Albstadt-Lautlingen

Ein Plädoyer für die Unbeherrschtheit

10.03.2019

von Desiree Dietsche

Tina Häussermann provozierte und polarisierte im Lautlinger Stauffenberg-Schloss mit ihrem Musikkabarett-Programm Futschikato.

Eines stellte sie gleich klar: „Die Zeit der Nettigkeiten ist vorbei“. Das verkündete Tina Häussermann gleich zu Beginn ihres Auftritts und erklärte, wie oft laut Statistik gelacht werden sollte im Kabarett.

 

Ein Plädoyer für die Unbeherrschtheit

© Desiree Dietsche

Barfuß und mit Ukulele: Tina Häussermann gibt sich bei ihrem Gastspiel im Lautlinger Stauffenbergschloss vielseitig, aber auch polarisierend.

Damit auch alles seine Ordnung hatte, stattete sie eine Zuschauerin der ersten Reihe – ihre „Humorbeauftragte“ – mit einer Konfettipistole aus, die an passender Stelle abgefeuert werden sollte.

Schließlich gilt „Selbst ist die Frau“, was sich angesichts der gerade mal drei Herren im voll besetzten Saal ohnehin als Credo herausstellte. Und überdies natürlich bestens zum Weltfrauentag am 8. März passte.

Häussermann selbst stilisierte sich jedenfalls nicht als Anhängerin stoischer Gelassenheit – ihr aktuelles Programm Futschikato ist vielmehr eine wohlüberspitzte Anleitung zum Aufregen. Daher war auch Mitmachen erwünscht bei der sogenannten „Wutprobe“, die letztendlich einen Kanon an choreographierten Gehässigkeiten im Saal anschwellen ließ.

Beispielsituationen, in denen gepflegtes Explodieren angeraten sei, präsentierte die Kabarettistin genügend – nicht funktionierende Funktionskleidung bekam ebenso ihr Fett weg wie Schlagerstars, Eltern auf dem Spielplatz und Wandtattoo-Sprüche. Passend zum Weltfrauentag verteilte Häussermann darüber hinaus Tipps zur Entspannung im Alltag, wie zum Beispiel den Mann mit DHL zu verschicken. Philosophisches Potenzial zeigte sich außerdem in sämtlichen Theorien rund um das Thema Beziehung, frei nach dem Motto „Ich spreche aus, was Sie sich nicht zu denken trauen.“

Ihre musikalische Ausbildung kommt der in Stuttgart lebenden Künstlerin zugute, denn nur mit ihr entstehen Arien auf Chipstüten. Ob auf dem Klavier oder der Ukulele, Häussermann dichtet auch bekannten Melodien urkomische Texte an. Doch sie kann nicht nur schrill und provokant, sondern auch nachdenklich und nostalgisch.

Manche Zuschauer im Schloss schien diese Seite mehr angesprochen zu haben. Die Kabarettistin bestätigte die Annahme, dass das aktuelle Programm absichtlich mehr Temperament einstreut, als man es von ihr gewohnt sei. Man müsse einfach alles mit einem Augenzwinkern betrachten. „Ich hab mich hier sehr wohl gefühlt“, meinte Tina Häussermann zur Schloss- und Albstadt-Atmosphäre.

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