Albstadt-Tailfingen

Frühes Festgeschenk: Günther Maria Halmer liest im Thalia

09.12.2018

von Katja Weiger

Weihnachten naht mit großen Schritten. Der große deutsche Schauspieler Günther Maria Halmer hat am Samstag im Tailfinger Thalia vergnüglich auf die kommenden Festtage eingestimmt.

Wenn man nicht aufpasst, kann die Adventszeit bei aller Besinnlichkeit ganz schön stressig werden. Hier wird zum Bazar eingeladen, dort zum Jahresabschluss – wie gut tut da ein Abend mit feingeistigem Programm.

Frühes Festgeschenk: Günther Maria Halmer liest im Thalia

© Katja Weiger

Besinnliche Atmosphäre im Tailfinger Thalia-Theater: Der bekannte Schauspieler Günther Maria Halmer liest Weihnachtliches.

Die vom ZOLLERN-ALB-KURIER präsentierte Lesung mit Günther Maria Halmer hieß „Fröhliche Weihnachten“ – und „fröhlich“ war dabei gepflegt untertrieben.

Der Schauspieler bescherte seinen Zuhörern mit feiner, erlesener Literatur ein frühes Festgeschenk, voll Adventszauber und bayrischem Lokalkolorit. Großes Kino in Albstadt also – und das ganz sprichwörtlich.

Das Repertoire reichte von Erich Kästner oder Joachim Ringelnatz über bayrische Klassiker bis hin zu William Somerset Maugham, von Lyrisch-Gereimtem und Kurzgeschichten hin zu Heiterem und nachdenklich Stimmendem.

Innehalten, lachen, Literatur genießen – noch dazu brillant vorgetragen. Herz, was willst Du mehr?

Lebendige Interpretationen der Texte

Günther Maria Halmer hat die Alb jüngst schätzen gelernt. Das erzählte er seinen faszinierten Zuhörern mit kleinem Augenzwinkern: und zwar bei Dreharbeiten in Burladingen für den Film „Die Vergesslichkeit der Eichhörnchen“.

In diesem spielt er den von Demenz betroffenen Senior Curt, der mitten im Jahr Weihnachten feiern möchte. Der Streifen kommt voraussichtlich 2019 in die Kinos. So lange mussten die Fans nicht warten – zum Glück.

Wie beliebt der große Charakterdarsteller ist, hatte bereits der stattliche Besucherandrang im Thalia gezeigt, und die vielen Gäste wurden nicht enttäuscht.

Günther Maria Halmer ist ein überragender Schauspieler, der sein Publikum sofort für sich einnimmt: durch seine enorme Bühnenpräsenz, durch seine beeindruckende Persönlichkeit, aber vor allem auch durch die lebendige Interpretation der Texte.

Halmer hat seinen Charme nicht verloren

Mitte der 70er-Jahre hatte der Schauspieler – quasi als Paraderolle – in Helmut Dietls „Münchner Geschichten“ das pfiffige Schlitzohr Tscharlie gemimt.

Auch wenn Günther Maria Halmer zwischenzeitlich 75 Jahre alt ist, hat er, unzählige Filme, Fernsehspiele und Serien später, nichts von diesem knitzen Charme eingebüßt.

Nach Albstadt hatte der gebürtiger Rosenheimer nicht nur den herben Liebreiz Oberbayerns gebracht, sondern mit Werken von Oskar Maria Graf oder Ludwig Thoma auch die romantische Note der alpenländischen Weihnacht.

Charaktere bekommen Leben und Kontur

Halmer ist Vollblut-Schauspieler. Er liest nicht nur; er verleiht vielmehr jedem einzelnen Charakter Leben und Kontur, durch Stimme, Mimik, Gestik.

Im Thalia widmete er sich, malerisch unter der geschmückten Tanne sitzend, nicht nur Werken aus vergangenen Jahrzehnten, sondern nimmt auch den Zeitgeist unter die Lupe, mal heiter, mal mahnend.

Batman statt Christuskind 

Wenn gar nichts mehr klappen mag, am Fest der Liebe, das erfuhren die Besucher beispielsweise, müsse eben improvisiert werden.

Als Krippen-Josef taugt zur Not auch eine Donald-Duck-Figur, und statt filigraner Engel hütet eben ein stattlicher Batman das Christuskind.

Oder die fein gewachsene bayrische Edeltanne wird mit Weißbier gegossen. Für den schönen Glanz der Nadeln. Warum auch nicht?

Publikum genießt die Ansichten eines Widerborstigen

Bei allem Charme: Günther Maria Halmer ist keiner, der sich gern in Schablonen pressen lässt.

Seine Schulkarriere beispielsweise ist geprägt von Misserfolgen. Als junger Mann hat er sogar in einem kanadischen Asbest-Bergwerk geschuftet.

Eine Erfahrung, so wird er sich Jahrzehnte später in seiner Biografie erinnern, die ihn für sein Leben prägen sollte.

Nach der Lesung signierte der Schauspieler genau diese Biografie. Sie trägt den Titel „Fliegen kann jeder“. Der Untertitel lautet: „Ansichten eines Widerborstigen.“

Das Albstädter Publikum hat diese Ansichten auf jeden Fall sehr genossen.

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