Hechingen

Aus Mangel an Beweisen: Hechinger Amtsgericht spricht vier mutmaßliche Park-Räuber frei

13.02.2020

von Matthias Badura

Aus Mangel an Beweisen: Hechinger Amtsgericht spricht vier mutmaßliche Park-Räuber frei

© Archiv

Der Amtsgerichts-Prozess gegen vier Männer aus Rumänien endete am Donnerstag mit einem Freispruch. (Symbolfoto)

Dass ein Mann im Fürstengarten überfallen wurde, steht ebenso fest wie die Verwicklung von vier Angeklagten in die Tat. Für eine Verurteilung reichte die Beweislage jedoch nicht aus.

Als „durchwachsen“ bezeichnete Staatsanwalt Philipp Wissmann die zweitägige Verhandlung gegen vier Männer aus Rumänien. Ihnen wurde vorgeworfen, im September 2019 einen 50-Jährigen im Hechinger Fürstengarten beraubt zu haben. „Durchwachsen“ war der Prozess am Amtsgericht Hechingen tatsächlich insofern, als er zweifach eine unerwartete Wendung nahm.

Neue Situation nach Tag eins

Nach dem ersten Verhandlungstag vor zwei Wochen wirkte es so, als sei dem Staatsanwalt die Beweisführung zwischen den Fingern zerkrümelt. Es sah aus, als ob belastende Aussagen nicht verwertet werden können, weil die Polizei bei der Vernehmung eines der vier Angeklagten einen Formfehler begangen hat. Auch stand das Überfallopfer nach einer inquisitorisch anmutenden Befragung durch die Verteidiger der Angeklagten als ein wirrer Geschichtenerzähler da.

127 Tage Untersuchungshaft

Am Ende und aufgrund weiterer Zweifel setzte Richterin Dr. Karin Laub die Angeklagten nach insgesamt 127 Tagen Untersuchungshaft damals auf freien Fuß. Was dem Staatsanwalt nicht gefiel. Am Donnerstag schien sich das Blatt zu drehen. Ein Polizeibeamter, der das Raubopfer im September vernommen hatte, sagte, er halte den 50-Jährigen zwar für exzentrisch, aber seine Geschichte komme ihm glaubhaft vor.

Gemeinsam Bier getrunken

Demnach hatte der Mann die vier Angeklagten auf dem Obertorplatz getroffen, hatte mit ihnen Bier getrunken und war einem aus dem Quartett in den Fürstengarten gefolgt. Dort soll sich der Raub, an dem mehrere Personen beteiligt waren, ereignet haben. Das Opfer wurde demnach im Dunkeln niedergeschlagen, dann entriss man ihm seine Gürteltasche mit 50 Euro und Dokumenten darin. Für den 50-Jährigen sonnenklar – der Überfall war zuvor auf dem Obertorplatz vereinbart worden.

Überfall zugegeben

Staatsanwalt Wissmann arbeitete im weiteren Verlauf der Verhandlung am Donnerstag heraus, dass die in Frage stehende Aussage eines der Angeklagten bei der Polizei eben doch korrekt verlaufen war und hier vor Gericht verwertet werden dürfe.

Der Mann hatte darin bestätigt, dass er mit dem Opfer im Fürstengarten war und dann der Überfall durch die drei anderen erfolgte. Er selber habe aber davon im Vorfeld nichts gewusst, eine Absprache habe es nicht gegeben.

Die Aussage eines weiteren Zeugen – die allerdings, weil er fehlte, nur verlesen werden konnte – besagt, er habe die vier Angeklagten und das Opfer seinerzeit gemeinsam auf dem Hechinger Obertorplatz gesehen, wo sie gefeiert, gesungen und getrunken hätten.

War die Tat geplant?

So war der Staatsanwalt abschließend zweifelsfrei überzeugt: Der Überfall hat stattgefunden, alle vier Angeklagten waren beteiligt und sie haben die Tat zuvor vereinbart. An der Geschichte des Opfers hegte er keinen Zweifel, auch wenn der Mann in seinem Verhalten „sonderbar“ und „schwierig“ sei.

Warum, fragte sich der Staatsanwalt, weiter sollten die drei anderen auch dem 50-Jährigen und ihrem Kumpel in den Fürstengarten gefolgt sein, wenn es nicht vorab ausgemacht worden wäre? Als weiteres Indiz der gemeinsamen Täterschaft wertete Wissmann die Tatsache, dass die vier nach der Tat von der Polizei zusammen in einer Hechinger Wirtschaft angetroffen wurden.

Staatsanwalt: anderthalb Jahre ohne Bewährung

Abschließend forderte der Anklagevertreter, die Tat hart zu ahnden: mit Freiheitsstrafen von bis zu anderthalb Jahren – jeweils ohne Bewährung.

Prozessbeobachter hörten an der Stelle bereits erneut die Gefängnistore hinter den Angeklagten zuschlagen. Es kam anders: Richterin Dr. Laub folgte weitgehend der Argumentation der Verteidiger, die geltend machten, die Beweislage reiche nicht aus. Auch die Vorsitzende war überzeugt, dass der Raub sich an dem Abend ereignet hatte. Ebenso stellte sie die Anwesenheit der vier Rumänen im Fürstengarten nicht in Frage. Ungeklärt sei jedoch, wer von ihnen welchen „Tatbeitrag“ leistete und wer vorab eingeweiht war.

Angeklagte schweigen und keine Zeugen

Zeugen gab es nicht, die Angeklagten selbst hatten während des Prozesses eisern geschwiegen. Wegen dieser Unsicherheit, wie sich die Tat letztlich zugetragen hat, komme eine Verurteilung nicht in Frage. Vielmehr seien die Angeklagten freizusprechen.

So kam es. Die Prozesskosten übernimmt der Staat. Außerdem werden die Freigesprochenen für die Zeit, die sie in Untersuchungshaft verbrachten, entschädigt.

Revision durch Staatsanwalt?

Staatsanwalt Wissmann überlegt, ob er binnen einer Woche gegen das Urteil vorgeht. Dazu könnte er Berufung oder Revision einlegen.

Diesen Artikel teilen: