Waldorfkonzept wird 100: ein großes Miteinander mit dem Kind im Mittelpunkt

Im Jahre 1919 eröffnete die erste Waldorfschule in Stuttgart unter der Leitung von Emil und Berta Molt. Der Publizist und Redner Rudolf Steiner entwickelte hierfür ein eigenes pädagogisches Konzept, das sich stark von den damaligen Normen abgrenzte und das Kind in den Mittelpunkt stellt.

 

Was damals bereits als Revolution des zeitgenössischen Schulsystems galt, hat sich in seiner 100-jährigen Geschichte zur weltweit größten freien Schulbewegung weiterentwickelt.

Heute gibt es über 1100 Waldorfschulen auf der ganzen Welt - eine davon befindet sich seit 1986 in der Frommerner Hurdnagelstraße.

Lehrer als Vertrauenspersonen

Aber was macht das Waldorfkonzept so erfolgreich? Holger Grebe lehrt seit vielen Jahren Deutsch und Geschichte an der Balinger Waldorfschule.

Er sieht besonders in der verstärkten Gemeinschaft zwischen Lehrer und Schüler einen essenziellen Aspekt des Leitfadens seiner Schule. „Von Klasse 1 bis Klasse 8 übernimmt ein einzelner Pädagoge die Rolle des Klassenlehrers.

 

Hierdurch baut man eine viel intensivere Verbindung zu seinen Schülern auf, man wird zur Vertrauensperson“, erörtert Grebe.

Waldorfschulen sind staatlich anerkannte Ersatzschulen in freier Trägerschaft und agieren autonom als Vereine, so auch die Balinger Waldorfschule.

„Wir führen wöchentliche Konferenzen durch, bei denen das gesamte Kollegium sowohl bei unterrichtsinternen, als auch organisatorischen Angelegenheiten ein Mitspracherecht hat“, beschreibt Natalia Aculova, die mit zwei weiteren Kollegen zur Schulleitung gehört.

Der Campus in der Frommerner Hurdnagelstraße beherbergt neben der Schule auch einen Kindergarten mit etwa 80 belegten Plätzen und eine Krippe mit zehn Plätzen.

Die Waldorfschule zählt in diesem Schuljahr 380 Schülerinnen und Schüler, dazu kommen circa 100 Mitarbeiter auf dem Campus.

Die zahlreichen Eltern der Kinder und Jugendlichen gehören genauso zur schulischen Gemeinschaft wie das Kollegium und alle anderen Mitarbeiter.

„Dadurch, dass Waldorfschulen selbstverwaltet werden, spielt das Engagement der Eltern eine große Rolle. Es ergibt sich ein System zwischen Lehrern, Schülern und Eltern, was wiederum als ein großes Miteinander betrachtet werden kann“, erklärt Geschäftsführerin Diana Späth.

Das globale Denken fördern

Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums plant der Waldorfschulverein Zollernalb nun einige Veranstaltungen. Bereits jetzt tauschen Waldorfschulen weltweit bei dem Projekt Waldorf 100 untereinander Postkarten aus, in Balingen sind schon mehrere Hundert Karten aus aller Welt angekommen.

„Wir wollen somit besonders bei den jüngeren Schülern das globale Denken fördern“, erzählt Grebe. Die Karten sollen an eine große Weltkarte gepinnt und im Eingangssaal der Schule präsentiert werden.

Vorstandsmitglied und Lehrer Michael Vogel sieht in den Jubiläumprojekten besonders den gemeinschaftlichen Aspekt. „Das Projekt Waldorf 100 möchte primär Brücken zwischen den Schulen bauen“, erzählt er.

Für das restliche Jahr stehen bereits Termine für mehrere Jubiläumsveranstaltungen fest.

Heute findet jedoch zunächst ein Erlebnistag an der Balinger Waldorfschule statt. Von 10 bis 13 Uhr können Besucher den Campus erkunden und die einzelnen Einrichtungen kennenlernen. Auch offene Unterrichtseinheiten sind im Angebot. Eltern und Schüler sorgen für eine umfangreiche Verpflegung.

 

Veranstaltungen im Jubiläumsjahr

Vortrag Am Mittwoch, 20. März, erzählt die Anthroposophin Nana Göbel die Geschichte und Herausforderungen der weltweiten Waldorfbewegung im Eurythmiesaal der Balinger Waldorfschule.

Event Am Samstag, 18. Mai, plant die Waldorfschule eine Überraschung auf dem Balinger Wochenmarkt.

Kunst Am Freitag, 5. Juli, eröffnet eine Ausstellung im Balinger Landratsamt mit Werken der Schüler.

Festakt Am Samstag, 28. September, um 19 Uhr, findet im Festsaal der Waldorfschule das Jubiläumsevent zu Waldorf 100 statt.