Aus drei mach eins: Zwei Gemeindehäuser in Balingen sollen verkauft, ein neues gebaut werden

Von Nicole Leukhardt

Das Johann-Tobias-Beck-Haus und das Gemeindehaus Auf Schmiden sollen verkauft, mit dem Erlös ein neues Gemeindehaus in der Stadtmitte an der Stelle des bisherigen gebaut werden. Die Friedhofskirche soll als Gottesdienstkirche aufgegeben werden. Dies ist die Kernsubstanz des Immobilienkonzepts, das die Evangelische Gesamtkirchengemeinde Balingen in einer Gemeindeversammlung am Freitagabend vorstellte.

Aus drei mach eins: Zwei Gemeindehäuser in Balingen sollen verkauft, ein neues gebaut werden

Bedenken, Ideen, Anregungen: An Thementischen konnten die Balinger Gemeindemitglieder über das Immobilienkonzept diskutieren.

Diese Kerninhalte hat eine Steuerungsgruppe in einem Jahr erarbeitet. „Wir haben diskutiert, uns einiges erhofft und manches hat sich wieder zerschlagen“, eröffnete Balingens Stadtpfarrerin Birgit Wurster die Gemeindeversammlung im großen Saal des Gemeindehauses Stadtmitte.

In jenem Haus, dessen Tage in dieser Form nach der Vorstellung der Steuerungsgruppe gezählt sind. Denn die Zahlen, die Heselwangens Pfarrer Christof Seisser mitgebracht hatte, sprechen eine deutliche Sprache. Aktuell gehören der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde Balingen 6305 Menschen an. Im Jahr 2017 waren dies noch 6632. Wenn sich der Abwärtstrend so fortsetzt, werde die Gemeinde im Jahr 2047 noch aus 1292 Gläubigen bestehen.

21 Bestandsgebäude sind finanziell nicht zu stemmen

Arm an Mitgliedern, aber „reich an Steinen“, wie es der Moderator des Abends, Diakon Frank Morlock, präzisierte. Insgesamt verfügt die Gemeinde über 21 Gebäude, die, so zeigte es der Belegungsplan, öfter leerstehen als genutzt werden. „Würde man die alle instandhalten, so kämen bis zum Jahr 2033 Kosten in Höhe von 8,25 Millionen Euro auf uns zu“, so Sebastian Läpple, Architekt und Bauökonom. Dem entgegen stehen Rücklagen von einer guten Million Euro.

„Wir brauchen also ein langfristiges Konzept, mit dem wir gut leben können“, fasste Balingens Dekan Beatus Widmann zusammen. Denn, so die Prognosen, in den nächsten Jahrzehnten werden aus vier Pfarrstellen drei werden. „Wir wollen es nicht laufen lassen, sondern sehen die Verantwortung, etwas zu entscheiden“, so der Dekan.

Drei Zentren kirchlichen Lebens sollen bleiben

Er war es dann auch, der die Ergebnisse der Arbeitsgruppe vorstellte. In der Gesamtkirchengemeinde Balingen sollen drei Zentren kirchlichen Lebens mit einer Grundausstattung von Gemeindehaus, Pfarrhaus, Kirche und Kindergarten erhalten bleiben, nämlich die Stadtmitte, Balingen-Heselwangen und Engstlatt-Auf Schmiden. In der Stadtmitte soll das Gemeindehaus abgerissen und durch einen kleineren Neubau ersetzt werden. Vorsichtig geschätzte Kosten dafür: 2,5 Millionen Euro.

Zur Finanzierung sollen das Johann-Tobas-Beck-Haus und später, jedenfalls aber bis 2030, auch das Gemeindehaus Auf Schmiden verkauft werden. „Wir geben uns auf jeden Fall bis 2025 Zeit für dieses Vorhaben“, so der Dekan. Noch vor dem Verkauf des von den Gemeindemitgliedern Tobihaus genannten Gebäudes will die Kirche eine belastbare Kostenkalkulation für einen Neubau erstellen. Falls der Neubau finanziell nicht zu stemmen sei müsse man Alternativen bedenken. Im besten Fall stehe das neue Gemeindehaus jedoch noch vor der Gartenschau 2022.

Denn Zeit, das Vorhaben aufzuschieben, sei nicht. Dies verdeutlichte auch Kirchenpfleger Jürgen Sting. „Die Baukostensteigerung ist immens, wir sind im Zugzwang“, erklärte er. Denn eine Sanierung von Bestandsgebäuden genehmige der Oberkirchenrat ohnehin nicht ohne ein schlüssiges und zukunftsfähiges Immobilienkonzept. Eine Kooperation mit der Stadt sei grundsätzlich denkbar, bisher seien diese Ansätze jedoch zu keinem Ergebnis gekommen.

Die Gemeindemitglieder diskutieren engagiert mit

In einer regen Diskussionsrunde stellten die Balinger Gemeindemitglieder teils sehr konkrete Fragen nach Haushalts- und Finanzierungsplänen, wollten wissen, wie viel die Gemeindehäuser am Markt wohl einbringen und ob es einen Plan B gebe, falls die Finanzierung des Neubaus scheitere. „All das wäre zum heutigen Tag ein Stochern im Nebel“, verdeutlichte Dekan Morlock noch einmal die Absicht der Gemeindeversammlung. „Wir wollen Ihnen zunächst ein Konzept und unsere Richtung vorstellen.“

Auf eine Frage ging Dekan Beatus Widmann dann doch noch genauer ein. Eine Besucherin wollte wissen, wie es um die Zukunft der Friedhofkirche bestellt ist. „Das ist unser wundester Punkt“, räumte der Dekan ein. Die Nutzung der Kirche habe sich stark verändert. „Wir sehen keine Möglichkeit, wie wir diese Kirche in die Zukunft tragen können.“ Natürlich solle die Kirche als Gebäude allein aufgrund ihrer historischen Bedeutung erhalten bleiben. „Aber für die Gottesdienste reicht uns bei Weitem die Stadtkirche“, so Widmann.

„Es ist nicht zu spät, aber es ist Zeit“

Mit den Anregungen, die anschließend an drei Thementischen gesammelt wurden, schlossen Beatus Widmann und Birgit Wurster die Versammlung. „Wir nehmen alle Ideen mit, erwägen noch einmal alles und fällen dann einen Beschluss“, so der Dekan, der den Mut und die Entschlossenheit des Gremiums noch einmal ausdrücklich lobte. „Das alte Gremium trifft am 12. November diese weitreichende Entscheidung, damit das neue Gremium dann loslegen kann“, erklärte er. Keinesfalls leichtfüßig, „aber es ist Zeit“.