Rangendingen

„Ja zum Leben sagen“

25.04.2018

von Klaus Stifel

Stammzellenspenden retten Leben. Das weiß eine Kollegin der an Leukämie erkrankten Rangendingerin Angela Wehrmann aus eigener Erfahrung.

Die 27-jährige Julia Hönke ist Lehrerin an der Rangendinger Schule und eine Kollegin der an Leukämie erkrankten Angela Wehrmann. Im Juli half sie mit ihrer Stammzellenspende einem 19-jährigen US-Amerikaner.

„Ja zum Leben sagen“

© Stiefel

Julia Hönkes Stammzellen haben schon Leben gerettet. Sie steht für uns Rede und Antwort.

Frau Hönke, wann ließen Sie sich typisieren, und wie kam es zu dieser Bereitschaft?

Julia Hönke: Ich habe mich bereits 2016 zu diesem Schritt entschlossen, nachdem ich immer wieder Aufrufe zu Spendenaktionen für junge Menschen und Kinder mitbekommen habe. Deshalb habe ich mich sehr intensiv damit auseinandergesetzt, ob ich selbst spenden soll oder nicht. Wie Sie wissen, habe ich mich ja dann dazu entschlossen es zu tun. Schon ein Jahr nach meiner Typisierung meldete sich die DKMS bei mir und bat mich, zur Voruntersuchung zu kommen. Jetzt wurde mir klar, dass ich mit hoher Wahrscheinlichkeit als Spender in Frage komme.

Wie erfolgte die Zellentnahme?

In meinem Fall wurde in einem Krankenhaus in Köln eine operative Knochenmarkentnahme aus dem Beckenkammknochen durchgeführt. Die Operation lief in einem hochprofessionellen Umfeld ab. Ich wurde wirklich sehr gut umsorgt und versorgt und konnte das Krankenhaus bereits einen Tag nach dem Eingriff wieder verlassen. Von der Entnahme selbst habe ich nichts mitbekommen. Als Erinnerung blieb mir der von der DKMS in Aussicht gestellte Prellungsschmerz. Mehr war es nicht.

Welche Gefühle begleiteten Sie auf den Weg ins Krankenhaus und zurück? War es ein hoher Bürokratieaufwand?

Natürlich ist es so, dass man etwas unruhig wird und sich natürlich dann auch Sorgen macht, ob alles gut verlaufen wird. Diese Zweifel werden einen in solchen Situationen vermutlich immer beschäftigen. Aber auch hier ist es hilfreich, wenn man eine Vertrauensperson an seiner Seite hat, die einen bis an die OP-Türe begleitet und aufmuntert. Die Organisation der Spende lief praktisch im Hintergrund ab. Hier hat die DKMS alles so geregelt, dass für mich keine Zusatzbelastung aufkam. Im Wesentlichen habe ich einige Telefonate geführt und an einer umfassenden Voruntersuchung teilgenommen.

Was wissen Sie über den Empfänger?

Zunächst einmal bleiben Spender und Empfänger anonym. Wenn es beide möchten, können sie sich nach zwei Jahren kennenlernen. Über die DKMS erhält man als Spender jedoch bereits nach den ersten Wochen nach der Spende einige allgemeine Hinweise. Man erfährt zum Beispiel in welches Land die Spende ging, wie alt der Empfänger ist und ob dieser die Spende gut aufgenommen hat. In meinem Fall kann ich das zum Glück bejahen. Meine Spende half einem 19-Jährigen in den USA.

Welche Gefühle verbinden Sie mit Frau Wehrmann, zumal Sie ja Kolleginnen an derselben Schule sind?

Ich hoffe sehr, dass viele Menschen den Mut finden, sich typisieren zu lassen. Dass sie den Mut finden Ja zu sagen, nämlich Ja zum Leben. Mit diesem Ja zum Leben habe ich meine Kollegin schon ganz gut beschrieben. Ihre Fröhlichkeit, ihr Lachen sind Schätze in unserem Kollegium. Für meine Kollegin Angi wünsche ich mir, dass es noch viele gibt, die es wagen. Also etwas Mut. Sie haben nichts zu verlieren, nur etwas von ihrem Knochenmarkblut. Und auch das bildet sich nach. Aber man kann viel gewinnen, nämlich die Gewissheit, dass man für einen Menschen in einer ausweglosen Situation die letzte Hoffnung ist.

Info Für die Leukämie-Patientin Angela Wehrmann (32) aus Rangendingen findet am Sonntag, 29. April, 11 bis 16 Uhr, in der Rangendinger Turn- und Festhalle eine Typisierungsaktion der Deutschen Knochenmarkspender-Datei (DKMS) statt. Kooperationspartner ist der Sportverein Rangendingen, bei dem Angela Wehrmann Trainerin ist.

 

Angela Wehrmann kämpft mit Hilfe der sozialen Medien ums Überleben

Feedback Angela Wehrmann ist eine Kämpferin. Die 32-jährige Mutter, Sportlerin, Ehefrau und Lehrerin ist an Leukämie erkrankt und sucht über die Datenbank der DKMS einen passenden Spender. Die junge Frau geht dafür einen besonderen Weg: Sie sucht die Öffentlichkeit. „Es stärkt mich ungeheuer“, sagt sie im Gespräch. „Wenn ich mein Leid teilen kann und dann soviel positives Feedback bekomme, gibt mir das ungeheure Kraft“, erzählt sie. Instagram, Facebook oder Zeitungen – keine Plattform lässt Angela Wehrmann aus, um für sich und für andere Leukämiekranke Spender zu finden. Auch die Balinger Bloggerin Petra Nann hat auf ihrem Blog Imländle schon zweimal über das Schicksal von Angela Wehrmann berichtet.

Typisierung Am Sonntag findet in Rangendingen eine Typisierungsaktion statt. Wer gesund und zwischen 17 und 55 Jahren alt ist, kann sich dort als potenzieller Stammzellspender registrieren lassen. „Es gibt aber noch etliche weitere Aktionen in Bremen, Korntal-Münchingen oder Köln“, erzählt sie. Mit ihrer Präsenz in den sozialen Medien hat sie eine regelrechte Welle an Solidarität und Hilfsbereitschaft losgetreten. Und sie hofft, dass sie noch mehr Menschen mit ihrem Aufruf erreicht. „Ich möchte, dass das Internet platzt“, sagt Angela Wehrmann. Ihre Leukämie-Erkrankung gehört zu den Formen, die eines Spenders bedürfen. „Mein Immunsystem ist kaputt, ich brauche ein neues“, sagt die junge Frau.

Hoffnung Für sie sei der Schritt in die Öffentlichkeit ein intimer Eingriff in ihr Leben, sagt sie. „Aber ich kämpfe zunächst einfach ums Überleben, da ist mir das im Moment völlig egal“, sagt sie.

Und nicht nur für sich sucht Angela Wehrmann einen genetischen Zwilling. „Je mehr Menschen sich typisieren lassen, desto größer wird die Hoffnung auf Heilung auch für andere Erkrankte.“ nic

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