Balingen

So wird die Stickoxidbelastung in Endingen gemessen

30.08.2018

von Pascal Tonnemacher

Ein Filter im Röhrchen am Straßenrand: Mit sogenannten Passivsammlern misst die LUBW die Stickstoffdioxidbelastung in der Umweltzone. Wir erklären, wie das funktioniert.

Plastikrohre an Metallstangen am Straßenrand? Sehen billig und unnütz aus, sind aber die Passivsammler der Balinger Umweltzone, die derzeit nur noch in der Schömberger Straße in Endingen stehen. In diesem einfachen Kunststoffrohr, das einem Abflussrohr ähnelt, versteckt sich jedoch mehr als Kruscht.

So wird die Stickoxidbelastung in Endingen gemessen

© Pascal Tonnemacher

Der Passivsammler in der Schömberger Straße in Endingen.

Wie die Grafik der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) zeigt, hängt ein 7,5 Zentimeter langes Glasröhrchen senkrecht in diesem Kunststoffrohr, das das Röhrchen vor der Witterung schützen soll.

So wird die Stickoxidbelastung in Endingen gemessen

© Grafik: Landesanstalt für Umwelt BW

Ein Glasfaserfilter im Glasröhrchen, drum herum ein Plastikrohr: So sind die Passivsammler, die in Balingen zur Stickoxidmessung eingesetzt werden, aufgebaut.

Am Ende des Röhrchen ist eine Polyethenkappe als Verschluss eingebaut. In dieser liegt ein beschichteter Glasfaserfilter, das Herzstück des Passivsammlers. Denn dort lagert sich das Stickstoffdioxid ab, nachdem es sich von unten kommend im Glasrohr ausgebreitet hat. An der unteren Öffnung des Glasröhrchens ist eine Turbulenzbarriere angebracht, eine sogenannte PE-Fritte. So soll eine statische Luftschicht sichergestellt werden, die von der Windgeschwindigkeit unabhängig ist.

Das angelagerte Stickstoffdioxid wird aus dem Filter gelöst

Mittels der sogenannten Ionenchromatografie wird das angelagerte Stickstoffdioxid dann in einem Labor gemessen. Zusammen mit Wasser wird das Stickstoffdioxid aus dem Glasfaserfilter rausgelöst. Das nennt sich wässrige Elution. Durch geeignete Analyseverfahren wird dann der Messwert ermittelt.

Der Passivsammler wird auch Palmes-Sammler genannt. „Die Messmethode hat sich seit der Einführung in den 1970er Jahren durch Edward Palmes und andere in unzähligen Messkampagnen weltweit bewährt“, schreibt die Technische Universität Berlin in einem Sachstandsbericht der wissenschaftlichen Dienste des Bundestages zu stationären Stickstoffoxid-Messungen, der zu Beginn des Jahres veröffentlicht wurde. „Die räumliche Verteilung von Luftschadstoffen ist hochkomplex und wird unter anderem von Wind, Temperaturen, Niederschlag, Luftdruck, Bebauung und anderen Faktoren bestimmt“, heißt es darin weiter.

Deshalb sei es kaum möglich, die Belastung zwischen zwei Messpunkten zu berechnen. Es könne lediglich gesagt werden, wie hoch die Belastung im Mittel über einen bestimmten Zeitraum war. „Spitzenwerte, wie etwa bei einem Verkehrsstau oder Tiefstwerte wie etwa während eines Herbststurms, fließen dann in die mittlere Belastung ein,“ so die TU Berlin weiter.

Das Regierungspräsidium Tübingen erklärt auf ZAK-Anfrage auch, wieso die Passivsammler nur am Straßenrand stehen: „Luftschadstoffmessungen müssen gemäß Bundesimmissionsschutzverordnung an den mutmaßlich höchst belasteten Bereichen durchgeführt werden und in Bereichen durchgeführt werden, die für die Exposition der Bevölkerung allgemein repräsentativ sind.“ Das bedeutet, sie stehen dort, wo die Menschen auch den Schadstoffen ausgesetzt sind, also im Stadtgebiet und nicht außerhalb, am Rande der Bundesstraße beispielsweise.

„Die Umweltzone wirkt“

Die LUBW betreibe generell Spotmessungen und ein Luftmessnetz. In Balingen sind es Spotmessungen an innerörtlichen Straßen mit hohem Verkehrsaufkommen sowie schlechten Ausbreitungsbedingungen, heißt es. Diese seien zeitlich begrenzt und bestehen nur so lange wie der Grenzwert überschritten wird. Deshalb blieben 2018 nur die Passivsammler in Endingen bestehen. Messstationen in Wohngebieten wären dem Luftmessnetz zugeordnet, mit dem die allgemein repräsentative Belastung der Bevölkerung gemessen wird.

Das RP ist sicher, dass die Umweltzone tatsächlich ihren Beitrag zu den sinkenden Messwerten hat: „Durch das Festsetzen einer Umweltzone werden Fahrzeuge mit hohem Schadstoffausstoß von Fahrten in Gebiete mit hohen Schadstoffbelastungen ausgeschlossen“, heißt es in einer Stellungnahme.

Dadurch werde eine vorgezogene Erneuerung der Flotte bewirkt. Die Autos, die im Balinger Stadtgebiet fahren, seien also dank Umweltzone sauberer. „Die Umweltzonen haben sich vielfach und langjährig bewährt,“ heißt es abschließend aus dem Regierungspräsidium.

 

71 Mal die falsche Plaketten an der Windschutzscheibe

Der Gemeindevollzugsdienst in Balingen hat seit April 2017 genau 71 Verfahren wegen eines Verstoßes gegen die Umweltzone durchgeführt. Die Kontrolleure achten neben der Parkscheibenkontrolle auch auf die grüne Umweltplakette – jedoch nur im ruhenden Verkehr.

Die Polizei ist für den fließenden Verkehr zuständig, hat aber keine Verstöße festgestellt. „Ich kann mich an keinen Fall erinnern“, sagt Gerhard Schuler, stellvertretender Revierleiter der Balinger Polizei. „Wir kümmern uns auch lieber um wichtigere Sachen“, fasst Schuler zusammen.

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