt kaum umhin, sich jahrelang aufopferungsvoll für dieselbe zu engagieren. Zu groß ist dort die Konkurrenz, als dass ein ambitionierter Neueinsteiger von null auf 100 durchstarten könnte.

Von null auf 100

Parteineugründungen bieten ihren Gründungsmitgliedern hingegen diese Chance, wie beispielsweise die AfD in den vergangenen acht Jahren gezeigt hat. Doch so schnell der politische Ruhm auch kommt, so schnell kann er auch wieder verblassen. Bernd Lucke und Frauke Petry sind AfD-Beispiele hierfür.

Der Balinger Dragan Nesovic befindet sich derzeit in der Von-null-auf-100-Phase. Nicht in der AfD, die wollte ihn nämlich nicht. Offensichtlicher Grund: Der gelernte Versicherungskaufmann soll gemeinsam mit dem jetzigen Balinger Landtagswahl-Einzelkandidaten Stefan Buck versucht haben, den lokalen AfD-Ableger zu „kapern“, um dessen Rechtsruck und die Landtagskandidatur des Kreisvorsitzenden Hans-Peter Hörner zu verhindern. Inzwischen sind Nesovic und Buck wieder politisch getrennt unterwegs.

Mit Politik-Virus infiziert

Doch Dragan Nesovic war längst mit dem Politiker-Virus infiziert. Statt Mitglied in der AfD ist er nun Landesvorsitzender der Basisdemokratischen Partei Deutschlands, kurz die Basis. Die (noch) Kleinstpartei entstand im vergangenen Jahr in den Wirren der ersten Corona-Pandemie-Monate.

Ein Gründungsmitglied

Nesovic gehörte im September 2020 zu den Gründungsmitgliedern des baden-württembergischen Ablegers der Basis. In seiner Heimatstadt Balingen fand dann auch seinerzeit ein erstes Treffen statt, das der 53-Jährige gemeinsam mit dem Unternehmensberater Dr. Andreas Baum koordinierte.

Der zunächst Nicht-Kandidat

Kurze Zeit später wurden die beiden Koordinatoren dann auch zu Co-Landesvorsitzenden ihrer Partei gewählt. Ein Amt, das Nesovic nach damaligen Aussagen eigentlich voll und ganz ausgereicht hätte, wie er dem ZAK seinerzeit sagte. War doch im Hintergrund bereits spekuliert worden, dass der dreifache Familienvater mit einer Landtagswahlkandidatur im benachbarten Wahlkreis Hechingen-Münsingen liebäugele. „Das sollen andere machen, die mehr Erfahrung in der Politik haben“, erklärte er seinerzeit.

Zur Kandidatur gedrängt

Nur, um dann wenige Wochen später doch seine Kandidatur für den Landtag bekanntzugeben, allerdings im Wahlkreis Balingen. „Man hat mich immer wieder gebeten, doch anzutreten, da habe ich dann letztlich zugesagt.“

„Wir halten uns raus“

Dragan Nesovics Maxime lautet: „Man muss immer sagen, was man denkt.“ Damit sei er zwar verbal häufig „an der Front“, aber genau das treibe ihn politisch an. Seinen Wahlkampf bezeichnet der ehemalige Spielhallenangestellter als „den schwersten“ im Vergleich zu Kandidaten anderer Parteien. „Die greifen sich doch alle gegenseitig an und bestreiten damit ihren Wahlkampf.“ Genau das wolle die Basisdemokratische Partei aber nicht. „Wir halten uns raus und kehren am Ende den Scherbenhaufen wieder zusammen.“

Stimme der Coronaverlierer

Die Basis hat laut Nesovic vor, „die etablierten Parteien wieder auf den richtigen Weg zu bringen“. Da sei es von Vorteil, das er selbst kein „gezüchteter Politiker“ sei, sondern einer „aus dem Volk, für das Volk“. Sein Wahlkampf bestehe vor allem aus vielen Gesprächen mit Menschen, „die wirtschaftlich unter den Folgen der Corona-Verordnung zu leiden haben – Einzelhändler, Gastronomen“. Als deren Stimme sieht er die Basis.

Partei bleibt erhalten

Der Balinger Neu-Politiker möchte im Falle seiner Wahl in den Landtag die Probleme, die es zu lösen gelte, „langfristig betrachten und gemeinsam mit dem Volk angehen“. Er rechnet damit, dass die Basis landesweit zwischen einem und fünf Kandidaten in den Landtag wird entsenden können. Und wenn man doch leer ausgeht? „Kein Problem, hinter unserem Tun steckt System ,wir werden auch über die Landtagswahl hinaus erhalten bleiben.“

Macht begrenzen

Zum „System“ der Partei würde es für Nesovic „im Falle einer Regierungsbeteiligung“ auch gehören, „dass wir bei vielen Entscheidungen das Volk befragen“. Als Vorbild könne hier die Schweiz dienen. Ein gemeinsames Ziel der Basisdemokraten sei die Freiheit, die die Macht Einzelner begrenzt. „Wir setzen stattdessen auf Schwarmintelligenz“, so Nesovic.

Machtbegrenzung tut aus Sicht des Balingers Not: „Die Basis ist die einzige Partei, die keinen Dreck am Stecken hat“, behauptet der Landtagskandidat. „Wir sind die einzige Hoffnung“, ist er überzeugt.

„Fahren keine Autokorsos“

„Die Mitglieder der Basis haben nichts mit Coronaleugnern und Autokorsofahrern am Hut“, betont Nesovic. Das gehe in die falsche Richtung. Dass es das Virus gibt, stehe für ihn außer Frage. „Für mich ist der Umgang damit aber nicht korrekt“, schränkt Nesovic ein.

Alle Virologen an einen Tisch

Es erschließe sich ihm nicht, nach welchen Kriterien pandemieabhängige Lockerungen und Öffnungen geschehen sollen oder eben nicht geschehen sollen. Sein Vorschlag: „Setzt alle Virologen an einen Tisch und lasst sie gemeinsam die besten Lösungen finden.“

Lobbyismus vorbeugen

An einem großen runden Tisch sieht er auch die Basis-Mitglieder, die aus eigenen Mitteln auch Nesovics Wahlkampf finanzieren. Ein parteiinterner Ethikrat prüfe jede Spende über 200 Euro, um dem Lobbyismus von Anfang an vorzubeugen. „Ja, auch wir haben einige wenige Geldgeber, aber alles ohne G‘schmäckle“, relativiert Nesovic. Und alles verlaufe ohne Streit und Missverständnisse, „basisdemokratisch eben“.

Hauptamtlich tätig?

Mit dem Wachsen der Partei wachsen auch die Arbeit und die Zeit, die man als Landesvorsitzender hineinsteckt. „Es wird irgendwann der Tag kommen, an dem man dabei an seine ehrenamtlichen Grenzen stößt.“ Dragan Nesovic kann sich ein hauptamtliches Engagement für seine Partei ebenso vorstellen wie eine Kandidatur bei der Bundestagswahl im September. Nach dem Wahlkampf wäre für ihn dann vor dem Wahlkampf.

Da Baden-Württemberg seit Jahrzehnten ein Ein-Stimmen-Wahlsystem hat, können die Wähler, anders als bei der Bundestagswahl, nicht ihrem bevorzugten Kandidaten vor Ort die Erststimme, aber gleichzeitig eventuell einer anderen Partei ihre Zweitstimme geben. Das bedeutet, dass der Wähler bei der Landtagswahl auch automatisch das Programm des Kandidaten mitwählt, dem er seine Stimme gibt. Grund genug für die ZAK-Redaktion, einen zusammenfassenden Blick auf das zu werfen, was die jeweilige Partei, in diesem Fall die Basisdemokratische Partei Deutschlands, kurz die Basis, sich vorgenommen hat.

Die Basisdemokratische Partei entstand im Frühjahr 2020 aus einer Spaltung der Partei Widerstand 2020, in der sich Coronaleugner und Coronamaßnahmengegner unter einem politischen Dach zusammengefunden hatten. Gründer und Kurzzeitvorsitzender von Widerstand 2020 war der Sinsheimer Facharzt für Schwindel und Coronaleugner, Bodo Schiffmann.

Wider die Coronaleugner

Aus der Spaltung der Partei ging neben der Basisdemokratischen Partei Deutschlands auch die ebenfalls zur Landtagswahl antretende Partei WiR2020 hervor, der ebenfalls Schiffmann für kurze Zeit vorstand. Ein Sammelbecken auch für Coronaleugner, von denen sich die Basisdemokratische Partei und deren Mitglieder nach eigener Aussage explizit abgrenzen.

Ideologisch weit offen

Im Mittelpunkt der Arbeit der Basis steht dagegen die Bekämpfung der als zu hart empfundenen Coronmaßnahmen in Deutschland. Ideologisch hat die Basis Anklänge sowohl nach links wie nach rechts und weist nach

Expertenmeinung auch Züge anthroposophischen Denkens auf.

Partei entsendet Wahlbeobachter

Wenn Sie am 14. März Ihre Stimme in einem Wahllokal im Wahlkreis Balingen abgeben, könnte es sein, dass Ihnen neben den eigentlichen Wahlhelfern eine weitere Person ins Auge sticht, die dauerhaft im Wahllokal bleibt. „Unsere Bundespartei wird Wahlbeobachter in Wahllokale entsenden, wir haben das vorab mit dem Landratsamt so besprochen“, sagt Dragan Nesovic, Kandidat der Basis im Wahlbezirk Balingen.

Landratsamt präzisiert

Von Seiten des Landratsamts wird die angekündigte Wahlbeobachtung bestätigt und präzisiert: „Die Wahlhandlung und die Ermittlung des Wahlergebnisses sind öffentlich. Deshalb dürfen sich Personen nicht nur zur Ausübung des Wahlrechts im Wahlraum aufhalten, sondern auch darüber hinaus, wobei dies auf die Beobachtung des Wahlgeschehens beschränkt ist“, heißt es von der Pressestelle.

Coronaverordnung gilt gleichwohl

Und weiter: „Bei der aktuellen Landtagswahl wird es coronabedingt zu Einschränkungen kommen.“ Die Einhaltung eines ausreichenden Mindestabstands von 1,5 Meter zu allen anderen Personen und das Tragen einer medizinischen Maske könne dazu führen, dass abweichend von den normalen Kapazitäten der Zugang von Personen in Abhängigkeit zur Raumgröße zahlenmäßig beschränkt werden müsse. „Auf Grund von Regelungen in der Corona-Verordnung kann es zu weiteren Einschränkungen kommen, die dann vom jeweiligen Wahlvorsteher durch geeignete Maßnahmen so umgesetzt werden, dass die Wahlhandlung und die Auszählung der Stimmen nicht gestört werden“, betonen die Landratsamtsverantwortlichen.

Am Wahltag wird viel passieren

Den genauen Grund für das Misstrauen nennt Nesovic nicht, denn: „Ich will niemandem etwas unterstellen, aber es wird am Wahltag viel passieren.“ Hat die Basispartei womöglich Sorge, es könnte doppelt gewählt werden? Einmal per Briefwahl und dann am Wahltag noch einmal persönlich? Dieses Szenario haben die Wahlverantwortlichen im Wahlkreis Balingen auf ZAK-Anfrage bereits kategorisch ausgeschlossen.

Der im vergangenen Herbst gegründete Landesverband Baden-Württemberg hat nach Nesovics Angaben derzeit rund 1300 Mitglieder – „Tendenz täglich steigend“.

Bürgerteilhabe im Mittelpunkt

Im Mittelpunkt der Basis-Programmatik steht die politische Teilhabe durch jeden einzelnen Bürger. „Alle wichtigen und jeden betreffenden Entscheidungen werden auch durch uns Menschen getroffen“, heißt es auf der Internetseite der Bundespartei. Zu diesem Zwecke wolle man Volksentscheide und stetige Abstimmungen einführen.

Viele Volksabstimmungen

„Sei es über unser künftiges Bildungssystem, Reformierungen des Gesundheitssystems, die Coronamaßnahmen und Masken an den Schulen, unser Steuersystem, die Rundfunkgebühren, unsere präferierte Art der Energiegewinnung, die Größe und Aufgabe der Bundeswehr und die Ausgaben für die Rüstung, dazugehörige Außenpolitik und die Frage nach der EU, ob Glyphosat unsere Ackerböden berühren soll oder nicht, Migrationsfragen oder die Erneuerung unseres Arbeits- und Soziallebens, Neuausrichtung der Werte in unserer Wirtschaft, Parlamentsreformierung und Lobbykontrolle.“

Vier Säulen

Doch bevor es mit den Abstimmungen beginnen könnte, will die junge Partei noch vier Säulen ihres Tuns manifestieren. Das heißt im konkreten Fall: „Freiheit, Machtbegrenzung, Achtsamkeit und Schwarmintelligenz in die Politik und in jeden Bereich unserer Gesellschaft einzubringen.“