Balingen

Das Frauenwahlrecht in Deutschland wird hundert

10.11.2018

Mit der ersten Frauenzeitschrift, herausgegeben von Louise Otto, kam der Stein ins Rollen.

Am Montag, 12. November, dürfen sich alle deutschen Frauen freuen. Der Grund: An diesem Tag feiert das Frauenwahlrecht in Deutschland sein 100-jähriges Bestehen.

Denn, so stand es im Paragraf 2 des Reichswahlgesetzes von 1918: „Wahlberechtigt sind alle deutschen Männer und Frauen...“ Dass dieses Recht von den Frauen des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts hart erkämpft werden musste, darüber hielt die Stuttgarter Historikerin Claudia Weinschenk kürzlich einen Vortrag in der Stadthalle Balingen.

Die Veranstaltung war die Auftaktveranstaltung für weitere sieben Veranstaltungen, die sich mit dem Frauenwahlrecht früher und heute, Frauen in der Kommunalpolitik oder weiteren Frauenthemen wie beispielsweise: „Gut organisiert und fokussiert durchs Leben – Familie, Beruf, Freizeit. Management für die engagierte Frau“, einem Seminar der Volkshochschule Balingen auseinandersetzen.

Keine Rechte

Begonnen hatte alles 1849, als Louise Otto die erste Frauenzeitschrift herausbrachte. Zur damaligen Zeit eine Provokation und Revolution, denn das bürgerliche Frauenbild jener Zeit beschränkte sich auf häusliche Aufgaben des weiblichen Geschlechts.

Zu dieser Zeit hatten Frauen zwar die deutsche Staatsangehörigkeit, jedoch keine staatsbürgerlichen Rechte und deshalb schon gar kein Recht auf eine politische Beteiligung, insbesondere kein Wahlrecht.

Es galt ausschließlich das Abstammungsprinzip, welches über die Staatsangehörigkeit des Mannes definiert war, unter dessen Gewalt Frauen in jeglicher Hinsicht standen. Als die Paulskirchenverfassung 1848/49 eine bürgerliche Revolution mittels gleichem, unmittelbarem und geheimem Wahlrecht herbeiführte, wurde das Frauenwahlrecht noch nicht einmal für wirklich diskussionswürdig befunden.

Die Ausnahmen

Im preußischen Vereinsrecht, das von 1851 bis 1908 galt, wurden politische Vereine zwar zugelassen, ausdrücklich ausgenommen davon waren jedoch „...Frauen, Schüler und Lehrlinge...“. 1865 kam dann jedoch der erste wichtige Schritt in der Frauenbewegung: die Gründung des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins, der sich zum Ziel gesetzt hatte: „Eine erhöhte Bildung des weiblichen Geschlechts“ durchzusetzen.

Die erste deutsche Frau, die dann auch das Frauenwahlrecht öffentlich forderte, war Hedwig Dohm. Für sie stand fest: Frauenrechte sind Menschenrechte. Die bekannteste deutsche Frauenrechtlerin ist wohl Clara Zetkin, für die das „...Frauenwahlrecht Etappenziel auf dem Weg zum Sozialismus“ war.

Der Weltfrauentag

Eingerichtet wurde der jährliche Weltfrauentag am 8. März bereits 1911. Nach den Kriegsjahren von 1914 bis 1918, in denen Frauen einen erheblichen Anteil der Arbeit übernehmen mussten, gab es für die Frauenbewegung kein Halten mehr.

Deshalb wurde das Recht zu Wählen schließlich von oben eingeführt. Dass dies ein Schritt in die richtige Richtung gewesen war, zeigten die Wahlen zur verfassungsgebenden Nationalversammlung mit einer Wahlbeteiligung von 82 Prozent. Die Weimarer Verfassung manifestierte daraufhin in Art. 109: „Alle Deutschen sind vor dem Gesetz gleich.“

Damit hatten Frauen und Männer grundsätzlich dieselben staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. Dummerweise gab es dafür niemals ausformulierte Durchführungsbestimmungen, so dass das Frauenwahlrecht lange Zeit noch immer nicht einklagbar war.

Wie selbstverständlich das Frauenwahlrecht heute erscheint, zeigte die recht geringe Zuhörerzahl. Bis zur Europawahl am 26. Mai 2019 ist jedoch noch genügend Zeit die weiteren Veranstaltungen zu besuchen. „Frauen werbt und wählt. Jede Stimme zählt.“ – dieser Aufruf von Elly Heuss-Knapp von 1918, gilt damals wie heute.

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