Erlaheim

Das Grauen des Krieges wird in der Erlaheimer Kulturscheune greifbar

21.01.2019

Zahlreiche Zuhörer erlebten eine bewegende, szenische Lesung in der Erlaheimer Kulturscheune mit der Botschaft, dass Frieden das Wichtigste ist auf unserer Welt.

Das Grauen des Krieges wird in der Erlaheimer Kulturscheune greifbar

© Angelika Welte

Die Bühne der Kulturscheune verwandelte sich am Samstag in einen Schützengraben.

In die Zeit vor 100 Jahren entführte die Veranstaltung „Warum Frida eigentlich Frieda hieß“ am Samstag in der Kulturscheune Erlaheim die Besucher. Die Briefe des Landwirts Wilhelm Grübele aus Unterweissach an seine Familie von der Front im Ersten Weltkriegs sind die Grundlage dieser ganz besonderen szenischen Lesung, untermalt mit Musik.

Briefe als Mahnung

Manuela Stricker schlüpft im schwarzen Kleid in die Rolle ihrer Großmutter und beginnt mit den Worten: „Mein Name ist Frida Grübele. Ich kam am 1. Januar 1019 auf die Welt“. Ihr Ehemann Markus Stricker hat das Drehbuch zu dieser dokumentierten Familiengeschichte geschrieben, damit sie nicht in Vergessenheit gerät.

In der Veranstaltung wechseln sich Erzählungen und Lesungen aus Briefen ab, die sich Fridas Eltern, Pauline und Wilhelm Grübele, geschrieben haben, als er sich an der Front in Frankreich befand. Fridas Vater wollte, dass die Briefe, Fotografien und Karten als Mahnung für seine Kinder und Enkel aufbewahrt werden und dass diese schlimme Zeit niemals in Vergessenheit gerät.

Als Oberlehrer aus jener Zeit tritt Jürgen auf. Er ermutigt zunächst seine Schüler in den Krieg zu ziehen. Zwischendurch liest er Meldungen aus der Zeitung vor, wie „der Kriegerverein lädt ein zur Vollversammlung anlässlich des Geburtstages des Kaisers“ oder auch „Läuse beseitigt innerhalb von Minuten Haarelement. Sendet Haarelement ins Feld …“ Die ganze Grausamkeit des Krieges wird in den Briefen von der Front deutlich.

Die Szene, als dann fälschlicherweise das Gerücht umgeht, Wilhelm Grübele ist tot, geht den Zuschauern unter die Haut, in manchen Augen glänzen Tränen.

Die Männer an der Front warten sehnsüchtig auf Briefe und Pakete mit Essbarem von daheim, zuhause wartete man auf Lebenszeichen der Soldaten.

Pauline Grübele muss für ihre Familien mit damals drei kleinen Kindern sorgen und die kleine Landwirtschaft über die Runden bringen. „Ich falle abends todmüde ins Bett und bin oft fast zu müde, um Dir noch zu Schreiben“ – so steht es in einem Brief von Pauline an ihren Wilhelm.

Lieder vom Frontmann der Schwabenband Wendrsonn, Markus Stricker und dem Gitarristen Micha Schad, sind in die Szenen eingestreut. Sie singen „Muss i dann zum Städtele hinaus“ und das Kinderlied „Maikäfer flieg, dr Vaddr isch em Krieg“.

Zu den eintreffenden Todesnachrichten, vorgetragen von Jürgen Hestler, erklingt das Uhland-Lied „Ich hat einen Kameraden“ auf ganz leise, unpathetische Weise.

Auch wird ganz ohne instrumentale Begleitung gesungen, so wie die Soldaten in ihren Schützengräber unter der Erde gesungen haben.

Lili Marleen berührt

Das Lied von „Lili Marleen“, geschrieben von Hans Leip in der Nacht vom 3. auf den 4. April im Jahr 1915 in der Berliner Maikäferkaserne, berührt das Publikum ganz besonders.

Die Darstellungsgruppe süddeutsches Militär tritt in originalgetreu nachgeschneiderten Uniformen auf und erläutert die Kampfausrüstung der Infanterie.

Die Lesung wird ergänzt durch historische Informationen, etwa über die Hungersnot im „Steckrübenwinter 1916/1917“ oder die Versorgung der Soldaten mit Lebensmitteln. Selbst das Brot werde mit Holzspänen gestreckt.

In einer weiteren Szene sitzen drei Soldaten hinter der Front zusammengekauert um ein kleines Lagerfeuer, vor sich ihre Gasmasken in röhrenförmigen Behältern. Sie versuchen Buchenblätter zu rauchen.

Aber das schmeckt ihnen nicht recht, sie haben Hunger und seit Wochen durchweichte Stiefel und nasse Füße. Sie haben nur einen Wunsch: heimkehren. Das Durchschnittsgewicht der Soldaten betrug damals 55 Kilogramm, erfahren die Besucher.

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