Balingen

Unsere Heimatmuseen: das Balinger Waagenmuseum

14.11.2018

von Lydia Wania-Dreher

Von der einfachen mechanischen Waage der Römer bis hin zum modernen Hightechgerät mit Internetanschluss: Das Waagenmuseum im Balinger Zollernschloss zeigt nahezu lückenlos die Entwicklung des vielfältigen Messgeräts. 

Ob im Supermarkt an der Käsetheke oder zu Hause im Bad: Waagen begegnen uns jeden Tag. Doch wie funktionieren diese vielfältigen Messgeräte? Das zeigt das Waagenmuseum im Balinger Zollernschloss. Dort werden auf zwei Etagen rund 500 Exponate ausgestellt.

Unsere Heimatmuseen: das Balinger Waagenmuseum

© Lydia Wania-Dreher/privat

Beim Einkaufen unverzichtbar: Die Ladenwaage wurde von Bizerba immer weiterentwickelt.

Das Museum existiert dank der Sammelleidenschaft des Balinger Waagenfabrikanten Professor Wilhelm Kraut. Der Schwiegersohn und Nachfolger des Firmengründers von Bizerba, Andreas Bizer, stellte im Jahr 1943 seine Privatsammlung der Stadt als Dauerleihgabe zur Verfügung. Die Exponate werden seitdem – nur mit einer Unterbrechung während der Luftangriffe des Zweiten Weltkriegs – im Zollernschloss gezeigt. Erweitert wird die Ausstellung seit 2005 durch zahlreiche Leihgaben des Präzisionswaagen-Herstellers Kern & Sohn.

Unsere Heimatmuseen: das Balinger Waagenmuseum

© Lydia Wania-Dreher/privat

Kinder können in einem Erlebnisraum Waagen nachbauen und so spielend erfahren, welche verschiedenen Wägetechniken es gibt.

Die ältesten Exponate befinden sich im ersten Obergeschoss. Hier hängt, gut geschützt hinter Glas, eine original römische Schnellwaage aus Bronze. Wenige Meter daneben wird das Werk eines schwäbischen Tüftlers ausgestellt: die Neigungswaage des Onstmettinger Pfarrers Philipp Matthäus Hahn. Seine Erfindung revolutionierte den Waagenbau, weil sie ohne lose Gewichte auskam und sich leicht bauen ließ. Übrigens: Auch die Sonnenuhr der Balinger Stadtkirche stammt von Philipp Matthäus Hahn.

Unsere Heimatmuseen: das Balinger Waagenmuseum

© Lydia Wania-Dreher/privat

Rund 500 Exponate gibt es im Waagenmuseum zu bestaunen. Darunter ist auch die Neigungswaage von Philipp Matthäus Hahn, die Mitarbeiter Hans Löwen zeigt.

Das Prinzip der Neigungswaage wurde von Bizerba für die Ladenwaage übernommen und immer weiter entwickelt. Zahlreiche Exponate zeigen die stetige Verbesserung. Erst Ende der 1970er-Jahre wurde die Neigungswaage von rein elektronischen Geräten abgelöst. Heute sind Ladenwaagen mit dem Internet verbunden und bestellen automatisch Ware nach. Kunden und auch Museumsbesucher bekommen auf Wunsch auch ein passendes Rezept zum Einkauf ausgedruckt.

Unsere Heimatmuseen: das Balinger Waagenmuseum

© Lydia Wania-Dreher/privat

Briefwaage der Firma Gottlieb Kern, um 1875.

Wer dann zu viel eingekauft und gegessen hat, kann sich das an einer großen Personenwaage aus den 1950er-Jahren schriftlich geben lassen. „Für zehn Pfennig konnte man sich früher am Bahnhof wiegen“, weiß der langjährige Museumsmitarbeiter und frühere Leiter Hans Löwen. Heute bekommt man für fünf Cent im Museum sein Gewicht auf ein Kärtchen gedruckt.

Um einen Bruchteil von Kilos geht es bei den Präzisionswaagen der Firma Kern & Sohn. Sie messen im Milligrammbereich und werden unter anderem in Laboren eingesetzt. Ursprünglich hatte das 1844 gegründete Familienunternehmen seinen Sitz in Onstmettingen und später in Ebingen. Wie ein Arbeitsplatz um 1860 in einer solchen Fabrik ausgesehen hat, zeigt das Museum sehr anschaulich in einer Nachbildung. „Kern & Sohn mussten aus Albstadt weg, weil sie die Waagen aufgrund des Zollerngrabens dort nicht eichen könnten“, erklärt Stadtarchivarin Dr. Yvonne Arras, den Umzug nach Balingen.

Seit der umfangreichen Neugestaltung im Jahr 2016 gibt es im Balinger Waagenmuseum einen extra Raum für Kinder. Hier können die jungen Museumsbesucher verschiedene Waagenmodelle zusammenbauen. Auch für Kindergärten und Gruppen gibt es spezielle Angebote. Ob das Geld der Sparkassen-Stiftung dafür genutzt wird, steht noch nicht fest. „Ich freue mich sehr über die Spende . Wir haben gar nicht damit gerechnet“, erzählt Dr. Arras. Nun werde man in Ruhe überlegen, wofür man das Geld nutzen werde.

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