Balinger Gemeinderäte diskutieren mit Holcim über die Zukunft des Kalksteinabbaus

Von Nicole Leukhardt

Was lange währte, wurde am Dienstagabend gut: Die Firma Holcim stellte sich bei der Sitzung des Balinger Gemeinderats den Fragen aus dem Gremium. Dieses machte deutlich: Beim Abbau der Kulisse soll das letzte Wort noch nicht gesprochen sein.

Balinger Gemeinderäte diskutieren mit Holcim über die Zukunft des Kalksteinabbaus

So kennen die Balinger ihren Plettenberg und so wollen sie die Kulisse erhalten wissen.

„Wir haben nicht viele Rohstoffe, aber wir sind steinreich in Baden-Württemberg“ – mit diesem Bild eröffnete Holcim-Werksleiter Dieter Schillo in der Gemeinderatssitzung eine fast eineinhalbstündige Diskussion über den Status quo und die Zukunft des Dotternhausener Zementwerks. Dass seine Industrie einen Eingriff in die Natur vornehme und Emissionen ausstoße, wolle er gar nicht in Abrede stellen, betonte Schillo gleich vorneweg.

Dennoch ließ er es sich auch nicht nehmen, im Gegenzug die Notwendigkeit der Zementproduktion in Erinnerung zu rufen, die Rekultivierungsbemühungen, die Arbeitsplätze und das soziale Engagement des Zementriesen Holcim für die Region zu erwähnen.

Der Kulissenabbau steht kurz bevor

Für die aktuellen Zahlen hatte er Andreas Junginger, den Leiter der Gewinnungsbetriebe, mitgebracht. Dieser verdeutlichte den Balinger Räten die Dringlichkeit der Süderweiterung aus Firmensicht. „Im Moment dürfen wir noch 15 Millionen Tonnen Kalkstein abbauen, wovon wir aber nur acht Millionen Tonnen verwenden können“, erklärte er. Die übrigen sieben Millionen seien qualitativ nicht gut genug. „Wenn die Süderweiterung kommt, können wir diesen Anteil aber mit besserem Material verschneiden und so verwerten“, fügte er an.

Dass die Kulissen im Nordosten und Südosten fallen, scheint für das Zementwerk bereits gesetzt. „Sonst können wir den großen Teil im Norden nicht wie zugesagt bis 2029 rekultivieren“, erklärte der Werksleiter.

Ein Fakt, den die Balinger Räte so nicht hinnehmen wollen. „Diese Kulisse ist vertrauter Teil unserer Heimat“, eröffnete Werner Jessen (Freie Wähler) die Diskussionsrunde, zu der Markus Knobelspies, Leiter Umwelt und Energie, ermuntert hatte. Er wisse um die Bedeutung von Zement und Arbeitsplätzen, verstehe das Bedürfnis der Firma nach Planungssicherheit, so der Stadtrat. Dennoch wolle er um den Erhalt der Kulisse ringen. „Ihr Abbau schmerzt mich verdammt hart.“ Und nicht nur das: „Auch was die Emissionen angeht wollen wir bessere Anlagen, nicht erst in zehn Jahren.“ Er appellierte an die Verantwortlichen des Werks, „gründlich nachzudenken, ob Sie einfach so über den Bürgerwunsch hingwegsehen wollen“.

Markus Knobelspies hingegen betonte einmal mehr, dass die bestehende SNCR-Reinigungsanlage die beste für den Standort sei. „Auch der Verzicht auf die Ölschieferverbrennung wäre für die Umwelt unklug“, beantwortete er eine weitere Frage.

Dieter Schillo bemühte sich, den Kulissenabbau zu relativieren. Anhand von Fotomontagen versuchte er zu verdeutlichen, wie sich die Silhouette des Bergs verändern wird. „Es ist uns ja auch wichtig, dass Sie Ihren Berg behalten, man wird auch nach dem Kulissenabbau nicht um die Ecke in den Bruch hineinsehen können“, versprach er. Einer Ausgleichsfläche, wie sie Werner Jessen angeregt hatte, sei er nicht abgeneigt. „Wir bekommen aber keine, da der Rest der Fläche naturschutzfachlich noch höher eingestuft wird“, erklärte er.

Alternative Standorte sollen den Plettenberg retten

Auch Grünen-Stadtrat Erwin Feucht vertiefte sich ins Thema Naturschutz. „Wir setzen uns dafür ein, die verbleibende Hochfläche unter Naturschutz zu stellen“, erklärte er und gab dem Zementwerk mit auf den Weg, in den nächsten fünf bis acht Jahren alternative Standorte zu suchen. Doch Schillo winkte ab: „Ich bin offen und freue mich über Mitstreiter, aber es wird überall heißen, baut nicht bei uns, sondern lieber woanders ab.“

Dietmar Foth (FDP) bat das Holcim-Trio eindringlich, noch einmal über den Erhalt der Kulisse nachzudenken. Auch er forderte in Sachen Gesundheitsschutz der Bevölkerung „das Tempo zu erhöhen“. Auf seine Frage, ob die neue Seilbahn unabhängig von der Süderweiterung gebaut würde, gab Dieter Schillo eine eindeutige Einschätzung ab: „Wir investieren zwölf Millionen Euro und sind zuversichtlich, dass die Erweiterung kommt. Sie haben schlicht keine Alternative.“

Ewigkeitsschäden müssen vermieden werden

Ulrich Teufel (SPD) warnte eindringlich vor „Ewigkeitsschäden“, die ein Kulissenabbau mit sich brächte. „Sie müssen den gesellschaftlichen Wandel anerkennen“, adressierte er seine Bedenken an die Werks-Verantwortlichen.

Ute Hettel (Die Grünen) schießlich wollte wissen, wie weit das zugesagte Bodenmonitoring gediehen sei. „Kommt“, versprach Dieter Schillo. Neben Messstationen in Dotternhausen, Schömberg und Dormettingen werden Emissionen auch in Erzingen und an der B27 gemessen. „Dann können wir sicher sagen, was von uns kommt“, so der Werksleiter.

Klaus Hahn (CDU) schließlich nutzte die Gelegenheit, eine Lanze für das Zementwerk zu brechen. „Auch mir tut dieser Kulissenabbau weh. Dennoch müssen wir so ehrlich sein und zugeben, dass für unsere E-Mobilität und unseren Luxus überall auf der Welt Löcher aufgerissen werden.“