Alte Apfelsorten: Was klingt wie aus dem Märchen, wächst auf den Streuobstwiesen der Region

Von Rolf Schatz

Sie heißen Jakob Fischer, Kardinal Bea, Wilhelmsapfel, Goldparmäne oder Gewürzluike: Die alten Apfelsorten erleben eine Renaissance und sollen bekannter werden, ebenso die Bedeutung der hiesigen Streuobstwiesen. Der Verein Schwäbisches Streuobstparadies und der Handel im Zollernalbkreis tragen einen wesentlichen Teil dazu bei.

Alte Apfelsorten: Was klingt wie aus dem Märchen, wächst auf den Streuobstwiesen der Region

Alte Apfelsorten wie der "Kaiser Wilhelm" – diese Früchte wurden in Heselwangen fotografiert – sind im Handel erhältlich.

Nachdem der Verein Schwäbisches Streuobstparadies mit Sitz in Bad Urach mit seiner Geschäftsführerin Maria Schropp und seinen Mitgliedern die Vermarktung des Apfels Jakob Fischer erfolgreich in den Handel brachte, setzt sich der Verein weiterhin für die heimische Streuobstlandschaft ein.

Die Streuobstwiesen haben wiederum an Bedeutung zugenommen, so Maria Schropp. Die Zeiten ändern sich – die regionale Versorgung der Bevölkerung, der Erhalt der Kulturlandschaft und Klima- und Artenschutz rücken zunehmend in das Bewusstsein der Verbraucher in Baden- Württemberg.

Weitere alte Apfelsorten kommen in den Handel

„Diese Chance wollen wir in Zukunft weiter nutzen. Was klingt wie aus dem Märchen, wächst im Streuobstparadies auf den Bäumen“, ließen Co-Geschäftsführerin Lena Schlotterbeck und Kreisfachberater Markus Zehnder verlauten.

„In unserem mutigen Projekt bringen wir weitere alte Apfelsorten wie Brettacher, Gewürzluike, Glockenapfel, Kardinal Bea, Champagner Renette, Berlepsch, Goldparmäne, Kaiser Wilhelm und der Berner Rosenapfel bis Dezember in den Lebensmitteleinzelhandel.“ Neben dem Zollernalbkreis beteiligen sich die Landkreise Böblingen, Esslingen, Göppingen, Reutlingen und Tübingen an diesem einzigartigen Projekt.

Das weitaus größte Interesse der Märkte zeigte sich im Zollernalbkreis. Gerd Koch als Betreiber des Edeka Marktes in Schömberg stand gleich hinter diesem Projekt, da er sich selbst als ausgebildeter Baumfachwart für die Pflege heimischer Streuobstwiesen einsetzt.

Er gab wertvolle Anregungen, da er in seinem Blickwinkel die Bedürfnisse der Bewirtschafter und die der Einzelhändler vereint.

Erfreulich ist, dass auch die Edeka-Koch-Märkte des Betreibers Klaus Koch in Balingen, Bisingen, Meßstetten und Rosenfeld teilnehmen. Die Tatsache, dass es hier eine Streuobstlandschaft der Superlative gibt, sei in der Bevölkerung und bei Gästen unzureichend bekannt.

Größte Streuobstlandschaft Mitteleuropas

“Noch ist das Schwäbische Streuobstparadies die größte Streuobstlandschaft in Mitteleuropa und wir wollen dafür sorgen, dass diese durch den Wegfall vieler Flächen nicht das Ende des Paradieses ist“, so die Projektverantwortlichen.

Neu mit dabei ist der Berner Rosenapfel, sagte Einkaufsleiterin Franziska Krüger aus dem Koch-Markt in Bisingen. Dieser ist – ebenso Kardinal Bea, Kaiser Wilhelm und Goldparmäne – etwa seit Kalenderwoche 40 erhältlich sein.

Der Rosenapfel als Tafelapfel wurde um 1865 bei Bern in der Schweiz im Wald entdeckt. Sein Fleisch ist grünlich weiß, sehr saftig und süß, mit einer erfrischenden Säure. Er kann entweder sofort gegessen oder auch gut gelagert werden.

Die Goldparmäne ist möglicherweise um 1510 in der Normandie entstanden. Ihr Fleisch ist gelborange, knackig-fest und saftig, mit einem etwas nussigen Aroma. Dieser Tafelapfel ist für viele Allergiker gut verträglich und zum Backen geeignet. Er zeichnet sich zudem durch seine gute Lagerfähigkeit aus.

Der Kaiser Wilhelm, oder auch Wilhelmsapfel genannt – mit enger Verbindung zur Burg Hohenzollern, 1865 zu Ehren des Kaisers Wilhelm II. benannt – wurde 1864 in einem Gutsgarten bei Burscheid in Nordrhein-Westfalen entdeckt. Sein Fleisch ist weißgelb, säuerlich süß und weist einen hohen Polyphenolgehalt auf. Zudem ist er für viele Allergiker gut verträglich. Dieser Tafel-, Saft- und Kuchenapfel kann entweder sofort gegessen oder gut noch etwas gelagert werden.

Ende Oktober drei weitere Sorten

Ab Kalenderwoche 43 werden drei weitere neue Sorten in den Märkten angeboten. Hierzu gehören die Gewürzluike, der Brettacher und der Glockenapfel.

Die Gewürzluike wurde etwa 1885 als Zufallssämling in Nordwürttemberg entdeckt. Ihr Fleisch ist weiß, saftig, angenehm süß-säuerlich und hat ein intensives Aroma. Dieser intensiv duftende Tafel- und Mostapfel kann sofort gegessen und gut gelagert werden.

Der Brettacher wurde 1908 in Brettach bei Heilbronn entdeckt. Dieser vielseitige Tafel-, Wirtschafts-, Saft- und Mostapfel besitzt weißes, sehr saftiges Fleisch und ist bei Vollreife leicht gewürzt mit einer erfrischenden Säure. Er kann sofort gegessen und gut gelagert werden, wobei er sein volles Aroma erst durch die Lagerung entfaltet.

Die Herkunft des Glockenapfels ist unklar. Entweder kommt dieser großartige Tafel- und Backapfel aus dem Alten Land bei Hamburg oder aus der Schweiz. Spezialisten sind sich hier nicht ganz einig. Sein Fleisch ist weiß und fest, mit einem säuerlich-erfrischendem Aroma. Genussreif ist er ab Dezember bis in den Juni – bedingt durch seine gute Lagerfähigkeit. Sein volles Aroma entfaltet sich ebenfalls erst nach einer Lagerung.

„Unsere Streuobstwiesen zwischen Alb und Neckar sind ein einmaliger Landschaftsraum, der nicht nur wertvolle Funktionen für den Arten- und Klimaschutz übernimmt, sondern auch einen wahren Schatz an traditionellen und schmackhaften Obstsorten beherbergt.“ – Hierüber sind sich nicht nur die Verantwortlichen einig, sondern auch die zahlreichen Baumfachwarte, die Streuobstlandschaft erhalten und wiederum zum Blühen bringen. Eine unerlässliche Aufgabe.