Balingen

„Manna“ feiern am Fuß des Berges

27.01.2019

von Jennifer Dillmann

Die Jedermänner-Gruppe der TSG Balingen beging gestern den 100. Winterturngang. In der Jugendherberge Lochen schwelgte man gemeinsam in Erinnerungen.

So eine alte und bemerkenswerte Tradition gibt es in der ganzen Vereinigung nicht“, sagte Turngaupräsident Jürgen Koch. Vor 100 Jahren schon und am Sonntag wieder in alter Frische, kamen die Jedermänner der TSG-Turnabteilung zu ihrem Winterturngang zusammen.

„Manna“ feiern am Fuß des Berges

© Privat

Die Jedermänner der TSG-Balingen feierten gestern ihren 100. Winterturngang.

 

In Balingen gehört das sportliche Ereignis zu den ältesten Traditionen überhaupt und die Turner ist die Wanderung einer der höchsten Feiertage.

„Zum ersten Mal stiegen die ‚Manna‘ am 19. Januar 1919 auf den Lochen hinauf“, informierte Rudolf Hehl in seinem Festvortrag. An diesem Tag sei außerdem das Frauenwahlrecht eingeführt worden, verkündete er und fuhr lachend fort: „Ob unsere ‚Manna‘ wohl die Emanzipationsgründe bewegt haben?“

Die ersten Männer – und ausschließlich Männer -, die den Winterturngang beschritten, waren zwischen 25 und 50 Jahre alt. Da diese heutzutage schon weit über hundert Jahre alt wären, schöpfte Hehl sein Wissen aus Überlieferungen.

Gemeinschaft wird bei den Jedermännern großgeschrieben und wurde vielfach in den Grußworten der Ehrengäste erwähnt. So führte Ute Hirthe, Vorsitzende der TSG Balingen und mit einer Ausnahme einzige weibliche Teilnehmerin der Versammlung, Redewendungen wie „Freundschaft ist ein Kapital, das niemals zu Ende geht“ an – und überreichte einen finanziellen Beitrag zur Unterstützung der Männergruppe.

Turnabteilungsleiter André Plätke zeigte sich beeindruckt von dem Durchhaltevermögen, das die Männer in Sachen Freundschaft bewiesen. Georg Seeg, Gemeinderat und Vertreter von Oberbürgermeister Helmut Reitemann, bemerkte anerkennend: „Ich bin jetzt in einem Alter, in dem man sich freut, unter Leute zu kommen und alte Freunde zu sehen. Ihr macht das also genau richtig.“

Im Namen der Gemeinschaft wurde die Hundert-Jahr-Feier nicht hoch oben auf die Lochen verrichtet, sondern ausnahmsweise in der Jugendherberge, damit auch die ältesten Jedermänner, wie beispielsweise Geburtstagskind Fritz Gaiser mit stolzen 91 Jahren, ohne beschwerlichen Aufstieg daran teilhaben konnten.

„Nicht nur Geselligkeit ist euch wichtig, sondern auch das Ehrenamt“, betonte Turngaupräsident Jürgen Koch. Dies wusste Frieder Halter in seiner Begrüßung zu bestätigen, indem er den Gästen von den vier Bereichen erzählte, die die Gruppe zu organisieren hatte: den Ablauf der Feier, die Präsentation in der Zeitung, ein neu gestaltetes Liederbuch und – die größte Herausforderung – eine Chronik mit Bildern, Geschichten und Zeitungsartikeln mit nahezu 50 Seiten.

Ein Fotobuch des 100. Winterturngangs soll noch folgen. Da in ihrer Tradition nicht nur die Wanderung in die Höhe steht, sondern auch das Trällern von Liedern hinab ins Balinger Tal, erhielt jeder Gast am Sonntag ein Liederbuch.

Das hatte sogleich seinen ersten Einsatz und die Jedermänner sangen gemeinsam das Lied auf Seite eins: „Turner auf dem Streite“.

Hehl berichtete im Rahmen seines Festvortrags unter anderem von zwei Veränderungen im Winterturngang.

So haben die Männer zum einen das „Sonntagshäs“ mit Krawatte und Herrenmantel zunächst gegen Kniebundhose und Anorak eingetauscht, wobei sie inzwischen schon bei modernen atmungsaktiven Turnschuhen gelandet seien und zum anderen habe es früher in der Lochenhütte Rote Würstle und Brot gegeben, was die Feinschmecker inzwischen gegen eine schmackhafte Schlachtplatte eingetauscht haben.

Auch die Verkostung von Most und Likör steht in der Tradition hoch im Kurse und führe stets zu gehobener Stimmung, bestätigten die „Manna“.

Nach dem offiziellen Teil nahmen die rüstigen Herren den Aufstieg zum Lochenstein in Angriff, während die gemütlicheren Teilnehmer in der Jugendherberge mit Diashows und Videoaufzeichnungen unterhalten wurden. Nach einem musikalischen Beisammensein mit Kaffee und Kuchen beendeten die Jedermänner ihre Hundert-Jahr-Feier.

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