Obernheim

Fasnet wie sie früher gefeiert wurde

09.01.2019

Die Hexenzunft Obernheim wird heuer 80 Jahre alt. Die Zunft öffnet zu diesem besonderen Jubiläum ihre Chronik und blättert in der historischen Fotoalben.

Am 5. Februar 1939 wurde die Narrenvereinigung Obernheim als Verein gegründet. Dieses Ereignis nimmt die Hexenzunft zum Anlass die diesjährige Fasnet mit besonderen Veranstaltungen zu bereichern und Akzente zu setzen.

Fasnet wie sie früher gefeiert wurde

© Archiv/Wittmer

Ein Bild aus längst vergangenen Tagen. Man erkennt Häuserzellen, deren Gesicht sich grundlegend verändert hat. Aber die Schneemassen sind mit dem Wintereinbruch von 2019 vergleichbar.

Am 2. Februar 2019, also fast auf den Tag genau, wird es einen Jubiläumsabend geben, wozu die Vorbereitungen längst auf Hochtouren laufen. „Ma goht ge hexa“ lautet das Motto für dieses Event in und um die Festhalle.

Das närrische Brauchtum ist in Obernheim schon viel länger tief verwurzelt. Schriftliche Aufzeichnungen reichen weit ins 19. Jahrhundert zurück. Doch sind diese Belege in ihrer Aussage nicht so klar formuliert, um hieraus der Ablauf der jährlichen Fasnet genau interpretieren zu können. Auch gibt es über Details nur wenige mündliche Überlieferungen.

„Ma goht ge hexa“, diese ortsübliche Redewendung haben jedoch schon die Vorfahren ihren Kindern mit auf den Weg gegeben. Für den Unbedarften ist dieser Ausspruch ein globaler Umschrieb für die Obernheimer Fasnet. Anders für die Hexen selbst. Für sie stehen diese wenige Worte klar als Wegführer des närrischen Treibens.

Das im Jahr 2014 herausgegebene Fasnetsbuch mit dem selben Titel liefert seitenweise Belege über die Entstehung und Entwicklung der Obernheimer Fasnet. Jetzt noch Zeitzeugen zu befragen gestaltet sich da weitaus schwieriger.

Die Straßen- wie auch die Saalfasnet haben vor der Gründung der Narrenvereinigung die örtlichen Vereine organisiert und durchgeführt. Da der Musikkapelle, ob für Umzüge oder für Veranstaltungen in Gasthäusern, der Part der musikalischen Unterhaltung vorgegeben war, hatten vornehmlich der Turnverein und der Gesangverein für das weitere Programm zu sorgen. Aus deren Annalen gibt es auch etliche aufschlussreiche Aufzeichnungen. Die Mitglieder der Vereinsvorstände bildeten eine närrisches Komitee. Bereits gegen Ende der Zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts wurde daraus ein Elferrat berufen.

Zu jener Zeit bediente man sich in der schwäbisch-alemannischen Fasnet recht gerne auch rheinisch-karnevalistischer Strukturen. Mit der Gründung des Narrenvereinigung vor 80 Jahren wurde dann ein Elferrat mit Präsident gewählt. In den Anfangsjahren waren hierin noch die Vorstände von Vereinen vertreten. Vor 1930 gehörte zur Obernheimer Saalfastnacht, auch Kappenabend genannt, am Fastnachtssonntag zumeist die Aufführung eines Theaterstückes und kleinere Sketche. Sänger, der „Harmonie“ haben teils selbst gedichtete Lieder vorgetragen. Und die Turner zeigten unter anderem, wie könnte es anders sein, in belustigender Weise ihr sportliches Repertoire. Erst nach 1930 stellten die Verantwortlichen ein Unterhaltungsprogramm für eine Prunksitzung zusammen. Hierbei wurden dann die Beiträge der Hechel wie auch erste Büttenreden vorgetragen.

Einzelne Freundesgruppen mit überwiegend jüngeren Teilnehmern gestalteten das abendfüllende Programm mit. Die Hexengruppe trug mit dem Hexensabbat ebenfalls zur Gestaltung des Abends bei. Diese Form der Saalfasnet wurde dann nach dem zweiten Weltkrieg zunächst so weiter geführt.

Zusätzlich zu dieser Prunksitzung veranstalteten einzelne Vereine einen Kappenabend, einfach mit Tanz- und Unterhaltung. Derartige Veranstaltungen wurden auch schon vor dem „Schmotzigen“, abgehalten.

Zur Obernheimer Straßenfasnet zählte seit Beginn der Aufzeichnungen ein Umzug am Fasnetmontag. Diesen Umzug gestalteten Gruppen von Vereinsmitgliedern der wenigen Obernheimer Vereine. Zum Ende des 19. Jahrhunderts gab es sicherlich Hexengruppen.

Es war leicht, älteres, teils abgetragenes Häs, aus dem häuslichen Fundus anzuziehen, ein Stück Vorhangstoff vors Gesicht und schon war man nicht mehr erkennbar. Ein einheitliches Hexenhäs gab es sicher noch nicht. Dessen Zeit kam erst deutlich später. Anders verhielt es sich bei Gruppenauftritten. Hierfür nähten verschiedene Aktive sich ihr einheitliches Häs selbst, um so als geschlossene Gruppen auftreten zu können. In den früheren Jahresberichten des Turnvereins ist festgehalten, dass die Fasnet jährlich nach einem gemeinsamen Motto abgehalten worden war. Dementsprechend wurde auch die Verkleidung und Maskerade ausgesucht oder angefertigt. Wie aktuell die Fasnet sein konnte zeigt ein Eintrag in der Pfarrchronik von 1895:

„ ... in der Fastnacht wurde von den Demokraten ein Fastnachumzug veranstaltet, wobei ein Mensch in das Gewand eines Mönchs gekleidet, mit einer Eselsmaske auf dem Kopfe die Hauptfigur bildete, er so einen ganzen katholischen Orte alles was einem katholischen Christen heilig und teuer ist, in den Kot gezerrt wurde.“

Etwa um 1925 taucht im Zunftarchiv erstmals ein Foto mit einem Clon (Clown) auf. Dieses Häs war anfangs wohl nur den Erwachsenen vorbehalten. Als Kind ging man einfach mit älterem Häs verkleidet zum Hexen. Diese Epoche kann auch als Zeit der „Schlutt“ angesehen werden.

Insbesondere nach der Inflation gab es Mitte der Zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts zu wenig Geld, um sich den Luxus mit buntem Narrenkostüm leisten zu können.

Nach 1930 nahm die Fasnet dann eine rasche Entwicklung. Es bildete sich eine größere Hexengruppe, welche in ein Narrenspiel mit einem Hexenprozess eingebunden worden ist. Die Aufführung des Schauspiels erfolgte auf der „Stühl“ (Ortsmitte), die ersten Jahre allerdings noch Hexenverbrennung. In der Zeit der Vorbereitungen zur Vereinsgründung beschäftigten sich die Fasnetoberen mit der Vereinheitlichung des Hexenhäses und der Anschaffung von Masken. Selbige wurde erstmals anlässlich der Fasnet 1939 getragen. Zum Hexenhäs gehörte neben einem langen Rock, einer Jacke, einer Schürze auch eine lange weiße Unterhose, Strohschuhe und Strohzöpfe an der Larve.

 

Möglichst alles in einem Guss machen.

 

Ma goht ge hexa wird zum geflügelten Wort.

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