5:1 für Hohenzollern – Ungleiche Verteilung von Bundestagsmandaten im Zollernalbkreis

Von Klaus Irion

Fünf Sitze im Bundestag. Die Rede ist hier nicht von einer kleinen Partei. Vielmehr vom benachbarten Wahlkreis Tübingen, der sich auch weit in den Zollernalbkreis hinein erstreckt. Rekordverdächtig. Ein Nachrücken in der FDP-Fraktion macht es möglich. Hierzu folgender Kommentar.

5:1 für Hohenzollern – Ungleiche Verteilung von Bundestagsmandaten im Zollernalbkreis

Nach der Wahl ist in Baden-Württemberg in diesem Jahr vor der Wahl.

Glückwunsch an die Bewohner der Hohenzollerischen Lande im Zollernalbkreis. Sie gehören – mit Ausnahme der Haigerlocher – zum Bundestagswahlkreis Tübingen und haben seit vergangenen Montag ihre parlamentarische Vertretungsvielfalt noch einmal erweitert. Der FDP-Politiker Christopher Gohl rückt für das letzte halbe Jahr vor der Bundestagswahl ins Bundesparlament nach, weil sein Parteikollege und bisheriger Bundestagsabgeordneter Dr. Christian Jung für den Landtagswahlkreis Karlsruhe Land in den neuen baden-württembergischen Landtag gewählt wurde.

Gute Listenplätze

Christopher Gohl ist neben der direkt gewählten Annette Widmann-Mauz (CDU) und den über die guten Landeslistenplätze ihrer jeweiligen Partei in den Bundestag gelangten Chris Kühn (Grüne), Martin Rosemann (SPD) und Heike Hänsel der fünfte Abgeordnete des Wahlkreises Tübingen.

CDU allein auf weiter Flur

Die Bewohner des hiesigen Wahlkreises Zollernalb-Sigmaringen, dem auch der nicht-hohenzollerische Teil des Zollernalbkreises plus Haigerloch angehören, können von solch einer Vielfalt an direkten politischen Ansprechpartnern nur träumen. Um ihre Belange kümmert sich einzig und allein der CDU-Abgeordnete Thomas Bareiß.

Teilzeit im Wahlkreis

Und das quasi auch nur in Teilzeit, denn Bareiß ist nicht ausschließlich Wahlkreisabgeordneter, sondern auch parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium sowie Tourismusbeauftragter und Mittelstandsbeauftragter der Bundesregierung.

Bundesweit Negativschlagzeilen

In diesen seinen gesamtdeutschen Aufgaben sorgte der Balinger, der auch dem CDU-Bezirk Südwürttemberg-Hohenzollern vorsteht, dieser Tage bundesweit für Negativschlagzeilen. Stichwort: Von freundschaftlicher Verbundenheit geprägte politischen Beziehungen zum diktatorischen Regime in Aserbaidschan (der ZAK berichtete).

Wahlkreispolitisches Vakuum

Bei all diesen Aufgabenbereichen für Gesamtdeutschland bleibt dem CDU-Mann verständlicherweise weniger Zeit für die Arbeit im eigenen Wahlkreis, denn auch sein Tag hat nur 24 Stunden. Wer aber soll dieses in Teilen wahlkreispolitische Vakuum füllen, wenn es, wie bereits erwähnt, neben ihm niemanden gibt, der den Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen im Bundestag mit vertritt?

Bareiß fest im Sattel

Größere politische Vielfalt durch mehr lokale Vertreter im Bundestag ist aber auch nach der Wahl im September kaum in Sicht. Aserbaidschan hin, chaotisches Coronamaßnahmen-Management der CDU-geführten Bundesregierung her: Thomas Bareiß sitzt noch fest im Sattel.

Kretschmann kaum ernste Konkurrenz

Dass ihm der von den Grünen ins Bundestagsrennen geschickte Johannes Kretschmann, Sohn von Winfried Kretschmann, das Direktmandat im Wahlkreis streitig machen könnte, scheint eher unwahrscheinlich. Das Bild, das Kretschmann im vergangenen Jahr bei der Wahl zum Grünen-Kandidaten in Meßkirch abgegeben hat, war inhaltlich doch noch sehr ausbaufähig.

Mesarosch attackiert

Aber auch Bareiß‘ SPD-Herausforderer Robin Mesarosch wird es schwer haben. Das frische Gesicht der regionalen Sozialdemokraten versucht es mittels Frontalangriff und hat sich diese Woche einer Gruppe von bundesweit verstreuten SPD-Bundestagskandidaten angeschlossen, die „konkrete Maßnahmen als Antwort auf die Korruptionsskandale in der Union“ formuliert haben.

Listenplätze entscheidend

Um diese Forderungen auch im politischen Parlamentsbetrieb weiter verfolgen zu können, müsste Mesarosch beim baden-württembergischen SPD-Parteitag einen vorderen Landeslisten-Platz ergattern. Und das wird schwer genug für ihn. Die SPD möchte, Stand heute, ihre Bundestagskandidaten-Liste in präsenter Form am 8. Mai in der Göppinger EWS-Arena küren.

Wie schlägt sich Zawalski?

Die Grünen haben eine Präsenzveranstaltung pandemiebedingt dagegen bereits ausgeschlossen. Johannes Kretschmann kämpft am 10. April digital um eine gute Ausgangsposition für die Bundestagswahl. Mit von der Partie sein wird dann auch der Balinger Thomas Zawalski, der auf hiesiger Wahlkreisebene Kretschmann noch bei der Kandidatenkür unterlag, einige Wochen später dann aber zum Grünen-Bundestagskandidaten des Wahlkreises Offenburg gekürt wurde.

FDP am weitesten

Bereits einen Schritt weiter ist die FDP, deren Direktkandidat und Kreisvorsitzender Stephan W. Link aus Balingen schon seit vergangenem Jahr auf der Landesliste für die Bundestagswahl steht. Allerdings wird Platz 31 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht für ein Mandat reichen.

Anfrage unbeantwortet

Und was macht Thomas Bareiß? Vertraut er weiter auf seine Popularität im konservativen Unionslager und verzichtet wie vor der vergangenen Bundestagswahl auf eine Landeslisten-Absicherung? Oder ist er sich nach Aserbaidschan und Co. seiner Sache doch nicht mehr ganz so sicher? Die Antwort blieb Bareiß trotz Anfrage und nochmaliger Nachfrage schon Mitte der Woche bis zum gestrigen Redaktionsschluss schuldig.