Balingen

Balinger Roßnägele: Ein Filetstück wird zum Kompromiss-Kompott

04.12.2019

Von Nicole Leukhardt

Balinger Roßnägele: Ein Filetstück wird zum Kompromiss-Kompott

© Stadtverwaltung Balingen

Der neue Bebauungsplan für das Gebiet Roßnägele.

Markus Wochner (Freie Wähler) fand deutliche Worte im Technischen Ausschuss am Mittwochabend: Der Bebauungsplan fürs Balinger Roßnägele „ist Kompromiss an Kompromiss“. Das Ergebnis, über das die Räte abzustimmen hatten, sei „nicht gerade glücklich“. Und dennoch schluckte das Gremium die Kröte mit nur drei Enthaltungen.

Bereits im Vorfeld hatte sich der Grünen-Ortsverein Balingen-Geislingen über die Planung der Stadt mokiert, gar von einem städtebaulichen Frevel gesprochen.

Und auch die Verwaltung selbst zeigte sich am Mittwochabend mit dem Entwurf für den Bebauungsplan nicht ganz zufrieden. „Es war schwer genug, überhaupt den Grunderwerb hinzubekommen“, sagte Baudezernent Michael Wagner.

Innenverdichtung ja, aber nicht um jeden Preis

Die Stadt jedoch sei zur Innenverdichtung angehalten. „Dagegen ist nichts einzuwenden“, richtete Grünen-Stadtrat Uwe Jetter sein Wort an die Verwaltung. „Wir sind grundsätzlich gegen die Zersiedlung der Landschaft“, betonte er. Doch der vorliegende Bebauungsplan habe Aspekte, „die wir so nicht akzeptieren können“.

Zu diesen Aspekten zählt beispielsweise der Abstand der Gebäude zum geplanten Weg von gerade einmal 1,80 Meter. „Wenn man da noch eine Terasse ans Haus denkt, sitzt man fast auf dem Weg“, urteilte Jetter. „Das Gebiet ist einfach schmal und wir mussten Kompromisse machen“, erklärte Wagner. Eine einreihige Bebauung sei schlicht unwirtschaftlich, räumte er ein.

Veränderte Baufenster machen misstrauisch

Dass sich Form und Größe der Baufenster verändert haben, stieß bei den Grünen ebenfalls auf Unverständnis. Der Baudezernent versuchte zu relativieren. „Ein langes Baufenster heißt ja nicht automatisch auch ein langes Gebäude“, betonte er.

Dass im Baugebiet nur Flachdächer vorgegeben sind, sei Wunsch der Bauherren. „Wir bedauern das auch, aber bei quadratischen Stadthäusern ist mit Satteldächern keine gute Architektur möglich“, so Wagner. Zudem würden diese Flachdächer begrünt.

Eine Idee, die sich die Grünen auch für die Fassaden wünschen. „Warum schreiben wir das nicht endlich als Auflage in Bebauungspläne?“, wollte Uwe Jetter wissen. Die Antwort von OB Reitemann: „Weil wir den Bauherren nicht noch mehr Vorschriften machen wollen.“

„Kein Kahlschlag am Ufer“

In Punkto Vogelschutz, den die Grünen ebenso auf ihrer Mängelliste hatten, versprach Wagner Ausgleichsmaßnahmen, die mit dem Landratsamt als genehmigende Behörde abgestimmt würden. Die Teichralle sei ohnehin nur „mal reingeflogen“, es handle sich bei den geschützten Arten also nur bei Eisvogel und Wasseramsel um dort beheimatete Vögel. „Und die haben ihren Lebensraum an der Eyach und direkt am Ufer gibt es ja keinen Kahlschlag.“

„Würde der Bebauungsplan auch so aussehen, wenn wir das alles selbst in der Hand gehabt hätten?“ – diese Frage stellte schließlich Markus Wochner (Freie Wähler) in den Raum. Und beantwortete sie gleich selbst: „Wohl kaum.“

Was am Roßnägele entstehe, sei ein „zurückliegendes, kein zukunftsgerichtetes Konzept“, bemängelte er. Ihm sei bewusst, dass die Stadt „nicht allein Herr der Dinge sei“, was ihr für ein solches Filetstück jedoch zu Gesicht stünde. „Wir müssen uns schon der Tatsache stellen, dass uns die Leute fragen werden, wie denn das jetzt aussieht“, gab er zu bedenken.

Architektur ist Sache der Bauherrn

Der Bebauungsplan gebe nur das Baurecht vor, „was dann als Architektur rauskommt, liegt in der Hand der Bauherren“, erklärte OB Helmut Reitemann. Und nicht nur die Optik habe man somit nicht mehr im Griff. Auch auf die soziale Durchmischung, die Ulrich Teufel (SPD) angemahnt hatte, habe man keinen Einfluss. „Denn da wird ein Quartier für ganz bestimmte Leute mit ganz bestimmtem Geldbeutel gebaut“, so Teufel. Endgültig entscheiden die Räte am 17. Dezember im Gemeinderat darüber.

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