Anspruchsvolle Zeiten für die Tigers Tübingen: Robert Wintermantel im großen Interview

Von Pressemitteilung

Robert Wintermantel hat als Geschäftsführer der Tigers Tübingen anspruchsvolle Wochen hinter sich – und noch immer ist für die Teams der 2. Basketball-Bundesliga vieles in der Schwebe. Der 49-Jährige glaubt aber weiter an eine erfolgreiche Zukunft des Basketball-Standorts Tübingen.

Anspruchsvolle Zeiten für die Tigers Tübingen: Robert Wintermantel im großen Interview

Robert Wintermantel ist Geschäftsführer der Tigers Tübingen.

Die Tigers Tübingen sind nach wie vor damit beschäftigt, den Basketball-Standort Tübingen erfolgreich durch die Corona-Krise zu führen. Tigers-Manager Robert Wintermantel gibt einen Einblick über die aktuellen Aufgaben und wagt einen Ausblick in die Zukunft.

Herr Wintermantel, seit mittlerweile knapp drei Monaten ruht nun der Trainings- und Spielbetrieb. In den Sommermonaten wird in der Regel die neue Saison geplant, dies gestaltet sich aufgrund der unklaren Perspektive alles nun etwas schwierig. Wie lauten aufgrund der Corona-Krise gegenwärtig Ihre wichtigsten Aufgaben im Tagesgeschäft?

Robert Wintermantel: In den letzten Tagen und Wochen stand bei mir persönlich die Erstellung des Finanzplans und verschiedener Szenarien ganz vorne auf der Agenda. Der Finanzplan musste zum 1. Juni 2020 an den Gutachterausschuss übergeben werden. Dies war zeitintensiv, da sich immer wieder Komponenten verändert haben. Es ist natürlich insgesamt keine einfache Aufgabe zu planen, wenn einige Rahmenbedingungen für die neue Saison noch nicht feststehen. Deswegen beinhaltet unsere Finanzplanung viele Annahmen, die im engen Austausch mit der Liga um Geschäftsführer Christian Krings erstellt wurden. Wir haben diverse Partner, die akut von der Corona-Krise betroffen sind. Diese langjährigen Geschäftspartner können oftmals noch keine Aussagen treffen, ob eine weitere Verbindung mit den Tigers Tübingen möglich ist. Das wissen wir sehr genau und verstehen somit die Sorgen und Ängste unserer Partner. Hinsichtlich eines Starts in die neue Saison kann festgehalten werden: Die Vereine und die Liga wollen erst beginnen, wenn ein Spielbetrieb mit Zuschauern möglich ist. Alles andere macht keinen Sinn.

Welches waren die Kernaufgaben in den vergangenen Wochen für Sie und Ihre Mitarbeiter?

Nach dem abrupten Saisonende mussten mein Team der Geschäftsstelle und ich uns natürlich auch erst einmal sammeln, haben dann aber schnell reagiert. Da war es hilfreich, dass wir, durch die Jahre der Konsolidierung ab 2009, bereits krisenerfahren sind. Diese neue, für uns unbekannte Situation, musste analysiert werden, um den Fortbestand des Tübinger Basketballs zu sichern. Primäres Ziel war es, sämtliche Maßnahmen hinsichtlich Einsparungen vorzunehmen. Wir haben insgesamt drei Spieler-Wohnungen aufgegeben, die Umsetzung war zeitintensiv, aus Kostengründen war dies jedoch ein notwendiger Schritt. Dazu kam die komplette Abwicklung der vergangenen Spielzeit 2019/2020, inklusive der Beantragung des Kurzarbeitergelds für die Angestellten. Die Crowdfunding-Aktion musste von uns begleitet werden. Zudem gab es, trotz der Corona-Krise, einige Termine mit unseren Sponsoren.

Mit Prof. Dr. Michael Bamberg (Vorstandsvorsitzender ProBasket Tübingen AG) und Dr. Dr. Saskia Biskup (Vorstand) haben Sie nun zwei neue Mitstreiter im Team. Wie kann man sich die Zusammenarbeit insgesamt vorstellen?

Nun gut, es ist ja so, dass beide Personen in ihren Unternehmen Führungsaufgaben wahrnehmen müssen. Sie sind somit natürlich nicht täglich in der Geschäftsstelle gegenwärtig. Wir sind jedoch im ständigen, intensiven Austausch und besprechen alle wichtigen Punkte gemeinsam. Beide Persönlichkeiten bringen mit viel Energie ihre Erfahrung in wirtschaftlichen Fragen und Führungsthemen mit ein und bereichern mein Arbeiten damit sehr. Zudem sind sie in Tübingen bestens vernetzt. Das stimmt mich insgesamt sehr positiv, dass wir diese Krise gemeinsam meistern können und ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit.

Sie sind ein optimistischer Mensch und Manager. Wie lautet Ihre aktuelle geschäftliche Gefühlslage?

Wenn ich ganz ehrlich bin, waren die Aussichten im März und April noch sehr düster. Die neue Situation ließ sich überhaupt nicht greifen, zudem wusste keiner, wie lange uns diese Krise mit all ihren Auswirkungen, in welchem Maße noch beschäftigen wird. Wir – als sportlicher Dienstleister – sind mit dem Hallenspielbetrieb natürlich weiter sehr hart betroffen. Training der Profis, Training des kompletten Nachwuchses war monatelang nicht möglich. Die Lage war und ist noch immer ernst. Jedoch bin ich jetzt mit den ganzen Lockerungen sowie den sinkenden Infektionszahlen wieder optimistischer, dass wir den Basketball-Standort Tübingen durch diese noch nie erlebte Krise führen können.

Wie sehen derzeit die Planungen für die am 16. Oktober startende Runde aus?

Wir planen momentan mit einem reduzierten Budget. Ich denke, so wird es vielen Konkurrenten in der Liga sowie Teams in anderen Ligen auch gehen. Wir haben natürlich auch schon Absagen von Partnern erhalten. Das schmerzt sehr, ist aber in jedem Einzelfall mehr als verständlich. Erfreulich ist jedoch, dass wir von diversen Partnern überaus positive Signale gehört haben. Wir sind auf die Einnahmen von unseren Partnern sowie von Eintrittsgeldern angewiesen. TV-Gelder in der BARMER 2. Basketball Bundesliga sind – anders als in der Fußball-Bundesliga – leider zu vernachlässigen.

Die Stadt Tübingen hat offene Hallenkosten erlassen, viele Dauerkartenbesitzer und Sponsoren haben auf eine Erstattung verzichtet, die Crowdfunding-Aktion war erfolgreich. Wie ordnen Sie diese Geschehnisse insgesamt ein?

Diese drei Punkte sind Meilensteine, damit wir den Basketball-Standort Tübingen erhalten können. Über jeden einzelnen Punkt habe ich mich sehr gefreut und möchte nochmals allen Personen, Herrn Oberbürgermeister Palmer sowie den Mitgliedern des Gemeinderats, unseren Dauerkartenbesitzern und Sponsoren sowie Jascha Maus und Hans Georg Kienzle für die Crowdfunding-Aktion danken. Auch viele Partner halten uns in dieser schwierigen Zeit die Treue, das freut mich sehr. Dies alles zeigt, dass Basketball in unserer Stadt einen hohen Stellenwert besitzt. Ein gutes Zeichen für den Basketball-Standort Tübingen.

Die Walter AG wird zukünftig nicht mehr dem Sponsorenpool angehören. Wie kann man diesen schwerwiegenden Verlust wettmachen oder ausgleichen?

Nach wie vor ist der komplette Ausstieg der Walter AG ein schwerer Schlag für uns. Gleichzeitig haben wir die Unterstützung in 16 Jahren nie als Selbstverständlichkeit angesehen. Auch ohne die Corona-Krise wäre der Ausgleich des verlorenen Beitrags sehr schwierig gewesen, unter den neuen Bedingungen wird es natürlich noch schwerer.

Corona wird vor allem auch den Sport verändern. Was wird generell auf die Vereine zukommen?

Ich bin der Überzeugung, dass insgesamt signifikant weniger Geld im Markt sein wird. Dies wird sich natürlich auch auf die Spielergehälter auswirken. Dass sich beispielsweise Teams wie Baunach, Elchingen, Würzburg 2, Schalke oder Oldenburg 2 zurückgezogen haben, verschärft die Situation für die Spieler zudem – es gibt höchstwahrscheinlich weniger Plätze. Steht weniger Geld zur Verfügung, wird auch die Professionalität an den Standorten leiden. Posten, die in der Vergangenheit möglicherweise selbstverständlich waren, müssen eventuell eingestellt werden.

Die ersten beiden Neuzugänge haben die Tübinger mit Elias Valtonen und Daniel Keppeler schon bekannt gegeben. Wie sieht es weiterhin bei den Personalplanungen der Tigers aus?

Wir führen natürlich Gespräche mit potenziellen Spielern für die neue Runde. Diesbezüglich stehe ich mit dem neuen Cheftrainer Danny Jansson und Sportbeirat Manuel Pasios in engem Kontakt. Wir müssen jedoch erst schauen, welche finanziellen Möglichkeiten uns in der Zukunft zur Verfügung stehen. Wir können erst Geld ausgeben, wenn wir dies auch haben. Von dieser Schiene, die wir auch in den letzten Jahren erfolgreich verfolgt haben, werden wir nicht abweichen. Insgesamt werden die Preise für die Spieler in den nächsten Wochen und Monaten weiter fallen. Wir sind noch nicht in Zugzwang, da der Saisonbeginn höchstwahrscheinlich verschoben wird und es insgesamt sehr viele Spieler auf dem Markt geben wird.

Wie lauten die Ideen zum Kader der neuen Saison?

Der Kader für das neue Team soll aus vier Bauteilen bestehen. Ein Stamm, um die unter Vertrag stehenden Spieler Enosch Wolf, Roland Nyama und Besnik Bekteshi, junge, deutsche Perspektivspieler, die sich in Tübingen für die BBL empfehlen können, ausländische Spieler sowie eigene Talente, die wir an das ProA-Team heranführen wollen. Das Ziel ist es, einen Kader von zehn Spielern, plus Nachwuchsspielern an den Start zu bringen. Die Rate von Vollprofis könnte jedoch geringer werden, da wir auch Spieler mit Studium oder Ausbildung in Tübingen, eventuell einbauen werden.