Albstadt/Balingen

Wohnsitz aber keine Heimat: OB Reitemann zieht nach Balingen

25.01.2019

von Klaus Irion

Balingens Oberbürgermeister Helmut Reitemann zieht nach Balingen, sein Haus in Hohentengen gibt er aber nicht auf. Eine Kandidatur für eine erneute Wahl 2023 steht auch aus. ZAK-Redaktionsleiter Klaus Irion kommentiert die Wohnsitze der Bürgermeister in Wahlzeiten.

Der Kreistag wird gern auch einmal als „Bürgermeistergremium“ bezeichnet. Denn die überwiegende Mehrheit der hiesigen Stadt- und Gemeindeoberhäupter hat sich im Jahr 2014 erfolgreich um einen Kreistagssitz beworben. Eine der besonderen Ausnahmen war Balingen.

Wohnsitz aber keine Heimat: OB Reitemann zieht nach Balingen

Die Oberbürgermeister Klaus Konzelmann (Albstadt, oben links) und Helmut Reitemann (Balingen, oben rechts) wollen künftig auch im Kreistag ein Wörtchen mitreden. Konzelmann bei den Freien Wählern, Reitemann bei der CDU. Für die Freien Wähler kandidiert der Kreisrat und Balinger Bürgermeister Reinhold Schäfer (unten Mitte), Hechingens Bürgermeister Philipp Hahn (unten rechts) für die CDU. Noch unentschlossen ist der bisherige CDU-Kreisrat und Albstädter Bürgermeister Anton Reger (unten links).

Wie schon 2009 durfte Oberbürgermeister Helmut Reitemann auch 2014 nicht zur Wahl antreten, da sein Erstwohnsitz im 60 Kilometer entfernten Hohentengen im Landkreis Sigmaringen war.

Aus familiären Gründen hatte er sein einstiges Wahlversprechen, mit seiner Familie nach Balingen zu ziehen, nicht eingelöst. Stattdessen mietete er sich alleine in der Kreisstadt ein, was juristisch einem Zweitwohnsitz gleichkam. Die Kritik daran ist in Teilen der Balinger Bevölkerung bis heute nie ganz verstummt.

Und so wurden Balingens Kreistagsinteressen bis ins Jahr 2016 auf (ex-)bürgermeisterlicher Ebene von seinem Amtsvorgänger Dr. Edmund Merkel und seinem hauptamtlichen Stellvertreter Reinhold Schäfer wahrgenommen. Nach Merkels vorzeitigem Ausscheiden aus dem Gremium ist nun noch Schäfer übriggeblieben.

Reitemanns Glück: Auch „Konkurrent“ Albstadt war in den vergangenen Jahren im Kreistag bürgermeisterlich unterrepräsentiert. Denn Alt-OB Dr. Jürgen Gneveckow schied kurz nach seiner überraschenden Wahlniederlage im Jahr 2015 auf eigenen Wunsch aus dem Gremium aus.

Fortan vertrat Bürgermeister Anton Reger das Albstädter Rathaus. Wobei das so auch nicht ganz stimmt, denn Reger sitzt nicht für Albstadt, sondern für seinen Heimatbezirk Meßstetten im Kreistag.

Keine neue Heimat für Reitemann

Womit wir wieder beim Thema Wohnort versus Arbeitsort von (Ober-)Bürgermeistern wären. Der in Albstadt geborene und wohnende Albstädter Oberbürgermeister Klaus Konzelmann hat am Freitag im ZAK bekanntgegeben, dass er im Mai für einen Sitz im Kreistag zur Wahl stehen wird. Selbiges tat auch sein Amtskollege Reitemann kund.

Dafür verlegt er nun doch seinen Erstwohnsitz in die Balinger Friedrichstraße. Und er hat gar nicht erst versucht, abzustreiten, dass der um zwölf Jahre verspätete Umzug in „sein“ Balingen der Kreistagskandidatur geschuldet ist und nicht dem Umstand, dass er die Kreisstadt für sich und seine Familie als neue Heimat entdeckt hat.

Letzteres hätte man ihm abnehmen können, wenn er sein Haus in Hohentengen aufgegeben und bereits heute seine Kandidatur für eine dritte Balinger OB-Amtszeit im Jahr 2023 bekanntgegeben hätte. Beides ist jedoch nicht der Fall.

Und so wird Reitemann weiterhin damit leben müssen, dass hinter vorgehaltener Hand immer häufiger der Satz zu hören ist: Der OB hinterlässt im Jahr 2023 „seiner“ Stadt als Abschiedsgeschenk die Gartenschau und einem Nachfolger dann die Schlüssel fürs Rathaus, ehe es zurückgeht in die oberschwäbische Heimat.

Es wird spannend sein, zu sehen, wie die Wähler dem tief verwurzelten Albstädter beziehungsweise dem neu verwurzelten Balinger Oberbürgermeister bei der Kreistagswahl den Rücken stärken.

Wohnsitz aber keine Heimat: OB Reitemann zieht nach Balingen

ZAK-Redaktionsleiter Klaus Irion.

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