Dotternhausen

Gericht durchkreuzt den Plan der Gemeinde

26.04.2018

von Nicole Leukhardt

Erneut bremst Justizia die Entscheidung über den erweiterten Kalksteinabbau auf dem Plettenberg. Mit Kommentar

Es dürfte die kürzeste Tagesordnung in der Geschichte des Dotternhausener Gemeinderats gewesen sein. Gestern Abend standen lediglich Bekanntgaben und Verschiedenes auf dem Plan des Ratsgremiums. Denn das Sigmaringer Verwaltungsgericht hatte den durchaus spannenden Punkt, nämlich die Entscheidung über die Erweiterung des Kalksteinbruchs, kassiert.

Gericht durchkreuzt den Plan der Gemeinde

Die Grenzen sind ausgesteckt, aber heute wird nicht über die Süderweiterung entschieden. Foto: Daniel Seeburger

Siegfried Rall hatte die Verwaltungsrichter um einen sogenannten Eilrechtsschutzantrag ersucht. Eines seiner Argumente: Die Gemeinde dürfe keine Fakten auf dem Plettenberg schaffen, bevor ein Gericht nicht über die Zulässigkeit der Bürgerbegehren entschieden habe. Dieser Antrag ging am Montag in Sigmaringen ein. Aufgrund der kurzen Frist bis zur Sitzung gestern Abend kam das Gericht zum Schluss, dass eine Prüfung mit der gebotenen Gründlichkeit und Sorgfalt in dieser kurzen Zeit nicht möglich sei.

Kammer muss eine Menge Unterlagen aufarbeiten

„Das Gericht hat sich mit Entscheidung Luft verschafft“, erklärte der vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht, Otto-Paul Bitzer auf Nachfrage. „Es liegt viel Prozessstoff aus der Klage vor, die die neunte Kammer zunächst aufarbeiten muss“, fügte er an. Denn zunächst müsse im Eilverfahren geprüft werden, ob das Bürgerbegehren zurecht von Gemeinde und Landratsamt als unzulässig eingestuft worden sei. „In einem solchen Eilverfahren wird geschaut, wie die Klage vermutlich ausgeht“, erklärt Bitzer das Prozedere. Die neunte Kammer werde sich mit dem Thema befassen.

Bitzer sagt auch: „Ein Eilantrag hat nur dann Erfolg, wenn davon auszugehen ist, dass auch der Klageweg mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein könnte.“ Der Antragssteller habe das Recht, gehört zu werden. „Es dürfen keine Fakten geschaffen werden, die im Nachhinein nur schwer wieder rückgängig zu machen sind“, erklärt Bitzer. Außerdem sei für die Gemeinde Dotternhausen kein Nachteil erkennbar, wenn die Entscheidung erst bei einer der nächsten Sitzungen wieder auf die Tagesordnung komme.

Nicht die erste gerichtliche Intervention

Für Bürgermeisterin Monique Adrian ist die gerichtliche Intervention in ihre Tagesordnung kein Novum. Bereits im Juli des vergangenen Jahres wurde ihr per Gerichtsbescheid eine Abstimmung über die Flächenverpachtung an die Firma Holcim untersagt. Den zweiten Tagesordnungspunkt, die Vereinbarung zur Pflege der Plettenbergzufahrt, nahm die Bürgermeisterin aus freien Stücken von der Agenda. „Das eine hängt mit dem anderen zusammen“, erklärte sie gestern.

Am Vertrag hängt einiges

Nicht nur über die vergrößerte Abbaufläche und die Unterhaltungskosten für die Plettenbergzufahrt hätte gestern Abend verhandelt werden sollen. Der Entscheid hätte der Gemeinde auch bis zu einer Million Euro Pacht pro Jahr in die Kasse gespült. „Bei Vollauslastung“, wie es in der Sitzungsvorlage formuliert wird. Im Umkehrschluss heißt das: Baut die Firma konjunkturbedingt weniger ab, ist auch der Pachterlös geringer. Außerdem hätte Holcim sich verpflichtet, ein Konzept für sanften Tourismus zu entwickeln. Im kommenden Jahr war der Bau einer Aussichtsplattform geplant.

Etappensieg für die Bürgerinitiative

Die Aktivisten der Bürgerinitiative haben in ihrem Anliegen hingegen einen Etappensieg errungen. Für die Firma Holcim und die Gemeinde indes bedeutet dieses Verbot eine weitere zeitliche Verzögerung. Holcim-Pressesprecherin Sabine Schädle sagt dazu: „Natürlich sind wir sehr daran interessiert, endlich einen Schritt weiter zu kommen, der Beschluss ist aber für uns nachvollziehbar. Wir rechnen damit, dass das Gericht in Kürze eine endgültige Entscheidung über den Eilrechtsschutzantrag trifft und diese auch den Abschluss des 11. Zusatzvertrages zwischen Holcim und der Gemeinde Dotternhausen ermöglicht.“

Das Zementwerk schaffe nicht nur viele Arbeitsplätze, Holcim trage auch mit dem im Pachtvertrag festgelegten Abbauzins und der Gewerbesteuer zum Wohle der Gemeinde und der Einwohner bei. Der abzuschließende Pachtvertrag schaffe nicht nur für Holcim, sondern auch für die Gemeinde langfristig Planungssicherheit und stelle einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Naturschutz und der Notwendigkeit eines wirtschaftlichen Abbaus andererseits her, so Schädle.

 

Kommentar: Sensibel geht anders

Déjà-vu für Dotternhausen: Ein zweites Mal wird ein Gericht angerufen, um in die Tagesordnung des Ratsgremiums einzugreifen. Ein zweites Mal kommt es diesem Gesuch nach. Ein zweites Mal geht es um den Beschluss zur Erweiterung des Kalksteinabbaugebiets. Und ebenso ein zweites Mal kritisieren die Bürger, dass die Verwaltung die Entscheidung durchdrücken will, bevor die Grundlagen geklärt sind.

2017 war ein Dialogverfahren noch in vollem Gange, als das Gremium auf dem Berg Fakten schaffen wollte. 2018 schwelt noch ein Rechtsstreit über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens zwischen Bürgern und Gemeinde, als der Vertragsabschluss erneut aufs Tapet der Räte kommt. Kommt es jetzt wirklich noch auf ein paar Wochen an? Allen wirtschaftlichen Interessen und allen strapazierten Geduldsfäden in dieser Sache zum Trotz – sensibel ist das nicht gerade.

Gericht durchkreuzt den Plan der Gemeinde

ZAK-Redakteurin Nicole Leukhardt

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