„Balsam für die Seele“: Christoph Schanze begeistert in Ostdorf mit virtuoser Cembalo-Musik

Von Thomas Meinert

Der gebürtige Hechinger Christoph Schanze studierte Musik an der Musikhochschule Trossingen und ist als Cembalist unter anderem Künstlerischer Leiter der Konzertreihe „Musik in der Villa“ in der Hechinger Villa Eugenia. Beim Medarduskonzert in Ostdorf präsentierte er unter dem Titel „Family Affairs“ Werke von Johann Sebastian und Carl Philipp Emanuel Bach sowie Georg Philipp Telemann, der ein guter Freund Bachs und der Patenonkel von Carl Philipp Emanuel war.

„Balsam für die Seele“: Christoph Schanze begeistert in Ostdorf mit virtuoser Cembalo-Musik

Chistoph Schanze spielte virtuos und mit Begeisterung.

Den Auftakt des Konzerts bildeten sechs der „Kleine Präludien in C“ von Johann Sebastian Bach. Lehrwerke, die Bach als Unterrichtsstücke unter anderem für den Cembalounterricht seiner Söhne komponierte. Die kurzen Stücke in C-Dur und c-Moll zeichnen sich durch ihren unterschiedlichen musikalischen Charakter aus, dem Schanze auf seinem aus Italien stammenden Cembalo einen virtuosen und abwechslungsreichen Ausdruck verlieh.

Fachkundige Moderation

Grazile Verzierungen, große Lebendigkeit durch elegante Agogik, virtuose Tempi und ein sprühendes Feuerwerk der Töne kennzeichneten seinen Vortrag. Mit „Präludium und Fuge c-Moll BWV 847“ folgte ein weiteres bekanntes Cembalo-Werk Bachs. Das Präludium erfuhr bei raschem Spieltempo und einem durchgängigen Accelerando eine fulminante Steigerung, der der Cembalist die Fuge sehr gekonnt in cantablen Charakter kontrastierend gegenüberstellte.

In seiner fachkundigen Moderation informierte er die Zuhörer darüber, dass Telemann und auch Carl Philipp Emanuel Bach zu Lebzeiten eine größere Popularität hatten als Johann Sebastian Bach. Er habe erst nach seinem Tod den heutigen Weltruhm als Komponist erhalten, während er zu Lebzeiten vornehmlich als Dirigent wahrgenommen worden war.

Georg Philipp Telemanns „Ouverture burlesque d-Moll“ mit ihren sechs Sätzen „à la Polonaise“, „Bourée“, „Loure“, „Gavotte en Rondeau“, „Menuet“ und „Giga“ zeugt vom großen musikalischen Einfallsreichtum Telemanns, der – im Gegensatz zu Bach – aus einer „unmusikalischen“ Familie stammte. Er eignete sich das Komponieren im Selbststudium an und in seinem Werk spielte Musik für Tasteninstrumente eine eher untergeordnete Rolle.

Die Komponier-Freude Telemanns wurde durch die Spielfreude Schanzes unmittelbar nachspürbar – ebenso die große Begeisterung des Künstlers für „sein“ Instrument und „seine“ Musik, die das gesamte Konzert durchzog.

Zu Carl Philipp Emanuel Bach erläuterte Schanze, dass dessen großer musikalischer Erfolg im „Schattendasein“ neben seinem älteren Bruder Friedemann begründet sei: Carl habe bewusst mit bestehenden Konventionen und Regeln „gebrochen“ und so – geduldet von seinem Vater und Lehrer Johann Sebastian – eine für seine Zeit moderne und sehr innovative Musiksprache entwickelt.

Personen aus dem Umfeld musikalisch dargestellt

Deutlich wurde dies in den beiden von Schanze vorgetragenen „Charakterstücken“: eine erste Form der „Programmmusik“, in denen der Bach-Sohn Personen aus seinem Umfeld musikalisch darstellt. „La Stahl“ beschreibt einen Menschen mit einem schwermütigen Charakter, während „La Boehmer“ einen umtriebigen und fröhlichen Charaktertypen nachzeichnet.

Das dritte Werk aus der Feder des Bach-Sohnes waren die „12 Variationen über die Folie d’Espagne“. Variationen über ein zeitgenössisches Harmonieschema der Barockzeit, das Bach durch rhythmische Varianten und unterschiedliche Techniken der Melodieführung zu einem kurzweiligen Vortragsstück werden lässt. Schanze gelang es bestens, den musikalischen Charakter der jeweiligen Variation mit großer Spielfreude und Virtuosität herauszustellen.

Als letztes Stück im Programm folgte die „Französische Suite Nr. 5 G-Dur“ von Johann Sebastian Bach, die in ihren sieben Sätzen verschiedene französische Tanzformen verarbeitet. Auch hier zeigte Schanze virtuose Spieltechnik in höchster Perfektion. Als Zugabe folgte ein weiteres Charakterstück: „Les Barricades Mystérieuses“ von François Couperin.

Ein Vorgeschmack auf das nächste Medarduskonzert mit Christoph Schanze, das im November kommenden Jahres unter dem Titel „Les Barricades Mystérieuses“ („Die geheimnisvollen Sperren“) stehen und französische Barockmusik in Gegenüberstellung zu zeitgenössischen Kompositionen bieten wird. Die knapp 40 Zuhörerinnen und Zuhörer bedankten sich mit anhaltendem Applaus, und Pfarrer Johannes Hruby mit einem Blumenstrauß für den virtuosen Vortrag des sympathischen Cembalisten.