Zollernalbkreis

Am Ende nicht mehr als ein lauer Sommertalk: Bareiß trifft Gesundheitsminister Spahn

08.07.2020

Von Pascal Tonnemacher

Am Ende nicht mehr als ein lauer Sommertalk: Bareiß trifft Gesundheitsminister Spahn

© Pressestelle Bareiß

CDU-Politiker beim netten Plausch: Thomas Bareiß (links) und Gesundheitsminister Jens Spahn.

Thomas Bareiß konnte Gesundheitsminister Jens Spahn für ein Gespräch live auf Facebook am Mittwochabend gewinnen. Aus deren vielversprechenden Themen wie Gesundheit und Tourismus wurde aber schlussendlich nicht mehr als ein lauer Sommertalk zweier CDU-Kumpels.

Die wichtigste Erkenntnis zuerst: Gesundheitsminister Jens Spahn urlaubt in diesem Jahr am Tegernsee, nicht wie vor der Pandemie geplant in Portugal. Relevant deswegen, weil womöglich jemand den wohl gefragtesten CDU-Minister der vergangenen Monate „zwischen Boot fahren und Wandern“ live treffen wollen könnte.

Das meinte Thomas Bareiß am Mittwochabend in der zweiten Ausgabe seines Bürgergesprächsformats live auf Facebook. Wohl verdient, dieser Urlaub, nach den „sehr intensiven Wochen“ der Coronapandemie für den Gesundheitsminister. Im Mai wurde Spahn 40, fühle sich zeitweise aber wie 50. Feiern konnte auch der Minister nicht wie gewünscht.

Über weite Strecken belanglos

Klingt wie nette Plauderei, zeigt aber exemplarisch die Belanglosigkeit des in weiten Strecken lauen Sommertalks zweier Regierungspolitiker in der ersten Folge ihres neuen hippen Podcasts. Denn wie diese scheinen auch Online-Gespräche mit Bürgern „in Zeiten von Corona“ zur Mode zu werden.

Doch anders als Landrat Günther-Martin Pauli, der bei seinem Bürgerdialog regelmäßig Fragen zum lokalen Geschehen beantworten konnte und musste, und sich so bemüht Neues aus erster Hand berichten zu können, glänzen Bareiß und sein erster Gast in ihrem Gespräch inhaltlich nicht.

Keine Geheimnisse, nichts Neues

Bareiß leitet gekonnt das Gespräch. Exklusives, Brisantes oder Neues kann er seinem „alten Freund“ (Spahn: „langjährig, nicht alt“) aber nicht entlocken.

So sind Spahns eigene Worte zum Thema Impfpflicht (Spoiler: Wird nicht kommen) und Impfstoffen Sinnbild für das Gespräch: „Das ist kein Geheimnis, steht ja auch in der Zeitung.“

Digitales Engagment ist löblich

Verstehen Sie mich nicht falsch. Es ist zu begrüßen, dass der Bundestagsabgeordnete Kontakt hält zu seinen Wählern. Mit modernen Mitteln umso besser. Manches kommt aber wie das Impfpflicht-Dementi „zum 178.000sten Mal“ aufs Tapet. Nicht jeder kann und will bei einem so komplexen, vielschichtigen, nervenaufreibenden Thema wie der Coronakrise stets auf dem neusten Stand sein. Das ist klar.

Der geneigte Zeitungsleser jedoch hat in diesen gut 36 Minuten Gespräch nichts wirklich Neues erfahren, dafür eine kompakte Nachrichtenzusammenfassung. Das können professionelle Podcasts, natürlich, besser. Das ist auch nicht schlimm.

Familie hilft bei den Fragen nach

Weil aber offenbar nur zwei vorab eingesandte Fragen aus Bisingen relevant waren und im Durchschnitt auch nur rund 30 User dem Livestream folgten, half die Familie nach, um das Gespräch am Laufen zu halten.

Schwägerin und Gattin Verpoorten stellten Fragen zu, natürlich nicht unwichtigen, Randthemen wie Demenz als mögliche Langzeitfolge nach Covid-19-Erkrankung (Spahn: „Das kann man auch erst in einer Langzeitbetrachtung beantworten“), zur Situation in Afrika (Spahn: „Wir helfen dort auch aus Eigennutz“) oder Antibiotika-Resistenz (unbeantwortet).

Beim Tourismus kurz nicht auf Linie

Brenzlich wurde es für eine Sekunde nur bei Bareiß’ Steckenpferd, dem Tourismus: Nicht ganz geschmeckt hat ihm da nämlich, dass sich sein CDU-Kollege zunächst nicht für den Urlaub in Portugal und Co. stark gemacht hat. Wie gesagt, es soll für Jens Spahn und seinen Ehemann ausnahmsweise an den Tegernsee gehen.

Dabei warb Bareiß als Tourismusbeauftragter der Bundesregierung in den vergangenen Wochen kräftig dafür, dass Urlaub im EU-Ausland möglich wird und sicher ist.

Einen Sommer lang nicht weit verreisen

Einen Sommerurlaub lang könne man es doch schaffen, nicht in die ganze Welt zu verreisen, meinte Spahn. Und ruderte daraufhin etwas zurück (wo wir wieder beim Boot fahren am Tegernsee wären). Urlaub innerhalb Europas sei natürlich erlaubt und in Ordnung.

Beim Infektionsrisiko komme es dort vor allem auf das eigene Verhalten an. Aber er könne keine Garantien geben, wie es im Falle einer Erkrankung in einem spanischen Krankenhaus beispielsweise abläuft. Wer unsicher ist, der solle doch wie er auch Deutschland (Spahn: „Die Sonne scheint doch auch oft im Schwarzwald“) als Urlaubsziel in Betracht ziehen.

Kritische Fragen bleiben unbeantwortet

Zahlreiche Nachfragen aus den Kommentaren, beispielsweise zu geplanten Türkeiurlauben, der Reisewarnung und kostenfreien Stornierungen, blieben wenn nicht ignoriert, dann zumindest unbeantwortet.

Man bekam den Eindruck, Bareiß versuchte wenn nicht mit Neuigkeiten, dann damit zu glänzen, dass er mit dem Gesundheitsminister eines der ganz hohen Tiere für seine Bürgersprechstunde direkt in Berlin im Gesundheitsministerium gewinnen konnte.

Wer den direkten Draht zur Bundesregierung hat, der kann doch auch für seinen Wahlkreis alles erreichen. Oder? Wenige Tage nach der Wahl des Grünen-Konkurrenten in seinem tiefschwarzen Wahlkreis ist Bareiß im Wahlkampfmodus und lässt die Muskeln spielen.

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