Balingen

Angeklagter will Verteidiger austauschen – Richterin am Balinger Amtsgericht lehnt Antrag ab

13.08.2019

von hai

Angeklagter will Verteidiger austauschen – Richterin am Balinger Amtsgericht lehnt Antrag ab

© Pascal Tonnemacher

Kurz aber nicht minder ungewöhnlich als die ersten beiden Prozesstage war der dritte Verhandlungstag am Balinger Amtsgericht.

Der Mann, der unter anderem wegen Bedrohung, Beleidigung und Körperverletzung gegen Polizisten vor Gericht steht, blieb dabei: Er zieht sein Geständnis zurück. Angaben zu den Vorwürfen macht er jedoch nicht.

Im Sitzungssaal des Balinger Amtsgerichts wurde es am Dienstagmorgen ganz schön eng: Knapp 20 Zuschauer kamen am dritten Prozesstag zu der Verhandlung gegen den Mann, der zwischen Ende 2017 bis Sommer 2018 in zahlreichen Fällen Polizisten und Zivilisten beleidigt und bedroht haben soll. Zudem kommen noch eine Handvoll Anklagen wegen Trunkenheitsfahrten, Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte hinzu.

Zuschauer sind amüsiert

Die Besucher kamen offenkundig schon in froher Erwartung eines ähnlich ungewöhnlichen Verhandlungsverlaufs, wie an den ersten beiden Prozesstagen. Beim Schlangestehen bei der Polizeikontrolle am Einlass meinte einer: „Eigentlich müsste man hierfür Eintritt nehmen.“

Der Angeklagte, der am zweiten Verhandlungstag mit der Ankündigung, sein Geständnis zurückziehen zu wollen, die Prozessbeteiligten überrumpelte, sorgte auch prompt für die nächste Überraschung.

„Ich wusste nicht, was ich da unterschreibe“

Nun wollte er seinen Pflichtverteidiger austauschen lassen, mit dem er sich von Prozessbeginn an zunehmend verkracht hatte. „Er hat das Geständnis hinter meinem Rücken ausgefertigt, ich wusste nicht, was ich da unterschreibe“, lautete sein Vorwurf.

Zudem sah er in seinem Verteidiger, der ihn schon in der Vergangenheit vertreten hatte, auch den Schuldigen darin, dass er bei einem vorhergegangenen Prozess – das Vorstrafenregister reicht bis in die späten Siebziger Jahre zurück – eine Haftstrafe aufgebrummt bekommen habe.

Der Verteidiger wiederum erklärte: „Das Geständnisschreiben ging drei-, viermal hin und her, da war jedes Wort mit dem Angeklagten abgesprochen.“

Gericht lehnt Antrag ab

Die Vorsitzende Richterin sah die notwendigen Gründe – etwa ein zerrüttetes Vertrauensverhältnis zwischen Angeklagtem und Verteidiger – als nicht gegeben an.

Zudem sei das Geständnis ja in seinem Beisein verlesen worden und er habe keine Einwände dagegen gehabt. „Aus meiner Sicht gibt es keine konkreten Pflichtverletzungen.“ Auch der Staatsanwalt kommentierte: „Das Problem ist wohl eher beim Angeklagten und nicht beim Verteidiger zu suchen.“

Prozess beginnt von neuem

Nachdem der Antrag wenig überraschend abgelehnt wurde, machte der Angeklagte keine weiteren Angaben. Da sein Geständnis vom ersten Prozesstag nun nichtig ist, geht der gesamte Prozess noch mal von vorne los – mit weiteren Zeugen.

Nun sind drei weitere Fortsetzungstermine angesetzt, der erste am Dienstag, 20. August. Also insgesamt sechs. Ohne den Rückzieher des Angeklagten wäre der Prozess nach zwei Verhandlungstagen erledigt gewesen.

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