Handball

Ambitioniert, aber demütig: HBW Balingen-Weilstetten mit realistischen Zielen

14.08.2022

Von Marcus Arndt

Ambitioniert, aber demütig: HBW Balingen-Weilstetten mit realistischen Zielen

© PIX-Sportfotos

Guilherme Linhares de Souza absolvierte sein erstes Spiel für den HBW.

Im Postulieren ehrgeiziger Ziele halten sich die Balinger Protagonisten auf und neben der Platte ganz bewusst zurück. Die „Gallier“ basteln an einer schlagkräftigen Mannschaft mit Perspektive. Noch ist diese allerdings nicht komplett.

Nach dem Abgang von Top-Torjäger Vladan Lipovina (Wetzlar) fehlte in der ersten Phase der Vorbereitung ein wichtiges Puzzlestück im rechten Rückraum. Dennoch lieferte das stark ersatzgeschwächte Team von Jens Bürkle in den Tests, präsentierte sich auch in Kronau phasenweise auf Augenhöhe mit dem Ex-Meister (Endstand: 32:40).

Dabei waren die Vorzeichen denkbar schlecht: Im gemeinsamen Training mit Suhr Aarau verletzte sich Uros Todorovic, der in den ersten Tests stark verteidigte und solide angriff, schwer am Meniskus (wir berichteten). Das MRT am Mittwochnachmittag brachte den bitteren Befund – es gibt verschiedene Heilungsszenarien. „Er wird uns mehrere Wochen, möglicherweise mehrere Monate fehlen“, erklärt der HBW-Coach.

„Der Markt ist sehr schwierig“

Die Lücke auf Halbrechts soll der brasilianische Nationalspieler Guilherme Linhares de Souza vom slowakischen Spitzenklub Presov schließen, welcher bereits gegen die Löwen eindrucksvoll debütierte. „Wir haben uns in den vergangenen Wochen einige Spieler im Probetraining angeschaut und Linhares de Souza war der, welcher am meisten überzeugt hat“, sagt der erfahrene Übungsleiter, „er hat ein gutes Eins-gegen-Eins, strahlt Torgefahr aus dem Rückraum aus und steht auch in der Abwehr seinen Mann.“ Unumwunden räumt Bürkle aber ein: „Nach der Verletzung von Uros müssen wir noch etwas tun.“

Kein leichtes Unterfangen, bereits die Suche nach einem Lipovina-Nachfolger war problematisch. „Der Markt ist sehr schwierig und es gibt kaum Spieler, welche in unser Profil passen“, betont der Balinger Geschäftsführer Wolfgang Strobel. Dieser möchte den Kader nicht nur aufstocken – denn in der Breite sind die Balinger solide aufgestellt, wenn alle fit sind. Viel-mehr wollen Trainer und Manager das Team verstärken. Sie haben auch schon einen konkreten Kandidaten im Blick. Ob der Transfer klappt? Die Verantwortlichen zucken mit den Schultern.

Da kommt ihnen nicht ungelegen, dass Daniel Ingason vor seinem Wechsel in die Bundesliga im rechten Rückraum bereits gespielt hat. „Er war in Island mal Top-Scorer auf dieser Position“, hebt Bürkle hervor, „aber wir haben Daniel für den linken Rückraum und in der Mitte eingeplant. Wir wollen jede Position zweifach besetzen, auf der Kreisposition haben wir drei Alternativen.“

Spitzengruppe als Ziel

Diese brauchen die Balinger, um in der anspruchsvollen 2. Liga konkurrenzfähig zu sein. Nach dem Abstieg wollen die „Gallier“ vorne mitmischen – konkret wird der Wiederaufstieg nicht als Ziel von den Klubgranden ausgegeben. Das wäre nach dem Umbruch auch vermessen.

„Wir wollen in der Spitzengruppe mitspielen – das muss unser Anspruch sein“, sagt Bürkle, „wir haben das Potenzial dazu. Wir wissen aber auch, dass viele Vereine nach oben wollen – wissen, dass dies in den vergangenen Jahren nur wenige Vereine nach dem Abstieg direkt geschafft haben: nur sechs von 26. Das zeigt deutlich, dass es für uns nicht einfach wird. Aber wir müssen die Situation annehmen.“

Führung in Durchgang eins

Im Test gegen die klassenhöheren Rhein-Neckar Löwen unterlagen die „Gallier“ am Samstagabend in Kronau deutlich mit 32:40 (19:21). Trotz der Acht-Tore-Differenz präsentierten sich die Schwaben zunächst auf Augenhöhe mit dem Bundesligisten, der einen 5:8-Rückstand (10. Minute) konsequente drehte. „Ich bin mit ganz vielen Sachen sehr zufrieden“, erklärt Jens Bürkle, „weil wir es geschafft haben, bei tropischen Temperaturen ein hohes Tempo zu gehen – auch wenn wir nicht mit der vollen Kapelle angetreten sind.“

Erst nach der Pause machten es die Mannheimer deutlich besser, bauten den Vorsprung sukzessive aus: auf 28:21 (40.). „Am Ende sind es drei, vier Tore zu viel“, meint der Balinger Trainer, „eigenverschuldet. Aber es hat auch den Jungs Spaß gemacht und es war ein schöner Auftritt: insbesondere von unserer Offensivreihe. Ein erfrischender Auftritt von Guilherme Linhares de Souza.“ Sechs Tore erzielte der brasilianische Neuzugang.

Am kommenden Donnerstag testet der Kreisstadt-Klub im Rahmen der Teampräsentation (Beginn: 17 Uhr) in der Balinger SparkassenArena gegen Chartres Métropole Handball. „In der Abwehr haben wir sicher ein paar Themen, die wir aus dem Spiel gegen die Löwen mitnehmen können und aus denen wir lernen können“, sagt Bürkle mit Blick auf das Duell mit dem französischen Erstligisten

Herausfordernder Auftakt

Der Liga-Auftakt hat es für den Ex-Erstligisten in sich: in Ludwigshafen (3. September), gegen Lübeck-Schwartau (10. September) und in Hüttenberg (17. September). Noch beschäftigt sich Bürkle nicht im Detail mit der Konkurrenz. „Wir haben die Eulen in Altensteig gesehen“, so der Balinger Kommandogeber, „das ist eine gute Mannschaft. Die besitzt das Potenzial, um oben mitzuspielen. Sie haben sich nach dem Abstieg in der Vorsaison schwer getan.“ Lange bangten die Pfälzer um den Klassenerhalt – just diese Zitterpartie wollen die Schwaben verhindern.

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