Auf der Suche nach Immunität: Zollernalb-Klinikum startet Studie mit Antikörpertests

Von Pascal Tonnemacher

Das Zollernalb-Klinikum baut eine Studie auf und testet zunächst Klinikmitarbeiter und Patienten auf Antikörper gegen das Coronavirus. Wie sicher kann ein solcher Test eine überstandene Infektion nachweisen und wo liegen seine Grenzen?

Auf der Suche nach Immunität: Zollernalb-Klinikum startet Studie mit Antikörpertests

Eine Mitarbeiterin des Testlabors Zaklab in Endingen verdünnt in einer Sicherheitswerkbank Blutproben in einer Lösung. Diese werden auf die Testplatte pipettiert.

1170 der fast 190.000 Menschen im Zollernalbkreis sind oder waren mit dem Coronavirus infiziert, 838 sind derweil schon wieder genesen – bei 66 Todesfällen im Zusammenhang mit Covid-19. Das sind die offiziellen Zahlen des Gesundheitsamts (Stand Freitag, 15 Uhr).

Die Dunkelziffer liegt deutlich höher. Wenn auch vergleichsweise geringer als andernorts – aufgrund der überdurchschnittlich vielen Tests im Landkreis, wie Landrat Günther-Martin Pauli immer wieder betont.

Auch Antikörper deuten auf Infektion hin

Bewusst ist aber auch ihm: Viele Infektionen erscheinen nicht in der Statistik. Denn die Lungenkrankheit kann ohne erkennbare Symptome verlaufen, der Infizierte bekommt nichts von seiner Erkrankung mit und wird folglich möglicherweise nicht getestet.

Ein zuverlässiger Antikörpertest kann an dieser Stelle mit nachgewiesenen Antikörpern auf eine (überstandene) Infektion und auf einen gewissen Immunstatus hinweisen.

Frage der Immunität noch nicht abschließend geklärt

Wie lange jemand bei einem Nachweis von Antikörpern aber tatsächlich immun gegen eine erneute Infektion ist oder ob dieser nicht dennoch das Virus später zumindest weiterverbreiten könne, wird derzeit erforscht. Die Wissenschaft kann dies derzeit noch nicht abschließend und mit absoluter Sicherheit sagen.

Auch für das neuartige Coronavirus sind zahlreiche, zum Teil auch nur selbstzertifizierte, Antikörpertests entwickelt worden – die mal recht, mal schlecht ihren Dienst tun.

Klinik baut eine Studie auf

Der Zollernalbkreis hat sich eine große Menge an Testkits der Firma Virotech reserviert, teilt das Landratsamt auf ZAK-Anfrage mit: Diese seien CE-zertifiziert und als In-vitro-Diagnostikum zugelassen.

Denn das Zollernalb-Klinikum baue eine Studie auf und werde zunächst Klinikmitarbeiter, vorrangig Pflegepersonal, sowie Klinikpatienten auf Antikörper testen.

In der Studie soll laut Klinikum untersucht werden, wie viele Mitarbeiter Antikörper gegen Sars-CoV-2 gebildet haben. Damit könne abgeschätzt werden, bei wie vielen Personen eine Infektion aufgetreten ist.

Man könne zwar nicht unterscheiden, ob sich diese Mitarbeiter bei der Arbeit oder in der Freizeit angesteckt haben, sagt Dr. Otto Tschritter, Chefarzt der Zentralen Notaufnahme im Zollernalb-Klinikum. Aber es könne untersucht werden, ob die Häufigkeit von Infektionen in verschiedenen Arbeitsbereichen unterschiedlich ist.

Tests für weitere Berufsgruppen geplant

Zukünftig sollen die Tests laut Landratsamt auch auf Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr ausgeweitet werden. Das Zollernalb-Klinikum koordiniere das Vorgehen, „um möglichst sinnvoll die Berufsgruppen durchzutesten“.

Für den Test wird venöses Blut benötigt, sagt das Landratsamt. Ein Röhrchen mit 5 Millilitern sei ausreichend.

Im Testlabor Zaklab in Endingen können aktuell 200 Tests täglich abgearbeitet werden, bis auf 400 Tests pro Tag könne man aufstocken. Der Hersteller habe zudem keine Lieferschwierigkeiten. Deshalb stelle eher die Blutabnahme die Beschränkung dar, nicht die Tests.

Erste Antikörper nach zwei Wochen

Die ersten Antikörper würden der Literatur zufolge, so schreibt das Landratsamt auf unsere Anfrage, rund zwei Wochen nach Symptombeginn gebildet. Nach weiteren fünf bis sieben Tagen sollte dann eine sogenannte Serokonversion stattfinden.

Dann würden auch die sogenannten IgG-Antikörper gebildet, „die dann auch die länger haltende Immunität vermitteln“. Diese Antikörper weist der Test nach, den sich der Landkreis gesichert hat.

Nach mindestens drei Wochen ist Test aussagekräftig

Das bedeutet, dass ab circa drei bis vier Wochen nach Beginn der Symptome mit einer ausreichenden Antikörpermenge im Blut gerechnet werden kann, so dass der Test auch aussagekräftig genug ist, sagt das Landratsamt.

Gewisse Gefahr auch bei zuverlässigen Tests

Die Gefahr bei Antikörpertests? Falsch-positive Ergebnisse. Denn dann betrachtet sich ein Patient als „geschützt“. Er hat laut Testergebnis Antikörper gebildet und die Infektion überstanden, war aber tatsächlich nie infiziert.

„In der Realität sind die IgG-Teste jedoch sehr gut und falsch-positive Ergebnisse sind eigentlich auszuschließen“, sagt Marisa Hahn, Pressesprecherin des Landratsamtes.

Doch der Test kann auch falsch-negative Ergebnisse liefern. Das könne von der Blutabnahme abhängen, aber auch beeinflusst sein durch bestimmte Medikamente oder Stoffe im Blut der Patienten, die den Test blockieren.

Zweiter Test kann Gewissheit bringen

Auch könne die Menge an Antikörpern – noch – nicht hoch genug sein, so dass der Test diese sicher erkennen kann. Hier würde eine zweite Testung einige Tage später Gewissheit bringen.

Medikamente könnten aber auch dafür sorgen, dass gar keine IgG-Antikörper gebildet werden, wenn die sogenannte Serokonversion ausbleibt, sagt das Landratsamt.

Gesunde werden auch als solche erkannt

Der Testhersteller gibt dem Landratsamt zufolge die Spezifität mit 100 Prozent an. Das bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit, dass tatsächlich Gesunde auch als Gesunde vom Test erkannt werden, bei 100 Prozent liegen soll. So soll auch eine mögliche Kreuzreaktion mit Antikörpern ausgeschlossen werden, die gegen andere Coronaviren oder beispielsweise Influenza gebildet wurden.

Fast alle Erkrankte werden gefunden

Die Sensitivität wiederum hänge vom Zeitpunkt der Testung ab und liege beim reservierten Test laut Hersteller je nach Berechnung zwischen 80 und 100 Prozent, schreibt das Landratsamt. Das ist der Prozentsatz der tatsächlichen Erkrankten, die vom Test auch als Erkrankte erkannt werden. Bei einer angenommenen Sensitivität von 80 Prozent würden 20 von 100 Infektionen also fälschlicherweise nicht erkannt werden.

Test soll sich zu Studienzwecken eignen

Der US-amerikanische Mutterkonzern Gold Standard Diagnostics Group schreibt auf seiner Webseite: „Erste Tests mit mehr als 300 Proben zeigten eine hohe Sensitivität und Spezifität, die letztlich wertvolle Informationen sowohl über einzelne Patienten als auch über größere Kohorten liefern.“

Der Test sei eine „ideale Ergänzung zum Erregernachweis und eignet sich zur Erhebung epidemiologischer Studien“.

Hausarzt kann beraten

Wer sich nicht zu den genannten Berufsgruppen zählt, die getestet werden sollen, könne sich von seinem Hausarzt wegen eines Antikörpertests beraten lassen, schreibt das Landratsamt. Generell koste der Test rund 20 Euro, dazu kommen beispielsweise die Blutabnahme sowie Kosten für den Hygieneaufwand im Rahmen von Corona. Verschiedene Ärzte würden solch eine freiwillige, individuelle Gesundheitsleistung (IGEL) anbieten.

Von anderen, sogenannten Schnelltests wie sie im Internet frei verfügbar zu finden sind, wird von Experten eher abgeraten. Denn diese „haben teilweise eine Sensitivität von 30 Prozent, so dass kein aussagekräftiges Ergebnis entstehen kann“, heißt es aus dem Landratsamt.